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Immer mehr Zwangsabrisse

Über 800 000 Euro wird der Landkreis 2017 für baufällige Gebäude ausgeben. Bald wird es in Waldheim ernst.

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© Dietmar Thomas

Von Maria Fricke

Die Sperrung an der Talstraße in Waldheim hat bald ein Ende. Das marode Haus Nummer 1 wird demnächst abgerissen. Auch für die Nachbarn sei dies eine gute Nachricht, sagt Waldheims Bürgermeister Steffen Ernst (FDP). „Sie tun alles dafür, dass ihre Häuser in Schuss sind und wenn dann die Nässe vom Nachbargiebel aus reinzieht, ist das nicht gut“, meint Ernst. Die Medien wie Wasser, Strom und Gas seien schon länger getrennt. 133 000 Euro werde das Vorhaben kosten.

Immer mehr Abrisse

Über die Stuhlfabrik in Waldheim an der Breitscheidstraße 11 kommt ein Gutachten.
Über die Stuhlfabrik in Waldheim an der Breitscheidstraße 11 kommt ein Gutachten.
An der Waldheimer Breitscheidstraße 30 ist der Schornstein abzureißen.
An der Waldheimer Breitscheidstraße 30 ist der Schornstein abzureißen.
Für das Objekt an der Goethestraße 10 in Hartha wird ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Für das Objekt an der Goethestraße 10 in Hartha wird ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Für das Haus an Querstraße 17 in Roßwein gibt es schon ein Gutachten.
Für das Haus an Querstraße 17 in Roßwein gibt es schon ein Gutachten.
Der Abriss des Hauses am Schlossberg 7 in Leisnig ist fast beendet.
Der Abriss des Hauses am Schlossberg 7 in Leisnig ist fast beendet.
An der Gerhart-Hauptmann-Straße 7 in Hartha ist das Dach zu sichern.
An der Gerhart-Hauptmann-Straße 7 in Hartha ist das Dach zu sichern.

Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Technik, zu dem Ernst als Kreisrat selbst dazugehört, haben am Mittwoch den Weg freigemacht für diese und andere sogenannte Ersatzvornahmen. Sie haben der zuständigen Bauaufsicht mehr Geld für dieses Jahr zur Verfügung gestellt. Denn die rund 300 000 Euro, die im Haushalt für Maßnahmen der Gefahrenabwehr zur Verfügung stehen, sind bereits so gut wie aufgebraucht. Ein Rest von rund 30 000 Euro war bis Anfang August noch vorhanden.

Noch einmal rund 355 000 Euro bekommen die Mitarbeiter der Bauaufsicht nun, um weitere sogenannte Ersatzvornahmen in diesem Jahr durchzuführen. So viel Geld, wie 2016 insgesamt für diesen Posten notwendig gewesen ist (siehe Grafik). Seit Jahren steigen die Kosten für Ersatzvornahmen. Doch die Ausgaben sind nötig, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung an baufälligen Gebäuden wieder herzustellen, wenn der Eigentümer der Objekte nicht selbst dafür sorgt. „Zu dieser Aufgabe ist die Bauaufsicht nach Sächsischer Bauordnung verpflichtet“, sagt Petra Wein, die zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt.

In sechs Fällen, darunter an der Goethestraße 6 in Hartha sowie an der Lochmühlenstraße 6 in Kriebstein, hat die Bauaufsicht in diesem Jahr schon Ersatzvornahmen durchgeführt. Größtes Projekt bisher ist der Abriss des Süttingerhauses am Schlossberg 7 in Leisnig. Das Gebäude wurde bis zum Burg- und Altstadtfest Ende August fast dem Erdboden gleich gemacht. Zurzeit laufen Sicherungsarbeiten am Kellergeschoss, das erhalten bleibt, erklärt Petra Wein. Dafür müsse eine entsprechende Abdeckung hergestellt werden. Da an das Gelände eine öffentliche Treppe anschließt, ist für diese zudem noch ein Geländer zu errichten. In wenigen Tagen werde die Maßnahmen abgeschlossen sein. Rund 150 000 Euro hat Landrat Matthias Damm (CDU) als über- und außerplanmäßige Ausgabe dafür bewilligt. „Wir werden wahrscheinlich nicht die gesamte Summe benötigen“, sagt Michael Süß, zuständiger Referatsleiter im Landratsamt Mittelsachsen. Doch das übrige Geld könne bei anderen Vorhaben eingesetzt werden.

Meisten Eigentümer handeln nicht

Drei Maßnahmen, darunter die Talstraße 1 in Waldheim, sind schon vorbereitet worden, fünf sollen noch in diesem Jahr begonnen werden. Auf der Liste stehen zwei Objekte in Hartha an der Goethestraße 10 sowie an der Gerhart-Hauptmann-Straße 7 und der Breitscheidstraße 30 in Waldheim. Bevor die Mitarbeiter der Bauaufsicht vor Ort aktiv werden, ist immer zuerst der Eigentümer in der Pflicht, zu handeln. „Ihm wird im ersten Schritt ein Zwangsgeld angedroht, wenn er bis zu einem bestimmten Termin nichts getan hat“, erklärt Petra Wein. Das Zwangsgeld habe dabei eine dem Fall angemessene Höhe. Bei Gebäuden sei eine vierstellige Summe möglich, sind nur einzelne Teile zu sichern, sei eher von einem dreistelligen Betrag die Rede. Ist der Eigentümer jedoch insolvent oder Empfänger von Arbeitslosengeld II, dann könne das Mittel Zwangsgeld nicht angewandt werden. Erfolgt nach der Androhung noch immer keinen Reaktion, so bereitet die Bauaufsicht die Durchführung der Ersatzvornahme vor.

Nur zehn Prozent Rückzahlung

Nicht immer muss das der Abriss sein. „Die notwendigen Arbeiten sind ganz unterschiedlich von der Sicherung des Daches bis zum kompletten Abriss“, schildert Petra Wein. Zunächst wird der Zustand der Gebäude dokumentiert. Es werden Gutachten angefertigt, die die Standsicherheit einschätzen. „Besteht akute Einsturzgefahr, wird der Eigentümer informiert“, sagt die Abteilungsleiterin. Er bekommt einen kurzfristigen Termin gesetzt, um selbst noch aktiv zu werden. Nach rund vier Wochen schreibt die Bauaufsicht die Maßnahme aus, holt sich Angebote ein, sendet alles noch einmal an den Eigentümer mit der Information über den Beginn der Sicherung. „Bisher ist es nur einmal passiert, dass ein Eigentümer dann noch reagiert hat“, sagt Petra Wein. Einen Tag vor dem geplanten Abriss habe er selbst Hand angelegt. Weil die Bauaufsicht mit den Sicherungsmaßnahmen aber nicht zufrieden war, musste das Team am Ende trotzdem eingreifen.

Das große Problem an den Ersatzvornahmen sind die Kosten. Diese werden den Eigentümern zwar in Rechnung gestellt. Aber laut Kreiskämmerer Andreas Müller gebe es nur in etwa zehn Prozent der Fälle einen Rücklauf. In den restlichen erfolge, so Petra Wein, unter anderem eine Eintragung der Schulden ins Grundbuch. Möglich sei auch eine Zwangsvollstreckung.

Wein ist froh, dass bisher durch die Gebäude niemand im Landkreis zu Schaden gekommen ist. Der Beschlussvorschlag fand mehrheitlich Zustimmung. Nur Dieter Greysinger (SPD), Bürgermeister von Hainichen, enthielt sich der Stimme, obwohl er prinzipiell für die Erhöhung der Ausgaben sei. Mit der Enthaltung wolle er zu einem Umdenken bei diesem Thema anregen. „Es ist kein einziges Objekt aus Hainichen darunter. Die Auswahl erfolgt willkürlich. Man sollte in der Bauaufsicht mehr Personal einsetzen, um die Eigentümer zu finden“, betont er.

Aktuell stehen im Landkreis 230  Objekte unter Beobachtung. (mit DA/sol)