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Immer mehr Dresdner sind arm

Jeder achte Bewohner der Stadt ist betroffen. Der Dresden-Pass soll helfen. Sprunghaft haben die Anträge dafür zugenommen. Aus einem besonderen Grund.

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© Symbolfoto: dpa

Von Annechristin Bonß

André Schollbach findet klare Worte. „Armut ist mitnichten eine Randerscheinung“, sagt der Linken-Stadtrat. „Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.“ Seine Nachfrage bei der Stadtverwaltung zeigt nun, wie groß das Problem in Dresden ist. Demnach ist derzeit jeder achte Einwohner arm oder armutsgefährdet. Das sind insgesamt 65 700 Menschen. Vor fünf Jahren waren die Zahlen ähnlich. Auch da waren zwölf Prozent der Dresdner betroffen. „Allerdings ist seitdem die Einwohnerzahl gestiegen“, sagt Schollbach. 2012 waren nur 64 000 Dresdner betroffen.

Immer mehr Menschen in der Stadt sind also arm oder von Armut bedroht. In Sachsen liegt die Gefährdungsschwelle bei einem Haushaltseinkommen von 834 Euro pro Monat für Einpersonenhaushalte und bei 1 752 Euro für Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren. Dabei gelten Arbeitslose und Alleinerziehende als besonders gefährdet.

Gründe dafür findet der Linken-Politiker vor allem beim Bund. Auch wer arbeitet, hat es mitunter schwer, sagt Schollbach. Daran könne er als Kommunalpolitiker nichts ändern. „Wir können aber helfen, dass die Folgen der Entwicklung nicht so gravierend sind“, sagt er. Der Dresden-Pass ist eine dieser Hilfen. Der berechtigt zum kostenlosen Besuch von kulturellen Einrichtungen, Sportstätten und Bädern. Die Bibliotheken können kostenlos genutzt werden. Seit 2015 kann mit dem Pass das Sozialticket für die Dresdner Verkehrsbetriebe beantragt werden. Damit sind Einzel- und Monatskarten bis zu 50 Prozent günstiger. So sind derzeit 12 700 Abo-Monatskarten im Sozialtarif im Umlauf.

„Das Sozialticket hat den Dresden-Pass attraktiver gemacht“, sagt Schollbach. 2016 hatten 26 210 Dresdner den Pass beantragt. Im Jahr zuvor waren es 7 000 weniger. „Der Pass ist erfolgreich, das ist gut, zeigt aber auch die Not“, sagt Schollbach. Dabei könnte die Zahl der Menschen noch steigen, die den Pass beantragen. Leider ist der Antrag noch mit einer gewissen Bürokratie verbunden, sagt der Linken-Politiker. Unter anderem kann er nur für ein Jahr beantragt werden. Der Aufwand schreckt einige Dresdner ab.

Helfen wollen die Linken aber auch an anderen Stellen. Im Haushalt sind über sieben Millionen Euro pro Jahr für Projekte von freien Trägern und soziale Angebote vorgesehen. So werden Jugendtreffs und Stadtteilrunden unterstützt. Vor allem Alleinerziehende und Suchtkranke sollen Angebote finden. Auch der Ferienpass wird im aktuellen Haushalt unterstützt. Kita-Beiträge für das dritte Kind einer Familie lehnen die Linken generell ab. Das hat die Stadtverwaltung vorgeschlagen. 1 500 Kinder sind davon betroffen. „Die Belastung steht in keinem Verhältnis zu den Einnahmen“, sagt Linken-Stadträtin Pia Barkow.