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Im Zehngeschosser ohne Aufzug

Vier Wochen lang mussten die Mieter laufen. Anders als in der Vergangenheit hat das kaum gestört. Dank vieler Stühle.

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© WGS

Von Annechristin Bonß

Dresden. Dieses Bauvorhaben haben die Planer von der Wohnungs-Genossenschaft Glückauf Süd (WGS) besonders lange vorbereitet. In den Zehngeschossern am Prohliser Jacob-Winter-Platz 3 bis 7 wurden jetzt die Aufzüge ausgetauscht. Dafür sind nicht nur 450 000 Euro notwendig, die der Großvermieter im Dresdner Süden aus seinem Budget für die Instandhaltung finanziert. Vor allem brauchten die Mitarbeiter viel Fingerspitzengefühl mit den Mietern. Denn wenn ein Aufzug ausgetauscht wird, müssen die Bewohner laufen. Auch hoch in den zehnten Stock.

In den vergangenen Monaten hatte genau dieser Umstand einem anderen Großvermieter in Dresden enorme Probleme gemacht. In mehreren Gebäuden der Vonovia waren die Aufzüge ausgefallen. Auf die Schnelle lassen sich für die alten Anlagen kaum Ersatzteile liefern. Zunächst waren Mieter in einem Zehngeschosser in Prohlis betroffen, dann die Bewohner in einem Sechzehngeschosser an der Zwinglistraße. Bei letzterem Fall gab es immerhin zwei Aufzüge im Gebäude, einer konnte weiterhin genutzt werden. Allerdings sind die Wartezeiten lang, wenn eine Anlage im Dauerbetrieb ist.

Auch die WGS kennt die Probleme mit den Ersatzteilen. Eine Alternative zum Austausch der Aufzüge gab es nicht, teilt Sprecherin Dana Jacob mit. Die Hochhäuser vom Typ IW 67 wurden bereits 1980 mit den Aufzügen errichtet. Die Ersatzteilbeschaffung für den in die Jahre gekommenen Anlagentyp wurde zunehmend schwieriger, deshalb musste sich die WGS für den Austausch entscheiden. Die neuen Aufzüge haben größere Kabinen ohne Trenntüren. Das verbessert die Nutzung deutlich, vor allem bei Umzügen.

Für den Austausch hat die Genossenschaft bereits im vergangenen Oktober mit den Vorbereitungen begonnen. Alle 198 Mieter wurden informiert, teilt Dana Jacob mit. Während der Bauzeit wurden Stühle in die einzelnen Etagen gestellt. So konnten die Bewohner Pausen beim Aufstieg machen. Dazu hat die Nachbarschaftshilfe gut funktioniert. Dafür hatte die WGS die Anwohner befragt. „Es ging um ganz simple Sachen wie Post holen, kleine Botengänge machen, Müllentsorgung oder die Unterstützung beim Einkaufen“, sagt die Sprecherin. „143 Mitglieder haben sich bei uns zurückgemeldet, davon haben 20 um Hilfe gebeten und 38 ihre Hilfsbereitschaft angeboten.“

Für kurze Zeit im Hotel

Im Schnitt mussten die Hausbewohner 24 Tage ohne Aufzug auskommen. Dafür haben die Firmen auch samstags gearbeitet. Die zunächst geplanten vier Wochen Bauzeit wurden nicht komplett benötigt. Doch alle Prohliser aus dem Hochhaus konnten auch trotz schneller Bauzeit nicht in ihrer Wohnung bleiben. Den Bewohnern von zwei Wohnungen wurde je eine Gästewohnung der WGS angeboten. Einer weiteren Familie, in der ein Familienmitglied körperlich eingeschränkt ist, wurden Zimmer in einem Hotel organisiert. Vier ältere Mieter sind in einer Kurzzeitpflege betreut worden und eine Rollstuhlfahrerin wurde mit Unterstützung der Johanniter täglich aus ihrer Wohnung heraus- und wieder hineingetragen.

Die WGS investiert in diesem Jahr über 18 Millionen Euro in ihren Bestand. Neben neuen Aufzügen sind auch Arbeiten an den Außenanlagen und Fassaden sowie der Umbau einiger Häuser auf eine neue Form der Heizung geplant. Insgesamt hat die Genossenschaft 13 000 Wohnungen in ihrem Bestand. Hinzu kommen 2 300 Eigentumswohnungen, die von der WGS verwaltet werden. Sie ist die zweitgrößte Wohnungsgenossenschaft in Dresden.