Merken

Im Tempo-Rausch

In Wurgwitz und Pesterwitz klagen Anwohner über Raser und hoffen auf Kontrollen. Sie haben aber auch andere Ideen.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Es ist ein sonniger Herbstnachmittag und noch mal schön warm geworden. Wie gerne würden Thorsten Knopp und Christiane Meise ihren kleinen Lennox jetzt einfach mal vor dem Haus herumsausen lassen - am besten mit dem Bobby-Car. Allerdings wäre das gefährlich, wie die beiden Anwohner der Wurgwitzer Straße berichten. „Hier wird gerast. Sogar die Busse werden schnell und riskant überholt“, berichtet Thorsten Knopp. Seine Freundin ergänzt: „Wenn ich auf dem Fußweg spazieren gehe, nehme ich sogar den Hund von der Straßenseite weg.“ Dabei ist auf der Wurgwitzer Straße bergauf wie bergab Tempo 30 vorgegeben. „Nur halten sich die wenigsten daran“, sagt Knopp.

Sie sind nicht die einzigen Freitaler, die Raserei in Wohngegenden beklagen. Auch auf der Oberstraße herrsche ein Geschwindigkeits-Rausch, murren Anwohner. Zwar gibt es dort eine Einbahnstraßenregelung. Auch ist die Fahrbahn so eng, dass nur Platz für einen markierten Fußwegstreifen ist. Gerast werde trotzdem. „Die Straße wurde erneuert und es wurde sogar ein Fußgängerüberweg errichtet. Leider sinnlos. Täglich müssen wir beobachten, wie Fußgänger am Überweg regelrecht ignoriert werden. Dasselbe passiert mit dem Tempolimit 30 km/h“, schreibt Familie Reppe in einem Brief an die Sächsische Zeitung. Man habe sich schon an die Stadt Freital und das Ordnungsamt gewandt. Allerdings habe es keine Reaktionen gegeben, heißt es weiter.

So gut wie keine Reaktionen kritisieren auch Anwohner der Freitaler Straße in Pesterwitz. Die Strecke vom Dorfplatz nach Potschappel ist als Tempo-30-Zone ausgeschildert, damit gilt automatisch rechts vor links. Fußwege sind nur teilweise vorhanden, wer aus seinem Grundstück tritt, steht direkt auf der Fahrbahn. Trotzdem werde gerast, schimpfen Anlieger. „An Tempo 30 halten sich die wenigsten“, berichtet einer. Er habe eher das Gefühl, dass viele mit 50 oder 60 bergauf wie bergab unterwegs sind. Im Ortschaftsrat sei das mehrmals Thema gewesen: „Es ist bekannt, aber es wird nichts dagegen unternommen.“

Im Freitaler Rathaus ist man sich des Problems aber durchaus bewusst. Schon vor Jahren wurde eine mobile Geschwindigkeitswarnanlage angeschafft. Diese zeigt das Tempo der Autos auf einer Tafel an - verbunden mit einem Schmollmund bei Rasern und einem lachenden Gesicht, wird die vorgeschriebene Geschwindigkeit eingehalten. „Die Auswertungen zeigen, dass der Großteil der Autofahrer sich an der Anlage an die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit hält“, teilt Matthias Weigel, Sprecher der Stadt Freital, mit. Dieses Jahr wurde das Gerät unter anderem auf dem Meßweg in Kleinnaundorf sowie in Wurgwitz an der Zöllmener Straße und Kurt-Heilbut-Straße eingesetzt - also genau in dem Gebiet, in dem Thorsten Knopp mit seiner Familie lebt.

Zudem hat die Stadt eine mobile Messanlage. Die kam 2016 an 53 Tagen zum Einsatz. Weigel: „Am häufigsten wurde 2016 auf der Dresdner Straße und der Poisentalstraße gemessen.“ Für fast alle Messstandorte habe es ursprünglich Hinweise aus der Bevölkerung gegeben.

Auch die Revierpolizisten führen in Freital regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen durch. „Schwerpunkte liegen dabei insbesondere vor Schulen, Kinder- und Senioreneinrichtungen sowie an Unfallschwerpunkten“, teilt Polizeisprecherin Jana Ulbricht mit. Zu Raserei in Freitaler Wohngebieten kann sie nichts sagen. Weder seitens der Stadt Freital noch von Anwohnern habe es Hinweise oder Informationen gegeben, so Ulbricht.

Dabei ist die Polizei gut ausgerüstet, um derartigen Vorfällen nachzugehen. Das Polizeirevier kann mit Lasermessgeräten Kontrollen durchführen - drei Stück stehen für die Region Freital-Dippoldiswalde zur Verfügung.

Hier gibt es jedoch gewisse Anforderungen an die Messstelle: Die Autofahrer müssen noch vor Ort angehalten werden können. Auf der Wurgwitzer und erst recht an der Oberstraße ist dafür allerdings kaum Platz vorhanden. Bleiben die Experten des Verkehrsüberwachungsdienstes der Polizei. Ihnen stehen neben den Lasermessgeräten auch ein Lichtschrankenmessgerät sowie Radargeräte zur Verfügung.

Neben all der Messtechnik gebe es noch eine weitere Möglichkeit, Autofahrer zum langsameren Fahren zu erziehen. Thorsten Knopp hat da schon eine Idee: „Wie wäre es mit Bremsschwellen oder dergleichen? Es ist sonst nur eine Frage der Zeit, bis hier mal ein schwerer Unfall passiert.

Wo in Freital wird besonders häufig gerast? Mit Ihrer Hilfe erstellen wir eine Google-Karte, in der die kritischsten Stellen in der Stadt verzeichnet sind. Damit konfrontieren wir die Stadt und die Polizei. Um in die Karte aufgenommen zu werden, postet bitte einfach auf Facebook unter unserem Aufruf mit einer kurzen Begründung oder Beobachtung oder schikt uns eine E-Mail an E-Mail an [email protected].