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Im Herzen jung

Die Rentner im Landkreis sind überwiegend fit. Das ergab die SZ-Seniorenbefragung und zeigt sich beim Tanztee in Coswig.

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© Claudia Hübschmann

Von Nina Schirmer

Zeit vergeudet hier niemand. Ein Paar springt gleich beim ersten Ton auf. Sie trägt ein knielanges Sommerkleid, er beige Hosen und ein hellblaues Hemd. Schwungvoll setzen sie zum Discofox an. Eins, zwei, Tepp. Eins, zwei, Tepp. Und ausdrehen. Schnell kommen die anderen von den Kaffeetischen ringsherum dazu. Noch vor dem Refrain des ersten Liedes ist die Tanzfläche brechend voll. Aus den Lautsprechern schallt Roger Whittaker „Wir sind jung, im Herzen jung, oh Maria.“

Im Herzen jung, so fühlen sich die Rentner, die zum Senioren-Schwofen in den Ballsaal der Coswiger Börse gekommen sind. Nach dem ersten Lied gleich wieder hinsetzen – das kommt hier nicht infrage. Der DJ legt „Komm tanz mit mir“ von den Amigos auf und weiter geht´s. Ein Paar hat sich aus der Enge der Tanzfläche gelöst. Sie tanzen jetzt vor der Bar, wo mehr Platz ist. Foxtrott, Cha-Cha-Cha, Walzer – alles kein Problem. Fast eine Stunde drehen sich die beiden, ehe der DJ sie mit einer Pause ausbremst. Am liebsten würden sie noch tanzen, obwohl die Musik leise gedreht ist.

Die fitten Senioren sind Hanna-Rita und Walter Toufar aus Coswig. Sie 73, er 75 Jahre alt. Seit über 25 Jahren tanzen sie gemeinsam. „Wir haben damals nur einen Grundkurs gemacht. Alles andere haben wir uns selbst beigebracht“, erzählt Walter. Jeden Sonnabend gehen sie zu einer Tanzveranstaltung nach Dresden. Auch sonst bestimmt Bewegung das Leben des Ehepaares. Morgens macht Hanna-Rita immer eine halbe Stunde Gymnastik, später nimmt sie ihre Stöcke zum Nordic Walking. Ihr Mann joggt nebenher. Jeden Tag, sagen sie. „Wir sind ganz aktive Rentner.“ Regelmäßig gehen sie ins Theater und Kino. „Oft ist unser Tagesprogramm erst abends halb neun beendet.“

Senioren fühlen sich oft richtig gut

Am Tanzen lieben sie die Bewegung, die Musik und das Zusammensein. Seit 42 Jahren sind die beiden verheiratet. Auf die Frage, was sie sich für die nächsten Jahre wünschen, folgt die Antwort prompt: „Das es genau so weiter geht, wie jetzt und wir gesund bleiben.“ Dann springen sie wieder vom Tisch auf. Es läuft „Komm wir fahren nach Amsterdam“.

Über 70 und voller Energie – das strahlen die meisten im Saal aus. Dieser Trend trifft offenbar auf viele Rentner im Landkreis Meißen zu. Auch die SZ-Seniorenbefragung ergab: Die Befragten aus dem Landkreis sind im Durchschnitt gut drauf. Der Großteil der Teilnehmer sagt, dass er sich oft gut und ausgeglichen fühlt. Auf die Frage, wie häufig sie jede Menge Energie verspürten, antworten die meisten mit oft und gelegentlich. Trübsinnig und niedergeschlagen fühlt sich der Durchschnitt gelegentlich bis selten. Auch unter körperlichen Schmerzen leiden die Befragungsteilnehmer nur gelegentlich bis selten. Einsam fühlen sie sich sogar nur selten bis nie. Die Befragten aus kleineren Gemeinden geben etwas seltener an, einsam zu sein, als Teilnehmer aus den Städten.

Tanzveranstaltungen für das ältere Semester wie das Senioren-Schwofen in Coswig gibt es im Landkreis nur wenige. Das bemängeln auch manche Teilnehmer der SZ-Seniorenbefragung. „In Meißen gibt es zu wenig Tanzmöglichkeiten“, schreibt ein Rentner, Jahrgang 1950, in der offenen Antwortkategorie. Eine Frau aus Niederau, geboren 1948, merkt an: „Kulturelle Veranstaltungen wie zum Beispiel Tanzen für Rentner wäre eine schöne Ergänzung.“

Dass die Senioren keine einheitliche graue Gruppe sind, sollte sich auch in den Veranstaltungsangeboten im Landkreis widerspiegeln, findet eine noch berufstätige Mittsechzigerin aus Weinböhla. „In Zukunft ist sicher eine weitere Differenzierung der Angebote für den Altersbereich Ü 60 bis 90 Jahre notwendig. Das sind immerhin 30 Lebensjahre“, schreibt sie. In ihrem Wohnort gibt es tatsächlich eine Veranstaltung, die sich an die jüngeren unter den älteren richtet: Jeden Freitag ist im Tanztreff Weinböhla Ü40-Party. „Das Publikum ist zwischen 50 und 75 Jahren alt“, sagt Veranstalter Hans-Jörg Peter.

Flotte Kleidung beim Schwofen

Beim Tanztee in Coswig läuft inzwischen „Mädchen, Mädchen haben Träume“. Seniorinnen in Röcken und mit Absatzschuhen laufen durch den Saal. An einem Tisch vor der Bühne sitzt das Ehepaar Kruoch aus Radebeul, Jahrgang 41 und 42. Sie kommen schon viele Jahre zusammen mit ihren Freunden zum Senioren-Schwofen. Um Leute zu treffen und um sich zu bewegen. Auch wenn sie sich sonst eigentlich gerne mit jüngeren Leuten umgeben. „Das Alter steht einem ja nicht auf der Stirn.“ Besonders froh sind die Rentner, jetzt auch Zeit für ihren einjährigen Urenkel zu haben. Wenn sie nicht tanzen, fahren die Kruochs in ihrer Freizeit Fahrrad und treiben Sport. „Wir sind fit“, sagen sie. Ihr Wunsch für die kommenden Jahre : Gesund und aktiv bleiben. Am Mischpult hat der DJ schon das nächste Lied aufgelegt: „Dieser Tanz wird noch lange nicht der Letzte sein.“