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Im Bus zum Nordkap oder in die Sahara

Das Hähnichener Busunternehmen hat sich in drei Jahrzehnten zu einem gefragten Reiseveranstalter entwickelt. 26 Angestellte zählt es inzwischen.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Hähnichen. Harald Schwarz kann sich noch gut an den Tag erinnern, als er in einem bayrischen Hotel auf dem Balkon stand und vor ihm sich die schneebedeckten Alpen in die Höhe streckten. „An diesem Tag habe ich begriffen, dass ein neues Zeitalter des Reisens auf uns zukommt und wir vieles ändern beziehungsweise neu machen müssen.“ Das war im Jahr 1990, als noch die DDR-Mark in den Portmonnaies steckte.

Wohin die Fahrten mit Schwarz-Reisen führen

Mit dem ersten Bus ins Zillertal  1990 verstärkte ein gebrauchter MAN-Bus die eigene Skoda-Flotte. In ihm reisten die Fahrtgäste unter anderem in das Zillertal.
Mit dem ersten Bus ins Zillertal 1990 verstärkte ein gebrauchter MAN-Bus die eigene Skoda-Flotte. In ihm reisten die Fahrtgäste unter anderem in das Zillertal.
Bis an die Südspitze Italiens  Seit Mitte 1990 steht Italien auf dem Reiseprogramm. Nicht nur die Toskana, auch Sizilien ist das Ziel einer Acht-Tage-Reise.
Bis an die Südspitze Italiens Seit Mitte 1990 steht Italien auf dem Reiseprogramm. Nicht nur die Toskana, auch Sizilien ist das Ziel einer Acht-Tage-Reise.
Durch die Winterlandschaften  Der Winter nicht nur in Deutschland hat ebenso seine Reize – auch wenn er eine Herausforderung an die Busfahrer ist.
Durch die Winterlandschaften Der Winter nicht nur in Deutschland hat ebenso seine Reize – auch wenn er eine Herausforderung an die Busfahrer ist.
Mit zwei Bussen am Neckar  Ein Bus reicht mitunter nicht für alle Reisenden, wenn es beispielsweise am Neckar bis zur holländischen Grenze geht.
Mit zwei Bussen am Neckar Ein Bus reicht mitunter nicht für alle Reisenden, wenn es beispielsweise am Neckar bis zur holländischen Grenze geht.
Venedig bleibt ein Magnet  Die Busse und ihr Design haben sich geändert. Dagegen ist und bleibt Venedig ein beständiges Reiseziel, über Jahrzehnte.
Venedig bleibt ein Magnet Die Busse und ihr Design haben sich geändert. Dagegen ist und bleibt Venedig ein beständiges Reiseziel, über Jahrzehnte.

Zwei Jahre zuvor hatte der Hähnichener erst sein eigenes Busunternehmen gegründet. „Der Reiseverkehr war damals nicht erwünscht, von Privaten schon gar nicht. An den Wochenenden ging es mal für einen Tag in die Sächsische Schweiz, in den Spreewald oder nach Berlin“, erinnert sich der heute 62-Jährige an seine ersten Bustouren. Der Linien- und Schülerverkehr war sein Metier. Diesen bediente er mit vier Skoda-Bussen. Einen lenkt Harald Schwarz zu besonderen Anlässen noch heute – umgebaut als Cabrio und mit dem klangvollen Namen „Heidekäfer“.

Sein erster Westbus war 1990 ein gebrauchter MAN. Damit wurde der Westteil Deutschlands erkundet. Das Zillertal und der Schwarzwald sind zwei der beliebten Ausflugsziele zur damaligen Zeit – und sie sind es auch heute noch, bestätigt Harald Schwarz. „Es war die reine Invasion an DDR-Bürgern, die den Westen sehen wollten“, erinnert sich der Unternehmer. Denn nicht nur seine Busse fuhren westwärts. Und alle mussten irgendwo unterkommen – und irgendwie. Harald Schwarz hatte zu dieser Zeit einen guten Partner an seiner Seite. Der bayrische Reiseveranstalter Alpetour sorgte für Logis, Kultur und Ausflüge für die Reisenden aus der Oberlausitz. Denn das war auch neu für das junge Unternehmen in Hähnichen: Die Leute nicht mehr nur von A nach B zu fahren, sondern ihnen dabei auch etwas zu bieten.

Wie sehr sich Schwarz-Reisen zu einem Reiseanbieter in den drei Jahrzehnten entwickelt hat, zeigt Harald Schwarz am aktuellen Reisekatalog. 68 Seiten im Din-A 4- Format lassen kaum Reisewünsche offen. „Die ersten Reiseangebote haben wir mit Hand geschrieben und kopiert, bis wir die ersten Faltblätter für unsere Kunden drucken ließen. Nun können wir einen ganzen Katalog mit Reisezielen anbieten“, sagt der Firmengründer.

Vor gut einem Jahr hat er das Geschäft an seinen Stiefsohn Patrick Schultze übergeben. Seit 2013 ist der Rietschener im Unternehmen tätig. Er setzt weiter auf Wachstum, sagt der 33-Jährige. Und das heißt, zu investieren. In dem einen Jahr sind drei neue Reisebusse dazugekommen. Die Flotte umfasst nun 16 Busse, die im Linien- und Reiseverkehr fahren. Auch die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich in gut einem Jahr um sechs Beschäftigte. Schwarz Reisen zählt jetzt 18 Busfahrer und acht Angestellte.

Zwei Frauen sind in dem eigenen Reisebüro in Niesky beschäftigt. Das zu haben, sehen beide Geschäftsmänner als Notwendigkeit an. „Angefangen haben wir in unserer Wohnstube. Da bildete sich an den Wochenenden oft eine Schlange davor, weil die Leute ihre Reisen buchen wollten“, erinnert sich Harald Schwarz. Seit 1992 besteht das Reisebüro in der Ödernitzer Straße – und das soll auch so bleiben. „Niesky ist für unsere Kunden zentral gelegen und wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Leute bei der Auswahl gern persönlich beraten werden wollen“, sagt Patrick Schultze. Aber auch in „Tankeshausen“, dem Betriebssitz im ehemaligen NVA-Tanklager zwischen Stannewisch und Hähnichen, ist man offen für die Wünsche und Buchungen der Kundschaft.

Schon seit Mitte der 1990er Jahre reicht die Deutschlandkarte allein nicht mehr, um alle Reiseziele markieren zu können. Selbst mit Europa wird es schon eng, sagt Patrick Schultze. Unsere Busse sind zwischen Nordkap und Saraha sowie zwischen Spanien und Russland unterwegs.“ Ja, Osteuropa ist für viele Reiselustigen wieder interessant geworden. „Ebenso die Fahrten in die polnischen Masuren, nach Breslau oder Krakau“, ergänzt Schultze.

Dabei können die beiden Männer kräftig auf Holz klopfen: Ihre Fahrgäste sind in den drei Jahrzehnten immer wieder wohlbehalten in ihre Heimat zurückgekehrt. „Nur einmal hat es einen Bus von uns erwischt, als ein Lkw von hinten auffuhr“, sagt Harald Schwarz. Nicht vermeidbar ist, dass mal etwas am Bus kaputt geht, oder wie in Frankreich passiert, dass die Nummernschilder geklaut werden. „Ein kleiner Schaden, der aber einen großen, bürokratischen Aufwand nach sich zog“, so Harald Schwarz. Heute kann er darüber lachen. In Paris war ihm damals anders zumute.

Diese und weitere Geschichten werden sicherlich am Sonnabend erzählt, wenn Schwarz-Reisen zu seiner Jubiläumsveranstaltung in die Rietschener Fema einlädt. Kunden, Geschäftspartner und Reiseveranstalter sind die geladenen Gäste bei dieser traditionellen Zusammenkunft, die aller fünf Jahre stattfindet.