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Im Bann von Spurweite 1

Ein Dresdner hat sich den großen Exemplaren der Miniatureisenbahnen verschrieben. Ein Hobby, das nicht billig ist.

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© Christian Juppe

Von Nora Domschke

Modelleisenbahner ist tabu! Das stellt Ronald Birndt gleich zu Beginn klar. Blechspielzeugeisenbahner sei der richtige Begriff für ihn und die zehn weiteren Männer, die sich den Loks und Waggons mit Spurweite 1 verschrieben haben. Das sind die XXL-Exemplare unter den Modelleisenbahnen – pardon: Blechspielzeugeisenbahnen. Wenn die großen Loks der sogenannten Märklin-Bahnen ihre Runden drehen, leuchten nicht nur Kinderaugen.

Zurzeit fahren die Bahnen auf einer Anlage im Berufsschulzentrum für Wirtschaft in der Gerokstraße. Ronald Birndt erklärt den Jugendlichen, die hier in Johannstadt technische Berufe erlernen, wie das alles funktioniert mit dem Strom, worauf zu achten ist, damit es keinen Kurzschluss gibt und wann er zum ersten Mal eine Märklin-Bahn in der Hand hatte. Daran kann sich Birndt noch gut erinnern: 1995, sein Bruder hatte von jemandem eine Holzkiste bekommen, mit der Bitte, sie zu verfeuern. „In der Kiste lag eine Lok mit Spurweite 1.“ Seine Augen leuchten. Ein Faible für Miniatureisenbahnen habe er seit der Kindheit. Sein Vater, ein Bäcker, hat das Feuer in ihm entfacht. „Ich habe seine Eisenbahnen später übernommen, die hatten allerdings Spurweite 0“, sagt Ronald Birndt.

Seit er jene Märklin-Bahn entdeckt hat, muss seine Frau damit leben, dass sich vieles im Leben des Ehepaares um das Blechspielzeug dreht. „Sie hat eben das Hobby Schuhe und Taschen, bei mir sind es die Loks“, sagt Birndt und lacht. Ein kleines Vermögen habe er über die Jahre für den Fuhrpark, zu dem zehn Loks gehören, ausgegeben. Vorsichtig setzt der Bahnexperte die „Schöne Württembergerin“, die eigentlich die Bezeichnung E 64 hat, auf die Schienen. Stolze 800 Euro hat er dafür bezahlt. „Es ist zwar nur altes Blech, aber Sammler greifen für eine seltene und gut erhaltene Lok schon mal tief in die Tasche.“

Vor allem dann, wenn die Lackierung noch original ist, erklärt Birndt, sagt aber gleich dazu, dass er kein Sammler, sondern ein Spieler sei. Es gehe ihm nicht um eine Wertanlage. „Die Eisenbahnen sollen rollen und nicht hinter Glas im Schrank stehen.“ Deshalb ziehen er und seine Mitstreiter mit ihrer Anlage durch Sachsen, bauen die 2,50 Meter mal 5,50 Meter große Platte in Görlitz und Wernesgrün auf, zeigen die Raritäten an der TU Dresden und am Flughafen. Auch in Sachsen-Anhalt war Birndt schon unterwegs.

Besonders gern zeigt der Dresdner seine älteste Lok, die zwischen 1907 und 1910 gebaut wurde. 1891 hatte die Firma Märklin die erste Spielzeugeisenbahn mit Spurweite 1 produziert. Weil die Bahnen in kleinen Arbeiterwohnungen zu viel Platz einnahmen, wurde später die um ein Drittel kleinere Spurweite 0 populär. Ab 1935 setzte sich dann die nochmals halb so große Spur H0 durch. Birndts Herz hängt aber an den XXL-Zügen, nicht nur wegen ihrer Optik. Weil sie aus Blech sind, seien sie extrem robust – auch, wenn zappelnde Kinderhände ins Spiel kommen. „Meine Züge sind zum Anfassen da“, sagt der 67-Jährige. Und zum Fahren natürlich. Nur zu schnell dürfen die Loks nicht sein, dann schreitet Birndt ein, damit die Züge nicht entgleisen. Viel Arbeit steckt in den kleinen Details, wie etwa den Nadelbäumen, die er selbst angefertigt hat. Oder dem Anhänger, auf dem rote Feuerwehrautos transportiert werden, Marke Eigenbau. Vom Geld ganz zu schweigen. „Das ist der Luxus, den ich mir leiste. Dafür fahre ich ein altes Auto.“

Hier wird gefahren: An diesem Freitag von 9-13 Uhr sowie in der kommenden Woche von Montag bis Donnerstag, 9-13 Uhr. Der Raum ist im Foyer des BSZ für Wirtschaft, Gerokstraße 22, ausgeschildert.