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Ifo-Index: Deutsche Wirtschaft will der Euro-Krise trotzen

Deutschland koppelt sich immer stärker von der Eurozone ab. In der Industrie und in der Bauwirtschaft geht es kräftig aufwärts, der Ifo-Index legt weiter zu, und zum ersten Mal seit 2007 hat der deutsche Staat einen Überschuss.

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München. Die Eurozone steckt noch tiefer in der Rezession als erwartet - aber in Deutschland verdichten sich die Anzeichen für einen neuen Aufschwung. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer, der Ifo-Geschäftsklimaindex, machte im Februar einen Sprung nach oben von 104,3 auf 107,4 Punkte. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte am Freitag in München: „Die deutsche Wirtschaft nimmt Fahrt auf.“ Vor allem in der Industrie und in der Bauwirtschaft füllen sich die Auftragsbücher.

Für die ganze Eurozone korrigierte die EU-Kommission ihre Prognose am Freitag jedoch nach unten und sagte nun ein weiteres Schrumpfen der Wirtschaft um 0,3 Prozent voraus - vor allem wegen der kräftigen Rezession in Italien und Spanien. Währungskommissar Olli Rehn mahnte Italien, das mit den Wahlen am Sonntag über den weiteren Kurs entscheidet, und Frankreich, das weiter hohe Schulden macht, zu weiteren Reformen. Für die Konjunkturlokomotive Deutschland erwarten die EU-Volkswirte 2013 ein Wachstum von 0,5 Prozent.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist wegen der einbrechenden Auslandsnachfrage im letzten Quartal 2012 zwar um 0,6 Prozent geschrumpft. Aber dank der im Gesamtjahr robusten Konjunktur und der niedrigen Arbeitslosigkeit erzielte der Staat zum ersten Mal seit 2007 einen Überschuss. Gemeinden und Sozialkassen nahmen 23 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben, und Bund und Länder halbierten ihr Defizit auf 19 Milliarden Euro, sodass unter dem Strich 4 Milliarden Euro übrig blieben.

„Die Weltwirtschaft springt stärker an“

Die Wirtschaftserholung nach dem Dämpfer vom Jahresende ist breit angelegt. „Die Weltwirtschaft springt stärker an“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Gernot Nerb: Von den USA über Lateinamerika und Asien bis nach Russland zieht die Nachfrage nach deutschen Waren an, und auch in den Ölländern laufe es bestens. „Der Maschinenbau läuft, Chemie läuft. Der Fahrzeugbau schwächelt im Inlandsgeschäft, hält sich aber wegen der Exporte einigermaßen.“ Die Kapazitätsauslastung der Fabriken sei weiter gestiegen und nähere sich wieder dem langjährigen Durchschnitt.

Im Baugewerbe sind die Geschäftsaussichten so gut wie seit dem Boom nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 nicht mehr. Wegen des strengen Winters stockt die Arbeit im Moment auf den meisten Baustellen zwar, aber die Auftragsbücher werden immer voller - vor allem im Wohnungsbau. Auch neue Industrie-, Gewerbe- und Büroimmobilien werden wieder gebraucht. „Die Bauwirtschaft ist nach einem längeren Durchhänger eindeutig auf dem aufsteigenden Ast“, sagte Nerb. Das macht sich auch bei den Arbeitsplätzen bemerkbar: Baugewerbe und Dienstleister stellen zusätzliche Mitarbeiter ein - die Industrie bleibt noch vorsichtig.

Die Volkswirte der ING-Bank in Brüssel erklärten: „Die deutsche Wirtschaft spielt weiter in einer Liga für sich.“ Mit den verbesserten Aussichten in den USA und in China kämen die deutschen Stärken zum Tragen: Breit aufgestellte Exportwirtschaft, ausgeglichener Haushalt, stabiler Arbeitsmarkt und günstige Finanzierungsbedingungen. Die Commerzbank-Volkswirte jubelten: „Ifo geht durch die Decke.» Die Staatsschuldenkrise bremse die deutsche Wirtschaft immer weniger: «Diese sehr guten Zahlen zeigen erneut, dass die deutsche Wirtschaft die Wende zum Besseren geschafft hat und wohl schon im ersten Quartal wieder deutlich zulegt.“ (dpa)