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Idylle in Gefahr

Am Sonntag lädt Familie Schubert auf ihren Milchschafhof ein. Doch die Landwirte treiben ernste Sorgen um.

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© Claudia Hübschmann

Von Nina Schirmer

Saultitz. Ralph Schubert ist der Boss. Ein kurzer Ruf genügt und alle kommen auf ihn zugestürmt. Vorne weg die Kleinen, die Alten hinterher. Lautes Blöken. Der Bauer steigt schnell über den Netzzaun und steht inmitten seiner Schafherde. Um sie herum blühen die Kirschbäume.

Es ist idyllisch auf dem Milchschafhof in Saultitz. Nur einmal werden die Tiere an diesem Tag aus ihrer Ruhe gerissen. Eines soll aufs Foto. Das wollen die Menschen. Die Schafe sehen das anders. Ralph Schubert nähert sich der Gruppe vorsichtig. Dann ein schneller Griff – aber nein, schon sind die Tiere auseinander gerannt. Schön blöd, wer Schafe als dumm bezeichnet. „Die Lämmer sind noch etwas scheu“, sagt der 47-Jährige. Vor rund drei Wochen sind die letzten geboren. Noch ein paar Fehlgriffe folgen, dann kann der Bauer ein Tier, das nicht mit der Gruppe läuft, schnappen. Die anderen beobachten genau.

60 Schafe melkt Schubert mit seiner Frau jeden Tag früh und abends. Das Melken geht maschinell, dauert aber trotzdem drei bis vier Stunden. Die Milch verarbeiten sie gleich auf dem Hof zu Käse. In der blau gefliesten Käseküche stehen weiße Plastikbottiche auf dem Tisch. Darin liegen runde Käselaibe mit großen Pfefferkörnern. Eine Tür weiter im Lagerraum wird der Käse in Holzregalen bei 13 Grad getrocknet. Es riecht angenehm würzig – kein aufdringlicher Käsegestank. „Wir machen 100 Prozent reinen Schafkäse“, erklärt Schubert. Und das muss betont werden. Denn in Deutschland darf sich auch Käse so nennen, der zum überwiegenden Teil aus Kuhmilch besteht.

Mit dem Prädikat Bio schmückt sich heutzutage jedes zweite Supermarktprodukt. Bei den Schuberts aber ist tatsächlich alles Natur. Für die Schafzüchter bedeutet das jedoch großen bürokratischen Aufwand. „Die Lebensmittelkontrolle frisst viel Zeit“, sagt Schubert. Denn egal wie groß oder in seinem Fall klein ein Betrieb ist, die Kontrollen bleiben die gleichen. Die tägliche Arbeit leidet darunter. „Schäfer stehen schon lange nicht mehr den ganzen Tag auf einen Stab gestützt mit ihren Tieren auf dem Feld.“

Auch ein anderes Thema beunruhigt den Bauern: der Wolf. Zwar liegt der Hof nicht direkt am Wald, aber immerhin ist im letzten Jahr höchstwahrscheinlich im Triebischtal ein Tier gesehen worden. „Irgendwann wird er auch hier her kommen“, sagt Schubert. Um seine Herde dann dauerhaft zu schützen, würden Zäune nicht ausreichen. „Selbst wenn der Wolf nicht rein käme, würden die Schafe so aufgeregt herum rennen, dass die Weide kaputt geht“, sagt er. Sollte wirklich eines seiner Schafe von einem Wolf gerissen werden, sei das ein großer finanzieller Verlust. Denn seine Ostfriesen (so heißt die Rasse) geben erst im zweiten Jahr Milch. Und das Biofutter ist fast doppelt so teuer wie Konventionelles.

Hütehunde, von denen einer um die 1 000 Euro kostet, kann sich ein kleiner Betrieb wie seiner nicht leisten. Und anders als seine Schafe fressen die ja auch nicht nur Gras. „Ich kann aber auch nicht auf der Weide übernachten“, sagt Schubert. Er hält es deshalb für falsch, den Wolf künstlich in eine Region zu setzen, in der er sich nicht ausbreiten könne. „Die Landschaft gibt das hier nicht her“, sagt er.

Am Sonntag dürfen sich Besucher selbst ein Bild von der Schafwirtschaft machen. Dann lädt Familie Schubert zum Hoffest ein und zeigt, wie der Käse hergestellt wird – Kosten erlaubt. Außerdem können die Gäste beim Melken und Scheren der Schafe dabei sein. Das Saultitzer Puppentheater und die Band „Tagträumer“ aus Nossen sorgen für das Rahmenprogramm. Pünktlich zum Hoffest ist dann auch der Käse fertig, der die letzten Wochen gereift ist. Zusammen mit anderen Bio-Produkten kann man den auf einem kleinen Bauern- und Handwerkermarkt kaufen.

Hoffest am 01. Mai von 10 bis 17 Uhr im Mittelweg 2 in Saultitz. Von Mai bis Oktober hat außerdem der Hofladen freitags von 15 bis 19 Uhr geöffnet.