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„Ich wohne jetzt beim Deutschen Orden“

Wie haben sich die Asyl-Kinder in der Paulsmühle eingewöhnt? Und wie ist ihr Umfeld eingestellt? Eine Bestandsaufnahme.

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© Archiv/Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Kalkreuth. Seit drei Wochen hat Kalkreuth zehn neue Einwohner: Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren mit nichtdeutscher Herkunft. Die Pension in der Paulsmühle ist das neue Zuhause der unbegleiteten Flüchtlingskinder. Vor ihrer Aufnahme in das neue Kinderheim gab es starke Vorbehalte dagegen (SZ berichtete). Anwohner fürchteten ungeordnete Verhältnisse und Konflikte. Wie fällt eine erste Bilanz aus?

Die Anwohner haben sich an die Jugendlichen gewöhnt

Karola Achtnicht, Anwohnerin der Paulsmühle, sagt: „Wir spüren die jungen Ausländer kaum, sie werden gut betreut, sind manchmal in der Reithalle, manchmal laufen sie in den Wald oder spielen Fußball.“ Beschwerden gab es nicht, was an der guten Beaufsichtigung der Jugendlichen liege. Brigitte Heigl, die direkt auf dem ehemaligen Reiterhof wohnt, geht sogar noch einen Schritt weiter. „Ich fühle mich weiter wohl hier, Vorbehalte von anderen Anwohnern sind doch unbegründet“, sagt sie. Die Rentnerin ist froh, dass wieder Leben in die Paulsmühle eingezogen ist. Auch Brigitte Heigl hat nun einen Mietvertrag mit dem Deutschen Orden. Ihrer Kenntnis nach werden hier keine Erwachsenen aufgenommen, die Paulsmühle soll dauerhaft ein Kinderheim bleiben, auch wenn keine ausländischen Jugendlichen mehr betreut werden müssen.

Der örtliche Arzt wurde bisher nicht informiert

Die Jugendlichen erhalten eine Gesundheitsuntersuchung durch das Gesundheitsamt des Landkreises. „Treten darüber hinaus gesundheitliche Beschwerden auf, so wird der nächstgelegene Arzt oder außerhalb seiner Dienstzeiten die Notaufnahme eines Krankenhauses aufgesucht. Wenn notwendig erfolgt die Hinzuziehung eines Dolmetschers“, heißt es vom Landratsamt. Doch den örtlichen Arzt Karsten Nitsche hat keiner vorinformiert. „Wir wissen nicht, was die Kinder für Krankheiten mitbringen, und wie die Behandlung abzurechnen ist“, so die Auskunft der Praxis. Ausländische Kinder ohne Dolmetscher in der derzeitigen Grippezeit zu behandeln, sei „nicht mehr zu machen“. Denn das Wartezimmer sei voll, für lange Diskussionen keine Zeit. Die Praxis lehnt es ab, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.

Die Schulbildung ist noch nicht abgesichert

Die Kinder bzw. Jugendlichen wurden der Bildungsagentur gemeldet. Die führt jeweils Bildungsgespräche durch, bei denen die Vorbildung bzw. der Wissensstand geprüft werden – manche Afghanen haben nur eine Koranschule besucht. Danach erhalten die unbegleiteten Ausländer eine Zuweisung für eine Schule mit Daz-Klassen. Die soll an der Oberschule Ebersbach gebildet werden. Eine Elterninformation hat die Schulleiterin schon herausgegeben. Noch ist nicht klar, wann die Klasse kommt.

Im örtlichen Sportverein gab es ein erstes gemeinsames Training

Unter dem Motto „Fußball verbindet“ trainierten am Mittwoch zum ersten Mal vier minderjährige Asylbewerber bei der C-Jugend des Sportvereins Traktor Kalkreuth. Die vier Jungs aus Afghanistan hatten sichtlich Spaß und waren voll bei der Sache, schätzt der Verein ein. Die Betreuer des Deutschen Ordenswerkes hatten beim Sportverein angefragt. Beim nächsten Training wird der Übungsleiter entscheiden, ob die 12- bis 15-Jährigen weiter in den regulären Übungs- und Spielbetrieb eingegliedert werden können. Verständigungsschwierigkeiten gab es offensichtlich kaum.

Die Gemeinde unterstützt mit Bekleidung und Ausrüstung

Nach einem Aufruf zum Spenden von Bekleidung und Schuhen meldeten sich viele Ebersbacher. „Schon zwei Mal haben wir Spenden auf die Paulsmühle gebracht“, sagt Bürgermeisterin Margot Fehrmann. Diese Art der Unterstützung klappt. Die Gemeinde hat selbst eine Tischtennisplatte aufgestellt.

Wann weitere Jugendliche kommen, ist ungewiss

„Wir wissen nicht, wann mit weiteren Jugendlichen für Kalkreuth zu rechnen ist“, so Sprecherin Helena Musall vom Landratsamt. Es kommt unter anderem darauf an, ob den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes in Meißen und Niederau Jugendliche zugewiesen werden. „Dies können wir nicht beeinflussen“, so Musall. Derzeit sind elf Betreuer für die in der Paulsmühle lebenden Jugendlichen im Schichtsystem tätig. Da weitere Plätze geplant sind, wird weiteres Personal noch gesucht.