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„Ich werde meine Kollegen vermissen“

Baubürgermeister Tilo Lindner verlässt Riesa. Manches hat ihn nachdenklich gestimmt.

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© Archivfoto: Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Zwei Jahre seiner Amtszeit im Riesaer Rathaus hatte Baubürgermeister Tilo Lindner eigentlich noch vor sich. Nun wechselt er schon zum 1. Mai als Amtsleiter ins kreiseigene Rechts- und Kommunalamt. Die SZ hat den 45-Jährigen nach seinen Gründen befragt.

Herr Lindner, warum haben Sie sich wegbeworben: Ist die Arbeit im Rechts- und Kommunalamt spannender, als Baubürgermeister in Riesa zu sein?

„Spannender“ ist vielleicht nicht der richtige Begriff. Ich würde das Verwaltungsrecht aber als mein Steckenpferd bezeichnen.

Nach Ihrer Wahl 2013 hatten Sie der SZ gesagt, dass Sie nicht mehr nur beratend tätig sein wollten, sondern eine Stelle suchten, bei der man selbst aktiv werden kann. Hat sich dieser Wunsch in Riesa erfüllt?

Selbstverständlich. Dabei geht es nicht einmal vordergründig um die großen Entscheidungen, die letztlich auch durch den Stadtrat beschlossen werden. Wichtig sind die täglichen kleinen Entscheidungen, um die Verwaltung in Gang zu halten. Hier ist manchmal einiges an Kreativität gefordert, auch wenn dies nicht von außen wahrgenommen wird.

Sie hatten nach Ihrer Wahl drei große Schwerpunkte für Riesa genannt: eine starke Wirtschaft mit genug Arbeitsplätzen, um den Bevölkerungsrückgang zu bremsen; einen Weiterbau der B 169, auch für den Hafen – und schließlich die Stärkung Riesas als Versorgungszentrum für das Umland. Was hat aus Ihrer Sicht gut funktioniert, was weniger?

Selbstverständlich ist der Stand zum Ausbau der B 169 nicht befriedigend. Allerdings kann die Stadt hier auch nur unterstützend tätig werden. Meine Aufgabe sah ich hier eher darin, im Hintergrund zu wirken. Ich denke schon, dass ich auch dazu beitragen konnte, einige Steine aus dem Weg zu räumen. Bei den anderen genannten Zielen handelt es sich um Daueraufgaben, die vor allem auf den Ausbau und den Erhalt der Infrastruktur abzielen. Hier wurde mit Straßen- Brücken- und Schulbaumaßnahmen einiges in die Wege geleitet.

Sie hatten damals angekündigt, mit der Familie von Grumbach nach Riesa zu ziehen. Haben Sie das umgesetzt?

Ja, wir haben ein Haus in Gröba gekauft und hergerichtet. Der Umzug nach Riesa kam dann aber aus familiären Gründen nicht zustande.

Was werden Sie von Riesa vermissen?

Vor allem werde ich meine Kollegen vermissen, die hier eine hervorragende, aber manchmal unterschätzte Arbeit leisten. Ich glaube, da werden nicht nur im übertragenen Sinne noch einige Tränen rollen.

Und was vermissen Sie weniger?

Nicht nur bezogen auf Riesa finde ich es schade, dass für einige Zeitgenossen die Ausübung eines öffentlichen Amtes als Freibrief für persönliche Angriffe, auch unter der Gürtellinie, zu gelten scheint. Wo das hinführen kann, haben wir vor Kurzem bei meinem Kollegen in Meißen erleben müssen. Das hat mich schon sehr nachdenklich gestimmt.

Was wünschen Sie der Stadt?

Riesa hat mit seiner Industrie, seiner Infrastruktur und seiner Lage ein enormes Potenzial. Allein von der Kürze der Schulwege, der Nähe der Einkaufsmöglichkeiten und der Anzahl der Kultureinrichtungen kann man im ländlichen Raum nur träumen. Ich wünsche mir, dass man auf dieser Basis weiterhin Riesa als lebenswerte Stadt entwickelt. Dann sehe ich der Zukunft Riesas optimistisch entgegen.

Eine letzte Frage: Kommen Sie zum Tag der Sachsen 2019 nach Riesa?

Davon gehe ich aus.

Gespräch: Christoph Scharf

Die Stadt will die Baubürgermeister-Stelle nun neu ausschreiben. Je nach Anzahl und Qualität der Bewerbungen könne der Stadtrat eine Vorauswahl treffen. Die verbliebenen Kandidaten werden sich im Stadtrat öffentlich vorstellen, der über die Neubesetzung abstimmt.

OB Müller wünscht sich, dass der neue Bürgermeister im September seine Arbeit aufnimmt – wichtiger sei jedoch, den richtigen Kandidaten zu finden. Spätestens sechs Monate nach Ausscheiden muss die Stelle neu besetzt sein.