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„Ich werde die Menschen und den Pfarrgarten vermissen“

Pfarrer Harald Pepel wechselt von Wildenhain nach Zwickau, um dort Superintendent zu werden. Die SZ sprach vor dem letzten Gottesdienst mit ihm.

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© Anne Hübschmann

Herr Pepel, haben Sie sich den Wechsel nach Zwickau gut überlegt? Immerhin versinkt der dortige Dom seit Jahren in der Landschaft.

Keine Sorge, er wird baulich stabilisiert. Aber es betrifft nicht nur den Dom, sondern die ganze Zwickauer Innenstadt. Sie senkt sich, weil sich darunter die früheren Bergbaustollen befinden.

Haben Sie denn keine Angst, in so einer unsicheren Kirche zu predigen?

(Lacht.) Nein, sie hat jetzt schon gut 700 Jahre gehalten. Und ich bin mir sicher, dass es noch mal 700 Jahre werden. Da habe ich keine Bedenken. Außerdem hat sie in der Mitte eine sehr schöne Kanzel. Und gegenüber befindet sich eine große Treppe. Da habe ich schon jetzt Lust zu erkunden, wohin sie führt.

Wie groß ist der Unterschied zur Wildenhainer Kirche?

Die Wildenhainer Kirche passt viermal in den Zwickauer Dom, so groß ist er.

Wie schwer fällt Ihnen der Abschied von hier?

Es ist nicht leicht. Weil doch einiges gewachsen ist, seitdem meine Familie und ich hier leben. Wenn ich an den Abschiedsgottesdienst am Sonntag denke, dann hoffe ich nur, dass ich die Kraft habe, es in guter Weise durchzustehen.

Sind Sie nah am Wasser gebaut?

Ja, eindeutig. Schon die letzten Gottesdienste in Zabeltitz und Walda sind mir sehr nahe gegangen. Und auch meiner Frau. Unsere Tochter hatte unsere Tränen gesehen und gefragt, ob uns was fehle. Wenn es ums Loslassen geht, dann merkt man plötzlich, wie wichtig einen bestimmte Menschen geworden sind. Ja, es wird noch eine Weile dauern.

Sie müssen ja nicht gehen, oder doch?

Nein, ich musste nicht. Es gibt aber ein Kirchengesetz, in dem uns Pfarrern empfohlen wird, aller zehn bis 15 Jahre die Arbeitsstelle zu wechseln. Das finde ich auch gut. Gedrängt hat mich keiner. Ich habe gewusst, dass irgendwann der Tag kommt, und dann muss man sich entscheiden, ob der Wechsel dran ist oder später.

Wie lange waren Sie hier Pfarrer?

Elfeinhalb Jahre. Im Juli 2005 habe ich hier in Wildenhain angefangen.

Passt der Wechsel auch für die Familie?

Ja, das haben wir lange überlegt. Unsere Kinder sind ja so unterschiedlich. Unser Ältester ist in der zehnten Klasse, das Mädel ist in der siebten Klasse und der Jüngste in der ersten. Wir hätten auch noch zwei Jahre warten können, bis der Älteste sein Abitur gemacht hat. Aber dann wäre es vielleicht der falsche Zeitpunkt für unsere Tochter. Ein Kompromiss muss immer gefunden werden, so oder so. Wir haben versucht, die Kinder vorzubereiten. Aber für sie fällt der Abschied genauso schwer wie uns auch.

Nun liegt in jedem Abschied auch die Möglichkeit zum Rückblick. Sind Sie stolz auf das Erreichte?

Stolz ist sicherlich zu viel gesagt. Aber ich denke, dass wir in unsere Kirchgemeinde gemeinsam viel erreicht haben und dass ich die Pfarrstelle ruhigen Gewissens übergeben kann. Ich hoffe nur, dass ein Nachfolger gefunden wird. Denn die Kirche braucht einen Seelsorger.

In Ihrer Dienstzeit wurde die schöne Kirchenscheune in Wildenhain errichtet. Was wurde noch gebaut?

Wir hatten sehr viele Bauarbeiten in dieser Zeit. Die erste große Baustelle war 2006/07 die Innenrenovierung der Kirche in Bauda. Danach haben wir den Turm in Wildenhain gemacht. Er war sehr baufällig. Dann haben wir das Kirchendach in Walda repariert. Als unsere Region zum Fördergebiet wurde, konnten wir die Kirche Zabeltitz innen und außen sanieren. Aber es gibt immer noch viel zu tun. Das nächste große Projekt ist der Umbau des Pfarrhauses.

Sie waren ein guter Bauherr. Doch als Pfarrer ist es ja wichtiger, ein guter Hirte zu sein. Waren Sie ein guter Hirte?

Das muss die Kirchgemeinde beurteilen. Manchmal wäre es besser gewesen, den Bau hintenanzustellen. Aber andererseits ist es wichtig, dass es Kirchen und Räume gibt, in denen die Menschen zusammenkommen können. Was mich ein bisschen schmerzt, waren die persönlichen Besuche, die ich zurückfahren musste, als ich als stellvertretender Superintendent zwei Jahre lang den Kirchenbezirk leitete. Das mussten dann die Kirchenvorstände für mich übernehmen, weil ich einfach keine Zeit mehr dafür hatte.

Was hätten Sie gern noch angeschoben?

Also Sorge bereitet mir ein wenig die Situation in Zabeltitz. Dort gibt es ein sehr starkes Vereinsleben, und wir sind automatisch in einer Konkurrenz. Die klassische Gemeindearbeit hat dort nicht gegriffen.

Also ist die Kirche in Dörfern, wo es keine Vereine gibt, stärker präsent?

Ja, das kann man so sagen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sich die Kirchengemeinde in Dörfern wie in Zabeltitz noch mehr überlegen muss, wie sie sich besser profiliert und Angebote schafft.

Ist es schwieriger, auf dem Land Pfarrer zu sein oder in einer Stadt?

Ich habe es sehr gemocht, auf dem Land Pfarrer zu sein. Ich war vorher aber auch Pfarrer in einer Stadt, in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern, und das hat mir dort auch sehr gut gefallen. Das kulturelle Leben in einer Stadt ist nicht vergleichbar mit einem Dorf. Andererseits ist der Zusammenhalt in einem Dorf stärker. Worauf ich mich in Zwickau umstellen muss, ist, dass es dort nicht die immense Freiheit eines Pfarrgartens gibt. Wir haben dort nur einen kleinen Balkon und einen Innenhof, der zugeparkt ist mit Autos.

Das Gespräch führte Jörg Richter.