Merken

„Ich versuche, schwanger zu werden“

Die Partei hat eine Oberbürgermeisterkandidatin, die ein Mann ist. Sie bringt Satire in den Wahlkampf.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Ellger

Die wohl schrillste OB-Kandidatin ist Lara Liqueur. Die 20-Jährige arbeitet als DJane. Sie tritt für die Satirepartei Die Partei an, will vor allem mit Schnaps bei den Wählern punkten. Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich Lars Stosch.

Frau Liqueur, warum tritt die Kunstfigur Lara Liqueur und nicht Lars Stosch zur Wahl an?

Weil wir sehr viel mit der Ästhetik punkten und das kann ich mit der Kunstfigur mehr als ungeschminkt als Mann. Außerdem merkt man sich so eine Alliteration sehr viel einfacher und die dummen Leute, die nicht wissen, wie man wählt, kreuzen lieber etwas Lustiges an als irgendeinen stinknormalen Namen.

Welche Kunstfiguren wären für Sie die anderen Kandidaten?

Ich habe mir schon öfter vorgestellt – es verfolgt mich auch in meinen Träumen – Dirk Hilbert mit Perücke. Wie man den nennen würde, ist die Frage. Bei Eva-Maria Stange würde es eine kleine Haarverdichtung tun. Etwas mehr Schminke würde allen helfen. Aber es sind wohl die falschen Leute dafür. Vielleicht Tatjana Festerling als Schlagersängerin. Dafür hat sie ja auch die richtige Zielgruppe. Die klatschen bei allem mit. Sie als Dresdens Helene Fischer zu bezeichnen, wäre vielleicht etwas überzogen – aber so in die Richtung.

Wie kam es zu dem gemeinsamen Foto mit der Pegida-Kandidatin Festerling?

Wir hatten das doch alle schon mal. Wenn wir etwas zu viel getrunken haben, sind wir mit den falschen Leuten nach Hause gegangen und dachten am nächsten Morgen: Was ist das denn für eine? Das ist mir in dem Moment auch passiert, mein Gott. Es ist ein schönes Foto geworden. Auch für Frau Festerling, denke ich.

Wenn Sie zur OB gewählt werden, was wäre Ihre erste Amtshandlung?

Wahrscheinlich Urlaub. Ich habe mir vorgenommen, dadurch dass die Leute im Wahlkampf mit Lara Liqueur auf Plakaten und Flyern zubombardiert werden, würde ich gerne ein oder zwei Wochen Urlaub machen. Danach komme ich wieder und dann machen wir Dresden alle gemeinsam etwas betrunkener, etwas bunter und etwas schöner.

Welche kommunalpolitischen Ziele haben Sie als Oberbürgermeisterin?

Sehr viele. Das Wichtigste ist die Einführung der Maut auf der Elbe. Alle Schiffe, die von außerhalb kommen, sollen eine Maut bezahlen. Außerdem wollen wir 5 000 Wohnungen bauen – in Pirna. Die Dresdner fühlen sich zum Teil in der Stadt nicht wohl. Sie müssen Wohnungen haben, wo es schön ist. Pirna finde ich toll, das werden wir früher oder später eingemeinden.

Mit den Wohnungen schaffen Sie dann auch mehr Platz für Asylbewerber?

Ja, vielleicht stehen einige Wohnungen leer. Außerdem wird Dresdens Rathaus tagsüber beheizt, es ist rund um die Uhr bewacht, warum soll man Asylbewerber nicht zum Übernachten dort unterbringen? Und wir haben die Forderung: für jeden Dresdner einen Asylbewerber. Damit jeder jemanden hat, mit dem er sich unterhalten und auseinandersetzen kann.

Wie kurbeln Sie die Wirtschaft an, neben der Maut für Schiffe?

Die Zurückversetzung der Frauenkirche in den historisch geprägten Zustand, also zurück in eine Ruine, wird Arbeitsplätze schaffen. Wir brauchen ein paar Leute, die sie abreißen. Im Anschluss werden wir dort Dresdens schönste Freiluft-Open-Air-Location eröffnen. Da werden dann Barkräfte, Tontechniker und Türsteher gebraucht.

Welche Chancen rechnen Sie sich zur Wahl am 7. Juni aus?

Wir rechnen immer mit 100 Prozent plus X. Wenn es etwas weniger wird, ist es auch in Ordnung. Ich wünsche mir mindestens eine zweistellige Promillezahl. Im schlechtesten Fall nur 75 Prozent.

Womit denken Sie, punkten Sie im Wahlkampf am meisten?

Ich bin für alle da. Ich wurde auch schon gefragt, was tust du für Kinder? Ich versuche alles und schaffe es nicht, schwanger zu werden. Vielleicht gelingt es vor dem zweiten Wahlgang, wenn es den doch geben sollte. Auf meinen Wahlplakaten sind die Brüste sehr stark positioniert. Das sind meine zwei wichtigsten Argumente.

Ist eine lange Dynastie mit Lara Liqueur an der Spitze geplant?

Natürlich. Wir sind als Partei ins EU-Parlament eingezogen. Da ist die logische nächste Stufe Dresden. Danach kommt vielleicht Berlin. Ich will auf jeden Fall Kanzlerin werden. Vielleicht bekomme ich auch gefälschte Papiere und kann mich als Präsidentin der Vereinigten Staaten bewerben.

Wenn Sie nicht selber kandidieren würden, wen würden Sie unterstützen?

Die tun mir ja alle irgendwie leid. Die niedrigste Perspektive nach dieser Wahl hat Dirk Hilbert. Was soll er machen, wenn er nicht gewählt wird? Ich weiß es nicht, aber ich denke, aus Mitleid, Dirk Hilbert.

Das Gespräch führte Andreas Weller.