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„Ich versuche dort zu sein, wo ich sein kann“

Großenhains Oberbürgermeister Sven Mißbach über sein erstes Jahr im neuen Amt, den Flugplatz und große Pläne.

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© Brühl

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Er macht einen aufgeräumten Eindruck. Mit großen Schritten läuft Großenhains Verwaltungschef durch den Stadtpark und steuert zielsicher auf den Spielplatz zu. Die Spinne, die beinah jeder Röderstädter kennt, die Schaukel und das Klettergerüst – Lieblingsorte des 38-Jährigen, der vor seiner Kandidatur auch mit Jugendlichen gearbeitet hat. Dass sich Sven Mißbach zum Sommerinterview gerade an diesem Ort treffen wollte, könnte allerdings auch an einem kleinen jungen Mann liegen: Großenhains Oberbürgermeister ist vor gut zwei Wochen Papa geworden.

Herr Mißbach, zunächst mal herzlichen Glückwunsch! Und, wie war denn die letzte Nacht?

Herzlichen Dank! Und ehrlich gesagt, ganz gut! Unser Sohn ist sehr gnädig mit meiner Frau und mir. Die Nächte sind zurzeit noch im grünen Bereich. Dem Kleinen geht es gut und das ist das Allerwichtigste.

Dass sein Papa das erste Jahr als Oberbürgermeister hinter sich hat, kann er freilich nicht wissen. Wie ist es Ihnen denn in diesen Monaten ergangen?

Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, das erste Jahr sei nicht anstrengend gewesen. Denn das war es wirklich! Es sind unheimlich viele neue Sachen auf mich eingeströmt, Informationen und Vorgänge, die ich als ehemaliger Mitarbeiter in der Verwaltung nun aus einer ganz neuen Perspektive betrachten muss. Für die Einarbeitung in manche Bereiche blieb teilweise nicht viel Zeit. Ich wurde stellenweise ins kalte Wasser geworfen, was letztlich aber auch gut so gewesen ist.

Erleben Sie die Ausübung Ihres Amtes so, wie Sie sich das vorgestellt haben oder manches doch ganz anders?

Eine wichtige Erkenntnis ist ganz sicher, dass man es nicht jedem recht machen kann. Eine Forderung, mit der ich aber auch nicht angetreten bin. Denn das ist völlig unrealistisch. Es wird immer mal einen geben, dem ich auf die Füße trete. Manchmal sind mir die Großenhainer nicht optimistisch genug. Sie vergessen zuweilen, wie am Beispiel des Stadtfestes, was sie eigentlich Gutes haben. Manchmal gibt es Zwistigkeiten zwischen Einwohnern, wo man von mir erwartet, dass ich als Schiedsrichter auftreten soll. Natürlich bin ich bemüht, eine gute Lösung zu finden. Manchmal hatte ich mir gewünscht, Kompromisse einfacher zu erreichen.

Welche Kompromisse müssen Sie schließen, um dem sicherlich anspruchsvollen Terminkalender gerecht werden zu können?

Ich versuche dort zu sein, wo ich sein kann. Nicht alles ist möglich, ganz klar. Ich entscheide gemeinsam mit meinen Mitarbeitern nach Prioritäten und derjenige, der zuerst im Kalender steht, ist natürlich gegenüber demjenigen im Vorteil, der mich kurzfristig zum Dorffest einlädt. Gerade bei solchen Veranstaltungen nutze ich aber auch die Gelegenheit, das Eine oder Andere auf dem kurzen Dienstweg zu besprechen. Freitags mache ich auch noch immer meinen Dienst bei der Feuerwehr, da wissen meine Kameraden auch, dass sie mich treffen. Und ich habe mir seit meinem Amtsantritt angewöhnt, meine Familie zu bestimmten Veranstaltungen mitzunehmen. So sind wir beisammen und ich bin trotzdem vor Ort. Das ist den Leuten wichtig.

Ihr Vorgänger Burkhard Müller war dafür bekannt, ein gutes Netzwerk im Landkreis, nach Dresden und zu Institutionen zu pflegen. Haben Sie solche Kontakte auch schon geknüpft?

Ja! Denn ich habe schnell erkannt, dass es ohne solche Kontakte, völlig unabhängig von Parteizugehörigkeiten, nicht geht. Da mir die ärztliche Versorgung in unserer Region sehr wichtig ist, nehme ich Ende September beispielsweise an einer Veranstaltung des Netzwerkes „Ärzte für Sachsen“ teil. Nur so ist es möglich, mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen. Und das halte ich in anderen Angelegenheiten mittlerweile genauso.

Welche Erfolge würden Sie bereits für sich verbuchen?

Es wäre vermessen, würde ich behaupten, ich hätte Wunder vollbracht. Ich hab ja das Glück gehabt, in eine sehr gut funktionierende Verwaltung einzusteigen. Ohne die fachlich versierten und engagierten Mitarbeiter könnte ich allein gar nichts bewegen. Aber ich bin froh, dass wir am Dienstagnachmittag gemeinsam mit dem Landkreis den ersten Spatenstich für den lang erkämpften Radweg Großenhain-Walda/Kleinthiemig feiern konnten. Diese Gelegenheit der Bauarbeiten nutzt die Enso, um eigene Medien zu verlegen. Für eine der drängendsten Zukunftsaufgaben, die wir als Stadt in Angriff nehmen werden.

Die Internetanbindung auf dem Land?

Genau! Wir schreiben das Jahr 2016, dort muss es jetzt endlich in den Ortsteilen losgehen. Dank in Aussicht gestellter Fördermittel haben wir gute Chancen, eine schnelle Anbindung zu schaffen. Sie ist auch ein wesentliches Kriterium, damit Großenhain als attraktiver Wohnstandort bestehen kann. Und es ist mir persönlich wichtig, dass unsere Stadt als solcher gerade für Familien betrachtet wird. Angesichts des Rückganges an bezahlbarem Wohnraum in Dresden haben wir ein Riesenpotenzial, und das gilt es, zu nutzen. Insofern schaue ich auch genau hin, was am künftigen Industriegebiet am Flugplatz geschieht. Das Immobilienmanagement des Freistaates arbeitet fleißig am Bebauungsplan. Nächste Woche hab ich einen Termin und wir werden den Zeitplan besprechen.

Also gibt es auch mit Ihnen keinen Fortbestand des Flugplatzes?

Ich sehe dafür keine Möglichkeit. Wir haben mit Riesa, Kamenz und Dresden genügend Flugmöglichkeiten für Hobbyflieger in der Umgebung. Die Unterhaltung ist zu teuer und da ist die Entscheidung zugunsten von Arbeitsplätzen richtig gewesen.

Herr Mißbach, bereuen Sie es, kandidiert zu haben?

Auf keinen Fall! Ich würde es wieder tun! Ich wusste, dass viel Arbeit auf mich zukommt. Ich habe aber gleichsam die Chance, meine Heimatstadt mitzugestalten. Das versuche ich nun nach bestem Wissen. Es ist vor allem das Miteinander mit den Menschen, das ich gerne habe. Eines, was allerdings von Respekt geprägt sein sollte. Wer diesen Außen vor lässt, wird es auch mit mir schwer haben.