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„Ich lebe ein Drittel des Jahres in Hotels“

Als Chef des Welttanzverbandes ist der Hamburger Michael Wendt weltweit unterwegs – nicht nur in Riesa.

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© Sebastian Schultz

Riesa. Michael Wendt bringt die Tanzwochen seit 20 Jahren nach Riesa. Über die Organisation und Gastfreundschaft an der Elbe spricht der Präsident des Welttanzverbandes IDO stets in den höchsten Tönen. Knapp drei Wochen verbringt er jährlich im Riesaer Mercure – bei Weitem nicht die einzigen Nächte, die er im Jahr in Hotels schläft. Mit der SZ spricht Wendt übers Reisen, Känguru-Fleisch und seine Heimatstadt Hamburg.

Herr Wendt, wie viele Nächte im Jahr übernachten Sie in Hotelbetten?

Aufs ganze Jahr gesehen sicher ein Drittel aller Nächte.

Fühlen Sie sich wohl dabei?

Ja, auch wenn ich manchmal aufwache und mich frage, wo es wohl zur Toilette geht. Zu Hause bin ich aber auch gerne.

Ist Ihre Frau bei den Reisen meistens dabei?

Leider nicht. Aber, wenn wir wie jeden Januar unsere Tochter in Sydney besuchen, sind wir immer zusammen. Das ist schön. Den Hin- und Rückweg nutze ich immer für Gespräche mit Vertretern asiatischer Tanzverbände. Auf dem Hinflug stoppen wir diesmal in Singapur. Dort werde ich unter anderem den Delegierten des Sportministeriums von Sri Lanka treffen. Der Rückweg geht über Peking. Ich freue mich schon auf das chinesische Essen.

Essen? Sind Ihre Reisen immer auch kulinarische Streifzüge?

Absolut! Ich liebe landestypisches Essen. Ich finde es ganz toll, in den Ländern, in den ich unterwegs bin, viel auszuprobieren. Als ich mal in China war, wollte mir jemand eine Freude mit einem Besuch bei einem Italiener machen. Da gehe ich lieber in eine einfache Kaschemme an der nächsten Ecke. Das Essen muss nicht besonders teuer sein – Hauptsache authentisch.

Wie weit geht Ihre Experimentierfreude beim Essen?

Fleisch vom Krokodil oder Schlange wäre mir zuwider. Auch Hund und Katze brauche ich nicht auf dem Teller. Aber Strauß oder Känguru schmeckt. Ein echter Höhepunkt war Springbock in Südafrika.

Und wird zu Hause aufgetischt?

Fisch, viel Fisch. Aber in Hamburg gibt es auch sehr viele gute Restaurants mit landestypischem Essen, die wir oft besuchen: Italiener, Libanesen, Türken und so weiter. Hamburg ist da sehr vielfältig.

Apropos Hamburg – was machen Sie, wenn Sie in Ihrer Heimatstadt sind?

Ich habe mein eigenes Veranstaltungsbüro. Ein Ein-Mann-Betrieb. Ich organisiere das Partnerland oder die Partnerstadt für den Hamburger Hafengeburtstag. 2017 wird das Nantes/Frankreich sein. Das hat ausnahmsweise nichts mit Tanzen zu tun.

Wie verbringen Sie Ihren Alltag?

Wenn ich nicht gerade auf Reisen bin, verbringe ich die ersten drei Stunden damit, E-Mails zu lesen und zu beantworten. Ich habe keinen Chef, daher kann ich mir meine Zeit frei einteilen. Das ist sehr bequem, weil mein Büro zu Hause ist. Dafür arbeite ich aber auch immer am Wochenende. Spätestens 18 oder 19 Uhr versuche ich aber, den Laptop zuzumachen. Wenn die Tanzwochen in Riesa nahen, funktioniert das allerdings nicht so richtig.

Sind Sie eigentlich echter Hamburger?

Ja! Wir leben in einem Elbvorort. Aufgewachsen bin ich aber in Hamburg-Rotherbaum, recht zentral. Meine Eltern hatten die alteingesessene Tanzschule Wendt, dort habe ich auch meine Frau kennengelernt. Sie hat später als Tanzlehrerin bei uns gearbeitet. Zuletzt haben meine Mutter, meine Frau und ich die Schule geleitet. Parallel habe ich große Tanzveranstaltungen organisiert. Das lag mir schon immer – Leute miteinander zu verknüpfen. Ich wollte aber nicht mein ganzes Leben lang in der Tanzschule verbringen. Also haben wir sie vor knapp 30 Jahren verkauft. Meiner Mutter ist das sehr schwer gefallen.

Sie haben sich also für ein vergleichsweise stressiges Berufsleben entschieden. Denken Sie ans Aufhören?

Ich bin jetzt 68 Jahre alt. Eigentlich wollte ich nach den diesjährigen Tanzwochen aufhören. Aber wenn ich sehe, was wir hier bewegen, dann kann ich das nicht. So lang ich fit bin, will ich weitermachen. Die Herausforderung dabei ist, den richtigen Augenblick zum Aufhören zu finden. Ich möchte nicht, dass die Leute irgendwann sagen: Früher war der mal besser.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.