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„Ich hör’ mir den Müll doch nicht an!“

NPD-Gemeinderat Martin Hering handelt mit Nazi-Schund. Vom Vorwurf der Volksverhetzung wurde er nun freigesprochen.

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Von Alexander Schneider

Zuletzt hatte Gemeinderat Martin Hering aus Gohrisch in der Sächsischen Schweiz für Schlagzeilen gesorgt, weil der 29-Jährige als langjähriges NPD-Mitglied bereits 2013 auch bei der AfD angeheuert hatte. Das brachte erst im September die frisch in den Landtag gewählte Partei in Erklärungsnot. Derzeit laufe ein Parteiausschlussverfahren, kürzlich habe Hering einen Anhörungstermin verstreichen lassen. „Es ist einfacher, jemanden nicht aufzunehmen als ihn wieder loszuwerden“, so AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer.

Am Donnerstag stand Martin Hering, der unter anderem mit allerlei Nazi-Schund handelt, vor dem Landgericht Dresden. Bereits Mitte 2010 hatte Hering eine Musik-CD vertrieben, die nicht nur geschmacklos ist, sondern auch den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. „Adolf Hitler lebt“ heißt das Machwerk von „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“. In dem Lied „Geschwür am After“ werde der Holocaust, die Deportation und Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten geleugnet, sagte Richter Walter Voigt, der Vorsitzende der Berufungskammer, nun.

Die Justiz hat sich Zeit gelassen mit dem Fall. Hering wurde im Oktober 2010 angezeigt, Anfang 2011 kam die Polizei zur Hausdurchsuchung, erst im Dezember 2012 erhielt er einen Strafbefehl, den er nicht akzeptierte. Im April dieses Jahres wurde er am Amtsgericht Pirna zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt.

Hering, gelernter Koch, sagte, er betreibe sein Nationales Versandhaus unter verschiedenen Internet-Domains seit 2009, manchmal helfe ihm seine Mutter. Ja, er habe drei dieser CDs verkauft, sich jedoch zuvor informiert. Es habe ein Gutachten einer bekannten Rechtsanwältin gegeben, die regelmäßig umstrittene CDs der rechten Szene prüfe. Daher habe er keine Bedenken gehabt. Die Hitler-CD sei erst später auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gelandet.

Richter Voigt sagte, Hering habe bewusst sein müssen, dass er mit dem Sortiment seines Ladens auf „vermintem Gebiet“ unterwegs sei und daher mit „Kontaminierungen“ habe rechnen müssen. Als er dem Angeklagten zu bedenken gab, sich im Zweifel eine eigene Meinung zu bilden – zumal bei einer CD mit dem Titel „Adolf Hitler lebt“ –, entgegnete Hering: „Ich hör mir doch nicht den ganzen Müll an!“ Er finde auch nicht gut, was auf der CD alles drauf sei. Herings Verteidigerin sagte, sein Mandant habe gedacht, die CD sei satirisch gemeint gewesen. Auf der CD sei ein Kind abgebildet gewesen.

Richter Vogt sprach Martin Hering frei. Es fehle am Vorsatz für den Tatbestand der Volksverhetzung, auch wenn er den Inhalt selbst hätte prüfen müssen. Offensichtlich hatte auch die Bundesprüfstelle die CD als einen Grenzfall angesehen wie wohl auch die Staatsanwaltschaft, so Voigt, sonst hätte sie Hering wohl schneller angeklagt.