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„Ich finde, Dresden verdient viel mehr als Pegida“

Ein Spanier dreht einen Dokumentarfilm über das schöne Gesicht der Stadt. Ja, das gibt es wirklich!

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© Javier Sobremazas

Von Henry Berndt

Als Javier Sobremazas vor zwölf Monaten für seine Freundin nach Dresden zog, war Pegida schon in aller Munde. Überall in Europa war seine neue Wahlheimat nun vor allem dafür bekannt, dass Zehntausende gegen die vermeintliche Islamisierung auf die Straße gingen. Auch seine Familie und seine Freunde in Spanien machten sich Sorgen. „Warum lebst du dort?“, fragten sie. „Dort gibt es doch nur Nazis, oder?“ Er antwortete ihnen dann: „Ihr solltet herkommen und euch das selbst anschauen. Es ist nicht so, wie ihr denkt.“

Der 34-Jährige zog in eine WG auf dem Bischofsweg in der Neustadt und war schon nach wenigen Tagen hin und weg. „Diese ganz besondere Gemeinschaft, die offene Art gegenüber Einheimischen und Fremden, die ganze Atmosphäre“, all das begeisterte ihn. „Ich finde, Dresden verdient viel mehr als dieses von Pegida beschmutzte Image.“ Deshalb beschloss er, einen Film über Dresden zu drehen, denn er glaubte, gerade als Ausländer könne er ganz neue, frische Perspektiven aufzeigen. Der Name des Projekts: „The New City“.

Javier begann damit, Pegida-Demos und Gegendemos zu filmen. Er ging zur Bunten Republik Neustadt. Dann besuchte er Gruppen wie Banda Internationale und Kukulida e.V. und filmte ihre Aktivitäten. Auch Flüchtlinge, die er aus seinem Sprachkurs kannte, kamen zu Wort.

Im Juni vergangenen Jahres traf er Rahmat Haidari, einen afghanischen Filmemacher, der sein Land nach Todesdrohungen verlassen musste. Bevor er floh, arbeitete er für das afghanische Nationalfernsehen. Nun begeisterte er sich für Javiers Filmprojekt und unterstützte ihn. Seitdem interviewen die beiden gemeinsam, sammeln Musik von Künstlern aus Dresden und begannen mit der Bearbeitung des Materials. „Wir spüren, dass dieses Projekt wächst und wächst und ein großes Potenzial hat“, sagt Javier, „aber es ist auch recht schwierig, das Tempo so hochzuhalten, da wir nur in unserer Freizeit daran arbeiten können. Rahmat hat noch nicht mal einen PC.“

Seinen Lebensunterhalt verdient Javier in Dresden als freiberuflicher Kameramann für Filmagenturen. Aber auch eigene Projekte setzt er um, vor allem Musikvideos und Dokumentationen. Sein aktuellster Film „Midnight Sun“ sei auf vielen Festivals zu sehen gewesen, sagt er.

Seit einigen Tagen haben Javier und Rahmat einen zweiminütigen Trailer von „The New City“ als Vorgeschmack auf Facebook gestellt, der schon mehr als 60 000 Mal angeklickt wurde. Darin zu sehen sind Menschen, die auf der Straße tanzen, Menschen, die gemeinsam kochen, Menschen, die am Elbufer Musik spielen. Kurzum: Menschen, die Dresden bunt machen.

Wenn der Film im März fertig ist, soll er etwa 40 Minuten lang sein. Gern würden die Macher ihr Werk dann auf Filmfestivals zeigen, aber auch kleinen Gruppen zur Verfügung stellen, die damit Werte wie Integration, Kultur und Gemeinschaft bewerben könnten.