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„Ich fand sie unsympathisch“

Ein einstiger Jugendfreund des toten NSU-Terroristen Uwe Mundlos rechnet vor Gericht mit Beate Zschäpe ab.

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© BKA

Von Karin Schlottmann, zzt. München

Das „saubere Deutschland“, wie es sich die Thüringer Neonazi-Szene vorstellte, wäre ein Land, in dem Deutsche und Ausländer nicht gemeinsam Kinder haben. Ausländer wären verpflichtet worden, die Arbeiten zu übernehmen, die den Deutschen nicht zuzumuten seien. Anderenfalls müssten sie das Land verlassen. Rassistische Fantasien wie diese seien in den 1990er Jahren in der rechten Clique um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in Jena immer wieder Thema gewesen, berichtete gestern ein Zeuge vor dem Oberlandesgericht München. Es habe eine vage „Sehnsucht nach den Verhältnissen zwischen 1933 und 1945“ geherrscht, gab er an.

Er selbst war ein guter Freund von Uwe Mundlos, war aber selbst kein Rechtsextremer. Als Sohn eines Bulgaren und einer Deutschen habe er diese Diskussionen um das Deutsch-sein selbst erlebt, sagte Aleksander H. Mundlos habe ihm, der gar nicht in sein Rassenbild passte, wie der Zeuge es formulierte, bis zu seinem Abtauchen viele Dinge anvertraut und ihn abends oder an den Wochenenden mitgenommen zu den Treffen der Clique. Für den Staatsschutz-Senat ist er deshalb ein wichtiger Zeuge. Immer wieder sei es zu Schlägereien mit anderen Jugendlichen gekommen, sagte Aleksander H. Mundlos selbst sei als deutlich erkennbarer Neonazi von diesen Auseinandersetzungen auch selbst häufig lädiert zurückgekehrt.

Zschäpe war damals die Freundin von Uwe Mundlos. „Ich fand sie durch und durch unsympathisch, auch ein bisschen ordinär“, sagte der Zeuge. Während eines Disco-Besuchs in Jena habe Zschäpe mit einem Glas eine andere Person geschlagen. Ob er diesen Vorfall selbst erlebt oder ob Mundlos ihm davon berichtet habe, daran konnte er sich aber nicht mehr genau erinnern. Waffen habe Zschäpe im Gegensatz zu Mundlos und Bönhardt nach seiner Kenntnis nicht besessen. Sie sei nicht dumm oder gar gutgläubig gewesen, dafür aber manchmal „unterschwellig aggressiv“. Zschäpe sei nicht in die Gruppe „hineingeschubst“ worden, sondern ein anerkanntes Mitglied der Szene gewesen. Im Auto habe sie darauf geachtet, ob die Gruppe verfolgt wurde, außerdem habe sie die Kfz-Kennzeichen von Polizeifahrzeugen notiert. „Zschäpe hat gewusst, was sie wollte.“ Die Grenzen zwischen Erlaubtem und strafrechtlich relevantem Verhalten habe sie genau gekannt. Vor ihrer Beziehung zu dem Neonazi Mundlos sei Zschäpe mit einem stadtbekannten linken Punk liiert gewesen, berichtete der Zeuge. Er habe den Eindruck gehabt, sie habe damals unabhängig von der politischen Richtung einfach „eine gute Partie“ gesucht.

Zschäpe saß während der mehrstündigen Vernehmung des Mannes mit verschränkten Armen auf ihrem Platz und beobachtete den Zeugen augenscheinlich missmutig. Ihr Verteidiger Wolfgang Stahl äußerte Zweifel am korrekten Erinnerungsvermögen des Zeugen. Es gab heftige Wortgefechte zwischen ihm, dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl, der Bundesanwaltschaft und Nebenklägern über das Fragerecht der Verteidigung. Stahls an den Zeugen gerichteter Satz „Also Sie erinnern sich nicht“, wies das Gericht per Beschluss als Suggestiv-Frage zurück.