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„Ich bin verliebt in meinen Beruf“

Thomas Partzsch feiert heute seinen 70. Geburtstag. Aber den Begriff Ruhestand hat er aus seinem Wortschatz gestrichen.

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Döbeln. Wer dem Chef der Partzsch Unternehmensgruppe Thomas Partzsch heute zum 70. Geburtstag gratulieren möchte, kann das nur telefonisch. Denn mit seiner Frau Gabriele entspannt er für ein paar Tage an der Ostsee. Partzsch hat sich eine Auszeit genommen – eine ganz kurze. Aber auch während dieser ist er immer für seine Mitarbeiter erreichbar. Jeden Morgen greift er selbst zum Telefon, um nötige Absprachen zu treffen. „Das ist besser, als wenn ich zurückkomme und eine Überraschung nach der anderen erlebe“, meint er.

Den Begriff Ruhestand hat er aus seinem Wortschatz gestrichen. „Ich habe unheimlich viel Spaß an meinem Job“, sagt er. Zwar erinnere ihn seine Frau immer mal wieder daran, wie „jung“ er sei und, dass er das Leben nicht nur mit Arbeit verbringen soll. „Aber da bin ich anderer Auffassung, weil ich kein Ruheständler sein möchte und werde. Dafür bin ich nicht geeignet, von meiner Mentalität, meinem Denken und Handeln“, so Partzsch. Für ihn wäre es eine Strafe, wenn er zu Hause bleiben und im Garten buddeln müsste, nur, damit er etwas zu tun hätte.

„Ich habe zwei Hobbys: Das eine ist mein Beruf und das zweite mein Sport“, erklärt der Geschäftsführer. Beide könne er so in Einklang bringen, dass er aus dem einen die Kraft schöpfe, um das andere zu realisieren. „Es ist eine Wechselwirkung entstanden, durch die ich das Leben wertvoll und sinnvoll gestalten kann“, meint er. Er habe noch sehr viele Ideen und Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe. Die stellt Elektromotoren und Generatoren sowie die dazu notwendigen Komponenten her. Die bisher größte ist eine 30 Tonnen schwere für den Direktantrieb von Windkraftanlagen.

Trotz seines Enthusiasmus hat Partzsch schon einen winzigen Schritt zurück gemacht. Jede der fünf Firmen der Unternehmensgruppe hat inzwischen eine eigene Leitung mit Geschäftsführer und Prokuristen. Der Part von Thomas Partzsch ist die gesamtbetriebswirtschaftliche Analyse, das Fortführen bewährter und das Entwickeln neuer Strategien. Ideen kommen ihm nicht nur am Tag. Deshalb liegen stets Zettel und Stift auf seinem Nachttisch, damit er sofort notieren kann, was ihm durch den Kopf geht.

In den vergangenen dreieinhalb Jahren sei die Gesamtstrategie des Unternehmens der neuen Situation angepasst worden. „Jetzt sind wir erfolgreicher denn je und die Nummer Eins der Branche in Europa geworden“, sagt der 70-Jährige. Um kundengerecht arbeiten zu können, suche die Firma weitere Mitarbeiter. Auf der Internetseite von Partzsch sind 14  Stellen ausgeschrieben, dazu kommen drei für Auszubildende und eine für einen Praktikanten. Insgesamt arbeiten bereits 500  Frauen und Männer in den vier Döbelner Betriebsteilen, 130 in Bitterfeld und 14  in der Ingenieur- und Vertriebsgesellschaft Genet in Ingolstadt.

An der hat Partzsch eine Beteiligung. Die Firma entwickelt Synchrongeneratoren für die Energieerzeugung und Partzsch baut sie. „Es war schon lange ein Traum von mir, komplette Maschinen bis zu einem Gewicht von 50, 60 Tonnen herzustellen“, erklärt der Geschäftsführer.

Im Zusammenhang mit den Mitarbeitern spricht er über eine ganz neue Meinung, die er neuerdings von Müttern habe. Die Erziehung seiner Kinder habe komplett seine Frau übernommen. Er habe davon nicht viel mitbekommen. Bei seinem zweijährigen Enkel erlebe er jetzt hautnah, wie viel Aufwand und Nerven ein Kind koste. „Das habe ich nie zu schätzen gewusst“, gibt er zu. Deshalb würden nun auch die Frauen in der Firma mehr unterstützt.

Ein Standbein, das so gar nicht zu den anderen von Partzsch passen will, ist der Sonnenhof Ossig. „Ich hatte eigentlich nicht vor, das Objekt zu übernehmen“, meint er. Aber es habe Bewerber gegeben, die der Region nicht gut getan hätten. Die habe er sozusagen ausgebremst und damit gleich ein anderes Problem gelöst. Partzsch biete auch Schulungen an und benötige Unterkünfte für die Teilnehmer sowie Schulungsräume. Ossig bietet beides.

„Ich bin krankhaft verliebt in meinen Beruf und meine Arbeit“, erklärt Thomas Partzsch und fügt hinzu, „Ich habe großes Glück, dass ich eine unheimlich verständnisvolle Frau habe, die mir den Bazillus für elektrische Maschinen zugesteht und sich darauf eingestellt hat.“

Gabriele Partzsch hält ihrem Mann aber nicht nur für den Beruf den Rücken frei, sondern auch für den Sport. Der Leichtathlet Thomas Partzsch nimmt sich seit geraumer Zeit „die Freiheit“, morgens erst gegen 8.30 oder 9 Uhr in der Firma zu erscheinen. Dann hat er die erste Trainingsrunde bereits hinter sich. Gegen 18 Uhr folgt die Zweite. Krafttraining, Laufen und leichtathletische Disziplinen wechseln sich dabei ab. Lohn sind zahlreiche Deutsche und internationale Meister-Titel.

Da verzeihen ihm Trainer und Ehefrau auch die drei bis vier Tafeln Schokolade, die er sich jeden Sonnabend in einem Supermarkt gönnt. „Ich brauche das einfach. Das ist Nervennahrung“,   meint   er.   Sport   ist  für  den 70-Jährigen sehr wichtig. Und er gibt zu, dass er unleidlich wird, wenn er sich nicht bewegen kann. In letzter Zeit zwang ihn eine Verletzung zu einer Pause. Anfang der Woche hat er wieder mit dem Fitnesstraining begonnen. Seine Frau sei froh darüber gewesen, meint er schmunzelnd.