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Heimatverbunden und reiselustig

Achim Mietsch ist gern in der Welt unterwegs. Als Globetrotter sieht sich der Sollschwitzer dennoch nicht.

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© Rainer Könen

Von Rainer Könen

Sollschwitz. Wenn man einen Menschen wie Achim Mietsch aufsucht, um mit ihm ein wenig zu plaudern, über das Verreisen, das Ankommen, über das Fernweh, wenn man sich mit dem Sollschwitzer über die Erhabenheit der Bergwelt unterhalten will, dann ruft man sich in Vorbereitung auf diesen Termin noch mal in Erinnerung, dass dieser Extrembergsteiger als erster Sorbe einen 8 000er bestiegen hat, im Himalaya. Vor einigen Jahren war das.

Und dann ist man natürlich neugierig, will man wissen, wenn man bei ihm daheim ist, in seinem in Sollschwitz gelegenen Häuschen, wie das denn so ist, wenn man auf einen 8 000er klettert. Ohne Sauerstoffgerät. „Wenn Sie die Strecke von Hoyerswerda nach Bautzen laufen und sich dabei ein Nasenloch zuhalten“, dann, so der Extrembergsteiger, bekomme man eine ungefähre Vorstellung, wie anstrengend es war, als er vor einigen Jahren diesen Berg erklomm. „Da kriecht man in Zeitlupe hoch, ringt man um wirklich jeden Atemzug.“ Nachts habe er in dieser großen Höhe kaum schlafen können, weil „ich befürchtete zu ersticken“, so schwer sei ihm das Atmen gefallen. Er hat diese Erinnerungen in seinem Buch, das den bezeichnenden Titel „bergbesessen“ trägt, festgehalten.

Die Psyche in Extremsituationen

Zwei Bücher hat der 59-jährige Pädagoge in den zurückliegenden Jahren geschrieben. Das erste hat er „Kopfstand“ genannt. Ein drittes sei derzeit „in Arbeit“. Aller Voraussicht nach werde er es Ende dieses Jahres vorstellen. Wie es heißen wird? Er könne nur mit dem Arbeitstitel aufwarten: „Der Berg in mir“. Im Mittelpunkt dieses Buches steht seine Psyche. Er beschreibt die inneren Kämpfe, die er auf seinen Reisen in Extremsituationen durchlebt hat.

Ja, das Verreisen. Das ist der eigentliche Anlass für diese Geschichte, weil man doch erfahren will, was jemand wie Achim Mietsch so treibt, wenn er einmal nicht durch Wüsten wandert, auf Berge klettert. Er, der er sich doch am wohlsten in der Bergwelt fühlt. Oder? Nicht nur, meint er. Mit dem Rad ein fremdes Land zu erkunden, durch Wüsten zu wandern, unbekannte Flussläufe mit dem Boot zu entdecken, das sei ebenfalls reizvoll.

Und wie ist das, wenn man nach solchen Reisen wieder nach Hause zurückkehrt? Hat die Heimat für ihn da auch so etwas Erhabenes wie der Himalaya oder die Rocky Mountains, ist sie ein Sehnsuchtsort für ihn? Respekt und Erhabenheit empfindet er auf jeden Fall für seine Heimat. Für die Lausitz, für Sollschwitz. Hier ist er zu Hause, sind seine drei Kinder aufgewachsen. Ja, die Familie. Sie ist für „mich immens wichtig“. Oft werde er ja in der Öffentlichkeit als eine Art Weltenbummler dargestellt, als jemand, der sich nur in der Fremde wohlfühlt. Sicher, diese Bezeichnung schmeichle ihm gelegentlich. Aber sie sei nicht zutreffend. Schließlich ist er nur ab und an in der Welt unterwegs.

Einmal abgesehen von seinen beiden Sabbaticals, den zwei Jahren, als er Urlaub vom Schuldienst machte und einige Bergexpeditionen unternahm. „Ich bin mit dieser Region verwurzelt, bin ein total heimatverbundener Mensch“, erzählt Achim Mietsch, der in der Sorbischen Schule in Ralbitz neben Sport und Geografie auch Gemeinschaftskunde unterrichtet. Was sich dadurch ausdrückt, dass er im dörflichen Leben fest verankert ist, dass er das gemeinschaftliche und kulturelle Leben in dem sorbischen Ort mit prägt und bei diversen Festlichkeiten auch schon mal zum Schifferklavier greift. Er sei ein geselliger Mensch, aber vor allem einer, für den die Familie absolute Priorität habe, so Achim Mietsch. Wenn er daheim ist, unterscheidet sich sein Leben nicht so sehr von dem, das man auf dem Lande gemeinhin so führt. Eigentlich gar nicht. Auf seinem an der Schwarzen Elster gelegenen Grundstück fallen die üblichen Arbeiten an, und die erledigt er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Sigrid Barthel.

Erst die Lofoten, dann Nepal

Zieht es ihn demnächst wieder hinaus in die Welt? Zuerst werde er einen ganz normalen Sommerurlaub mit seiner Partnerin verbringen, erzählt er. Die Betonung liegt auf „normal“. Es gehe nach Norwegen, auf die Lofoten. Was nicht sonderlich spektakulär klingt, oder? Seine Lebensgefährtin muss schmunzeln: „Auch normale Urlaube haben mit Achim ziemlich oft Abenteuercharakter.“

Im Herbst reist er in sein „Lieblingsland“, nach Nepal. Er hat dort Freunde, will Bekannte unterstützen, die ihr Haus nach einem verheerenden Erdbeben verloren haben. Ja, und wenn Zeit ist, will er noch ein wenig dort im Hochgebirge wandern. Und sonst? „Ich frage mich, ob ich in meinem Leben jemals nach Tibet kommen werde.“ Denn eines wisse er: Von chinesischen Begleitoffizieren werde er sich dann nicht begleiten lassen. „Ich lasse mir doch von denen nicht meine Reiseroute vorschreiben.“ Tibet ist aber keine Destination, die ihm nun schlaflose Nächte bereitet. Es ist ein Wunsch, ein Traum. Achim Mietsch ist da doch zu sehr geerdet. Wenn es nicht klappt, soll es so sein. Das Leben geht dann weiter für ihn. Und zu entdecken gibt es für den Sollschwitzer auf der Welt noch so einiges.