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„Ich bin der Morgenmacher“

VW-Sachsen-Chef Thomas Ulbrich: Dresden soll ab 2020 mit E-Auto-Baukasten fertigen.

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© Robert Michael

Von Nora Miethke

Thomas Ulbrich hat vor acht Wochen bei der Gläsernen Manufaktur in Dresden einen E-Golf bestellt. „Mir wurde gesagt, eine Lieferung sei erst im Oktober möglich. Ich hoffe, da läuft noch was“, sagt Ulbrich und schmunzelt. Er ist seit Februar Elektromobilitätsvorstand der Marke VW und seit 5. April auch Sprecher der Geschäftsführung von VW Sachsen.

Zuvor leitete der studierte Fahrzeugbauer drei Jahre lang von Shanghai aus die Produktion und Logistik an fünf Standorten in China, bevor er 2013 VW-Markenvorstand für Produktion wurde. „Ich bin froh, dass nun auch in unseren Regionen alles darauf hinzielt, die Elektromobilität zum Durchbruch zu bringen“, sagte der 51-jährige am Mittwoch bei seinem ersten Auftritt als VW-Sachsen-Chef zur Eröffnung des zweitägigen Mobilitätskongresses „Next Drive“ in Dresden, dessen Schirmherr er auch ist. „Und ich bin heute hier der Morgenmacher, der ihnen sagt, was wir tun, damit die Zukunft Realität wird“, ergänzt er.

VW will im Jahr 2025 rund eine Million rein elektrische Fahrzeuge verkaufen und damit zum Weltmarktführer in der Elektromobilität werden. Dass dieses ambitionierte Ziel erreicht wird, dafür ist Ulbrich maßgeblich verantwortlich. Er muss federführend managen, dass ab 2019/2020 insgesamt 27 Anläufe mit vier Konzernmarken in drei Regionen erfolgreich gelingen. „Das ist meine Herausforderung, die mir mein Chef mitgegeben hat“, so Ulbrich. Der Chef ist Herbert Diess, seit vergangener Woche in Personalunion Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns und der Marke VW. Teil der Herausforderung ist der planmäßige Umbau des Zwickauer Werks zu einem reinen Fertigungsstandort für Elektrofahrzeuge. Dort sollen sechs Elektromodelle der Marken VW, Seat und Audi vom Band laufen, zwei aus der Kompaktklasse und vier aus dem SUV-Segment. Geplant sind 1 500 Fahrzeuge am Tag. Die Umrüstung der ersten Maschinen und Anlagen läuft bereits und das parallel zur laufenden Produktion von Golf und Passat. Eine Milliarde Euro investiert VW in den Umbau.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor, damit sich Elektromobilität durchsetzt, ist eine effiziente Produktion. Wie schwer das ist, diese Erfahrung macht gerade Elektroauto-Pionier Elon Musk. Mit dem Model 3 will der Tesla-Chef die Elektromobilität aus der Nische in den Massenmarkt bringen. Tesla bekam über 400 000 Reservierungen für das Fahrzeug, schafft es aber nicht, die Produktion auf 5 000 Fahrzeuge pro Woche hochzufahren. Ende März waren es nur 2 000 Autos pro Woche.

„Es ist zweierlei, Autos zu bauen und einer Technologie durch Volumenproduktion zum Durchbruch zu verhelfen“, betont Produktionsspezialist Ulrich. VW setzt deshalb auf die Fertigung über den sogenannten modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB), mit dem flexibel unterschiedliche E-Modelle auf einer Fertigungslinie hergestellt werden können. Die MEB-Produktion wird stärker automatisiert sein als die bisherige Fertigung, aber nicht fast vollautomatisiert wie bei Tesla. Der hohe Automatisierungsgrad ist nun der Grund für die Produktionsschwierigkeiten. Es komme nach wie vor auf die Leistung der Mitarbeiter an, deshalb werde in Zwickau die Qualifizierung der Mitarbeiter parallel zum Umbau der Anlagen laufen, betont der neue VW-Sachsen-Chef. Auch die sächsischen Zulieferer sieht er grundsätzlich auf die Elektromobilität vorbereitet. Es gelte allerdings, die Kompetenzen für Technologien in Elektronik und Kommunikation zu stärken. „Da gibt es noch deutlich Luft nach oben“, so Ulbrich.

Auch die Gläserne Manufaktur soll im Laufe des Jahres 2020 auf die Fertigung von MEB-Fahrzeugen umstellen. Welches Modell aus der elektrischen Modellfamilie I.D. dann dort montiert wird, steht noch nicht fest. „Aber es sollte etwas Neues sein, dass wir dann ins Schaufenster bringen“, so Ulbrich. Die Gläserne Manufaktur ist für die Marke VW das Schaufenster für ihre Innovationen in der Mobilität der Zukunft. Ein Schaufenster müsse man aktuell halten, damit die Kunden sehen, was künftig auf den Markt kommt, so der neue Chef.

Er selbst wird die Gläserne Manufaktur vorläufig nur wenige Tage im Monat in Augenschein nehmen. Ulrich will vorerst überwiegend in Wolfsburg sein, um dort die Projekte voranzubringen, damit der Umstieg in Zwickau vom Verbrenner auf Stromer gelingt, und nur zwei bis drei Tage in Sachsen. Die Aufenthalte würden sich dann aber schrittweise verlängern.