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Hunderte strömen in Braunen Hirsch

Der Tag der offenen Tür in Bernstadt ist ein Riesenerfolg. Der Investor setzt auf Rückwind vor dem nächsten Treffen mit dem Landkreis.

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© Thomas Eichler

Von Gabriel Wandt

Bernstadt. Es gibt wohl kaum jemanden auf dem Eigen, der nicht seine eigene Geschichte zum Braunen Hirsch in Bernstadt erzählen könnte. Das alte Gasthaus, dessen Wurzeln immerhin auf das Jahr 1234 zurückgehen sollen, bewegt seit Jahrzehnten die Gemüter. Bis in die Mitte der 1980er Jahre wegen der vielen Veranstaltungen, die so viele bleibende Erinnerungen produziert haben. Danach wegen der Schließung und des schiefgegangenen Neubaus. Und seit 2011 wegen der neuen Hoffnung, die die Stöcker Hotel GmbH verbreitet: Der Braune Hirsch soll wieder öffnen. Kräftig wurde gebaut, es tat sich endlich etwas in der hässlichen Bauruine, die den Markt so lange so verschandelt hatte.

Bilder vom Braunen Hirsch

Der Eingang zum Braunen Hirsch.
Der Eingang zum Braunen Hirsch.
Die Hinteransicht.
Die Hinteransicht.
Der Eingangs- und Gaststättenbereich.
Der Eingangs- und Gaststättenbereich.
Blick auf eine Terrasse.
Blick auf eine Terrasse.
Die Ausstellung zur Historie.
Die Ausstellung zur Historie.
Detail an einem altem Geschirr.
Detail an einem altem Geschirr.
Alte Werbung.
Alte Werbung.
Gang durch die Räume.
Gang durch die Räume.
Ex-Bürgermeister Gunter Lange mit der originalen alten Nachtglocke.
Ex-Bürgermeister Gunter Lange mit der originalen alten Nachtglocke.
Im Keller an der Kegel- und Bowlingbahn.
Im Keller an der Kegel- und Bowlingbahn.

Doch dann kamen die Querelen: Es gab einen Baustopp, weil die Fassade nicht den Vorgaben entsprach. Der Investor musste Strafe zahlen. Das ist vom Tisch, doch nun gibt es weitere Probleme: Die Zahl der Parkplätze reicht nicht aus, vom geplanten Hotel- und Gaststättenbetrieb geht nach den vorgelegten Planungen zu viel Lärm aus. Daher verweigert das Bauaufsichtsamt des Landkreises die Zustimmung zum Weiterbauen. All diesen Ärger, der sich angestaut hat, erzählt Planer Stefan Gläsel den Bernstädtern – und es sind viele gekommen, um in den Braunen Hirsch zu blicken und Gläsel zuzuhören. Sie alle eint eine Überzeugung: Planer und Investor tun genau das Richtige, um etwas für Bernstadt zu bewegen. Eine Gaststätte mit 66 Plätzen soll entstehen, ein Hotel mit 73 Betten, ein großer Saal mit 364 Quadratmetern. Dazu Räume für Feiern und Veranstaltungen, derzeit genannt Hochzeitsraum und Stadtratszimmer. Nach hinten raus soll es eine Terrasse als Biergarten geben.

Der Clou des Konzepts folgt im Kellergeschoss: Dort sind bereits eine Bowling- und Kegelbahn in Turnierlänge sowie ein Wellnessbereich mit einem sieben mal 14 Meter großen Schwimmbecken, mit Trocken- und Dampfsauna und Abkühlbecken zu erahnen. Das Schwimmbad soll öffentlich zugänglich werden, sagt Gläsel. „Wir bauen doch hier nichts Elitäres. Das ist etwas für Bernstadt!“ Kinder sollen hier schon frühzeitig schwimmen lernen können, sagt er. Rentner könnten hier therapeutische Übungen machen – und müssten nicht mehr durch den halben Landkreis dafür fahren.

Seine Zuhörer sind begeistert. Sie nicken, und können nicht verstehen, warum das Bauaufsichtsamt des Landkreises auf den Zahlen beharrt. 58 Dezibel laut sei der geplante Betrieb, führt Gläsel aus. 60 Dezibel maximale Lautstärke erlaubt die Stadt Bernstadt in ihrem Flächennutzungsplan. Doch der sei nicht stimmig, wurde der Hotel GmbH mitgeteilt. Weil es in Bernstadt keine lauten Gewerke wie Tischler oder Schlosser mehr gebe, könne nicht mehr von einem sogenannten Mischgebiet gesprochen werden, das diese Dezibelzahl rechtfertige. Heute müsse man am Bernstädter Markt von einem reinen Wohngebiet ausgehen. Dort seien nur 50 Dezibel erlaubt. Und damit seien die Pläne nicht genehmigungsfähig. Der Landkreis habe den Investoren ein Angebot gemacht: Nur die unteren Bereiche fertigstellen, nur die Gaststätte in kleinem Rahmen öffnen, dann sei eine Genehmigung vorstellbar. Der große Veranstaltungssaal im Obergeschoss aber wäre dann Geschichte. Gläsel erklärt, dann dürften abends keine Gäste mehr draußen sitzen, dürfte nur eine begrenzte Zahl von Gästen bewirtet werden und anderes mehr. Das funktioniere nicht. Ein Betreiber, der das Objekt einmal führen soll, müsse auch etwas verdienen. Und dafür brauche man die Familienfeiern, die Geld in die Kasse brächten.

Die Bernstädter, die zu Hunderten in die ruhende Baustelle geströmt sind – allein bis Freitagmittag waren es rund 300 – schütteln die Köpfe. „Wir haben hier geheiratet“, erzählt eine Rentnerin aufgebracht. „Wir waren hier zum Tanz, das war unsere Jugend.“ Der Hirsch, das war bis in die 1980er Jahre hinein der Anlaufpunkt schlechthin auf dem Eigen. Zur großen Bernstädter 750-Jahrfeier 1984 war sie zum letzten Mal in dem Gebäude, erinnert sich die Bernstädterin mit Wehmut. Jetzt sei die Chance zum Greifen nah, dass der Hirsch wieder öffne. Da dürfe es doch nicht sein, dass Behörden dies stoppen. Sie selbst fahre regelmäßig bis nach Großschönau zum Schwimmen. Wie wunderbar wäre es da, es gäbe in Bernstadt dieses Schwimmbad.

Doch wann dort wieder gefeiert werden kann, bleibt vorerst offen. Um den Rückhalt in der Bevölkerung zu dokumentieren, läuft inzwischen eine Unterschriftenaktion. Bis 10. Dezember ist sie geplant. Schon diesen Montag gibt es beim Bürgermeister ein Gespräch mit dem Landkreis, informiert Gläsel. Dann soll darüber gesprochen werden, wie sich der Konflikt lösen lässt. Ob er Anzeichen sehe, dass sich am Montag etwas bewegen könne? Der Planer zuckt mit den Schultern, und die Zuhörer hoffen auf den Druck der Öffentlichkeit, damit es weitergeht mit ihrem Braunen Hirsch. Die Fassade strahlt neu auf den ebenfalls aufgehübschten Markt. Der ist übrigens nach wie vor mit Pflaster statt Asphalt belegt. Das erzeuge Lärm in Höhe von 70 Dezibel, sagt Planer Gläsel. Warum sei das erlaubt, die 58 Dezibel des Hirschs aber nicht? Das kommt als einfache Frage daher, die auf eine scheinbar allzu komplizierte Wirklichkeit zielt. Ob sie tatsächlich so einfach ist? Seine Zuhörer wissen darauf jedenfalls keine Erklärung. Sie wollen nur eins: Endlich wieder feiern in ihrem Ersten Haus am Platz, so wie früher.