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Hundert Tornado-Fälle am Tag

Versicherungsfachfrau Melitta Herzog gibt ihr Allianz-Büro ab. Was bleibt, sind Erinnerungen auch an Tage des Schocks.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Feuer, Wasser, Sturm und Hagel – damit kennt sich Melitta Herzog aus. Ein Versicherungsprofi wie sie hat immer mal mit Elementarschäden zu tun. Aber so elementar, wie es die Allianz-Generalvertreterin 2010 zu Pfingsten in Großenhain erlebte, war es in ihren ganzen 25 Jahren Dienstjahren nicht. Jetzt, wo Melitta Herzog in Rente geht und ihr Büro abgibt, denkt sie noch einmal daran zurück.

„Als wir damals wegen des Tornados unseren Urlaub abbrachen, standen die Leute schon Schlange vor meinem Büro“, erinnert sich die Großenhainerin. Über 20 Millionen Euro Schäden an Gebäuden und Fahrzeugen hatte sie zu bearbeiten. Ein Großteil davon im zerstörten Kleinthiemig, aber auch auf dem Kupferberg und am Flugplatz. „Ich bin abends noch selbst aufs Dorf gefahren, um die Leute zu beruhigen und moralische Unterstützung zu geben“, blickt die Versicherungsfachfrau zurück. Sie zog als Regulierer mit einem Bauingenieur und einem Sachverständigen als „Stoßgrupp“ vor Ort, um alle Schäden aufzunehmen. Die Allianz stellte auch einen Handwerkerservice. „Es folgten Kostenangebote, Fotos und Rechnungen“, so Melitta Herzog. Ihre größte Aufgabe war, alles zusammenzuhalten. „Ich hatte ein gutes System, jeder Kunde bekam seine eigene Akte, alles wurde akribisch aufgeschrieben.“ Anders hätte die Allianz-Frau die rund 100 Fälle pro Tag auch nicht bewältigen können. „Das war für uns alle damals ein Schock, zwei Häuser mussten komplett abgerissen werden“, weiß sie noch.

Fundierte Ausbildung als Grundlage

Melitta Herzog hat für ihre Kunden gekämpft. Mit ihrer fundierten Ausbildung konnte sie das auch. „Ich hatte schon in der DDR-Zeit beim Rat des Kreises mit Versicherungen zu tun“, sagt die studierte Ökonomin für Arbeitssicherheit. Mittlerweile ist sie die dienstälteste und erfahrenste Allianz-Vertreterin unter den sieben Büros, die es in der Stadt gibt. Schon im Oktober 1991 hatte sie ihre eigene Agentur im Großenhainer Osten aufgemacht. Doch anfangs hatte sie nicht mal Telefon. „Ich bin immer zum Münzfernsprecher gegangen, um ein Mal pro Woche mit dem Innendienst in Dresden zu telefonieren“, erinnert sie sich. Dann bekam sie wenigstens ein Autotelefon, und ab 1992 kam der Computer. Damals war sie 40 Jahre alt und traute sich die Umstellung durchaus noch zu.

Von privaten Hausrat- und Haftpflichtversicherungen bis zu Firmenpolicen bietet Melitta Herzog die ganze Bandbreite an. „Vor 15, 20 Jahren gab es mehr Leute ohne Versicherung“, weiß die Beraterin. Bei Fahrzeugen ist die Zulassung heute daran gekoppelt, es gibt schärfere Bestimmungen, sagt sie.

Schon papierlose Agentur

Und noch was hat sich geändert: Die Digitalisierung ist in der Versicherungsbranche weit vorangeschritten. „Wir sind schon eine papierlose Agentur“, versichert Melitta Herzog. Zwar gibt es noch Belege, aber alles werde elektronisch verarbeitet. „Wir haben keinen Postlauf mehr, heute arbeiten wir mit E-Mail und Handyfotos.“ Vor diesem Umlernen hat sich die Fast-Rentnerin nie gescheut. „Die Arbeit hat mir Spaß gemacht“, sagt sie. Weil sie immer gern mit Menschen gearbeitet hat. Und weil der Garten, Sport und Fitness für sie guter Ausgleich waren. Und das Verreisen natürlich.

Nun wird Melitta Herzog am 3. März 65 Jahre alt, am 15. März zieht das Büro um auf die Meißner Straße 64. Denn Martin Bochmann aus Großdobritz wird die Agentur dort am 1. April übernehmen. Bochmann ist seit 2002 bei der Allianz und war bislang in Meißen angestellt. „Seit vier Jahren betreue ich den Außendienst“, sagt der 34-Jährige. Mit der Übernahme der Generalvertretung wechselt er in die Selbstständigkeit. Doch das macht ihm nichts aus, denn er weiß, dass er ein wohlsortiertes System übernimmt – und Innendienstlerin Sigrid Ziller als erfahrene Fachkraft dazu.

Ab 1. April Meißner Straße 64, Tel. 62190