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Hundehalter fürchten Giftköder in der Heide

Im Wald und im Wohngebiet an der Jungen Heide soll Rattengift sein. Anwohner sehen Kinder und Hunde in Gefahr.

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Von Rafael Barth

Carmen Neumann bekam einen Schreck, als ihre Dogge Lotte unter Schüttelkrämpfen litt. Die Hündin hatte blutigen Durchfall und musste brechen. „Ich musste ständig mit ihr nach draußen, auch in der Nacht“, erzählt Carmen Neumann. Kurz zuvor hatte die dreijährige Bordeaux-Dogge etwas ins Maul genommen und wieder ausgespuckt. War das vielleicht Gift?

Diese Vermutung nähren Hinweisschreiben in Klarsichtfolie; sie hängen an Straßenlaternen und Zäunen in Trachau. Aushänge findet man etwa an der Neuländer Straße, an die auch ein Spielplatz grenzt. Auf dem Sternweg sind viele Hundebesitzer unterwegs zur Jungen Heide. Hundebesitzer wie die 48-jährige Carmen Neumann.

Unter dem Titel „Warnung“ schreibt ein anonymer Autor, dass im Wald und im Wohngebiet „vermutlich Giftköder mit einer Form von Rattengift ausgelegt werden“. Der oder die Unbekannte mahnt zur Vorsicht: „Bitte passen Sie vermehrt auf Ihre Kinder und Haustiere auf.“

Ob die Erkrankung der Dogge durch Rattengift verursacht wurde, ist unklar. Unter den Hundebesitzern von Trachau kursieren jedoch Gerüchte. Von einem Hundehasser ist die Rede, der Angst verbreiten wolle. Jemand, der freilaufende Hunde verabscheut oder deren Hinterlassenschaften. Hundehalterin Neuman lässt ihre Lotte jedenfalls nicht mehr so oft frei laufen.

Das Warnschreiben selbst ist dubios. Es hat mehrere Rechtschreibfehler. Obwohl der Verfasser aus der Ich-Perspektive schreibt, gibt er oder sie sich nicht zu erkennen. Kein Name, keine Kontaktmöglichkeit. Besonders auffällig ist das Textende, wo es heißt: „Alle zuständigen Behörden sind informiert.“ Diese Aussage ist nach SZ-Recherchen falsch.

Laut Rathaussprecherin Anke Hoffmann ist den städtischen Ämtern nicht bekannt, dass Giftköder ausgelegt wurden. Die Behörden seien von niemandem informiert worden. Ebenso wenig von Rattengift gehört haben Sören Burghardt vom Jagdverband Dresden oder Manuela Sägner vom Tierschutzverein. Tierärztin Astrid Ritter, die eine Praxis an der Leipziger Straße führt, hat zwar jüngst einen großen Hund behandelt, der Durchfall hatte und erbrach. Ob es Gift war, könne sie jedoch „nicht mit Bestimmtheit sagen“. Sie sei keine Toxikologin. Die Blutwerte des Hundes seien in Ordnung gewesen.

Der Großteil der Jungen Heide gehört dem Freistaat Sachsen. Doch Heiko Müller, Leiter des Staatsforstbetriebs im Forstbezirk Dresden, erfährt erst durch die SZ von der Giftwarnung. Die Förster hätten keinesfalls Rattenköder ausgelegt; Gift einzusetzen sei ihnen seit zehn Jahren verboten. Privatpersonen machten sich strafbar, wenn sie auf Grundstücken von anderen Gift verbreiteten, sagt Heiko Müller. Er rät besorgten Menschen, ihre Hunde an der Leine zu führen, um sie stärker unter Kontrolle zu haben. Eltern sollten aufpassen, dass Kinder nicht unbeaufsichtigt spielten und Finger in den Mund steckten.

Doch so ganz glaubt Heiko Müller dem Warnhinweis nicht. „Ich halte die Wahrscheinlichkeit für größer, dass es sich um einen Bluff handelt.“