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Hunde an die Leine?

Leinenpflicht gilt in vielen Gebieten in Dresden. Womöglich bald auch im Seidel-Park und an weiteren Stellen. Ein Pro und Kontra.

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© Christian Juppe

Von Julia Vollmer und Sarah Grundmann

Eigentlich mochte er Hunde immer. Doch seit der damals dreijährige Sohn von Thia-Li Feldmann von einem Labrador angesprungen wurde, hat er große Angst, erzählt sie. Sie kommt fast jeden Tag mit ihren zwei Kindern in den Herrmann-Seidel-Park in Striesen. Auch, nachdem sie schlechte Erfahrungen gemacht hat. Für sie würde eine Leinenpflicht mehr Sicherheit bedeuten. „Unangeleinte Hunde stören mich. Obwohl Hunde am Spielplatz verboten sind, kommen sie trotzdem her.“

Die Stadt hat auf die Beschwerden von Eltern, Tagesmüttern und Anwohnern reagiert und schlägt in einer Vorlage einen Leinenzwang für die Grünanlage vor.

Was in Striesen diskutiert wird, gilt in anderen Gebieten schon seit Jahren. Der Stadtrat beschloss 2000 die Einführung der Leinenpflicht für Hunde in der Altstadt rund um den Hauptbahnhof, Lennéstraße und Güntzstraße über die Sachsenallee bis zum Terrassenufer. Auch in der Neustadt von der Stauffenbergallee, über das Hechtviertel bis zu den Gebieten um die Marienbrücke und der Albertbrücke gilt sie. Zusätzlich steht der Leinenzwang generell bei großen Menschenansammlungen in der Polizeiverordnung.

Die Zahl der Verstöße dagegen nahmen in den letzten beiden Jahren zu. Erwischte das Ordnungsamt 2015 noch 68 nicht angeleinte Hunde,waren es bis Ende Juni dieses Jahres schon 86. Wer seinen Vierbeiner in Verbotszonen frei laufen lässt, muss ein Bußgeld zwischen 5 und 55 Euro zahlen.

In der Neustadt hat man mit dem Gebot bisher hauptsächlich gute Erfahrungen gemacht – auch im Alaunpark. „Ich halte den Leinenzwang dort für richtig“, schätzt Ortsamtsleiter André Barth ein. Schließlich sei die Parkanlage häufig voll, unter den Besuchern auch viele Kinder. Es werde Fußball gespielt und gegrillt – Dinge, auf die Hunde unter Umständen reagieren. „Mit dem Leinenzwang lassen sich Konflikte vermeiden, die unter Umständen entstehen könnten“, sagt der Ortsamtsleiter. „Und die Hinterlassenschaften lassen sich auch besser zuordnen.“ Beschwerden über Verstöße gegen den Leinenzwang gehen bei Barth nur äußerst selten ein. Andersrum beklagen sich die Hundehalter auch nicht darüber, dass ihr Vierbeiner nicht frei laufen darf.

Im Großen Garten, im Zwinger und im Schlosspark Pillnitz gilt ebenfalls Leinenzwang. Alle Anlagen gehören zum Betrieb Schlösser und Gärten, der in seiner Parkordnung neben der Leinenpflicht auch das Badeverbot von Hunden in den Teichen verankert hat. „Wir beobachten, dass dies nicht immer eingehalten wird. Dies komplett und flächendeckend zu sanktionieren, ist kaum umsetzbar“, so Sprecher Uli Kretzschmar. Die Besucher würden sich in den Anlagen aber im Großen und Ganzen verantwortungsvoll verhalten.

Neben den Grünanlagen und Straßen könnte sich die Leinenpflicht bald auch auf die Haltestellen der Dresdner Verkehrsbetriebe ausweiten. Das schlägt die Stadtverwaltung im aktuellen Entwurf zur neuen Polizeiverordnung vor. Voraussichtlich im Herbst wird diese im Stadtrat debattiert. Anja Ehrhardt, Sprecherin der Verkehrsbetriebe (DVB), befürwortet die Pflicht zur Leine an den Haltepunkten. „Das ist ganz in unserem Sinne, denn das gilt ja ohnehin schon in all unseren Fahrzeugen.“ In Bus und Bahn gilt auch eine Maulkorbpflicht für alle großen Vierbeiner. Laut DVB-Definition sind die Hunde „groß“ , wenn sie von Herrchen oder Frauchen nicht auf den Arm genommen werden können. Einen Schwerpunkt bilden Vorfälle mit Hunden ohne Leine aber nicht, so Ehrhardt.

Etwas passieren müsse dagegen im Hermann-Seidel-Park in Striesen, fordert CDU-Stadtrat Steffen Kaden. Der Vorschlag der Verwaltung, die Leinenpflicht einzuführen, sei ein richtiger Schritt. Auch Grünen-Fraktionschef Thomas Löser ist für die Leinenpflicht im Park genauso wie Christian Kreß vom SPD-Ortsverein Striesen. FDP-Chef Holger Zastrow will die Lage am Seidel-park prüfen, ist aber gegen stadtweiten, generellen Leinenzwang.

Die Striesenerin Isabel Matthes, selbst Hundebesitzerin will eine Petition starten, um gegen die Pflicht zum Anleinen zu protestieren. (mit ash)

SZ-Redakteurin Sarah Grundmann meint ...

Pro:Führerschein für Herrchen!

Leinenzwang ist Tierquälerei. Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Auf Straßen im Innenstadtbereich macht es durchaus Sinn, seinen Vierbeiner an die Leine zu legen. Doch wenn Hunde nicht mal mehr in Parkanlagen ein bisschen Auslauf genießen dürfen, wo sollen die Herrchen in der Großstadt dann mit ihnen hin? Ich will die Ängste und Sorgen einiger Leute – vor allem von Eltern – keinesfalls kleinreden. Hin und wieder gibt es grausige Zwischenfälle. Doch wenn etwas passiert, ist es in den seltensten Fällen die Schuld des Hundes. Deshalb sollten die Vierbeiner auch nicht dafür bestraft werden. Statt Leinenzwang für Hunde fordere ich: Herrchen an die Leine!

Es kann doch nicht sein, dass jeder, der mal was zum Kuscheln zu Hause haben möchte, sich einen Hund anschaffen darf; aber nicht in der Lage ist, diesen auch entsprechend zu erziehen. Die Aufnahme der Vierbeiner sollte viel strenger überwacht werden. Warum nicht eine verpflichtende Prüfung für zukünftige Hundehalter einführen? Und auch die besorgten Eltern müssen sich teilweise an die eigene Nase fassen. Den korrekten Umgang mit Hunden bringen viele ihren Kindern nämlich nicht bei. Wir wollen doch auch nicht, dass uns jemand unvermittelt auf uns zukommt und streichelt. Wenn die Erziehung auf beiden Seiten stimmt, ist Leinenzwang überflüssig.

SZ-Redakteurin Julia Vollmer meint ...

Kontra:Kinder schützen!

Sicher, Hunde brauchen viel Auslauf und Bewegung. Und diese sollen sie auch bekommen, aber bitte nicht dort, wo Kinder spielen. In Parks und in der Nähe von Spielplätzen gehören die Vierbeiner an die Leine. Wie schnell kann aus einem „Der will doch nur spielen“ eine gefährliche Situation für Kinder entstehen. Es passiert leider immer wieder, dass Hunde Menschen verletzen oder sie so erschrecken, dass sie mit Angst vor Tieren aufwachsen.

Die meisten Hunde sind gut erzogen und könnten eigentlich bedenkenlos ohne Leine laufen gelassen werden. Aber gerade die Kombination aus spielenden Kindern, die gefährliche Situationen noch gar nicht einschätzen können und Tieren, die sich nie hundertprozentig berechnen lassen, kann brenzlig werden. Eltern, Hundebesitzer und Stadt sind hier gleichermaßen gefragt.

Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner in der Nähe von Kindern anleinen. Es schränkt zwar deren Bewegung ein, aber es tut ihnen nicht weh. Aber auch Eltern müssen ihre Kinder aufklären. Immer wieder provozieren schlecht erzogene Mädchen und Jungen die Tiere so lange, bis diese sich wehren. Eine Lösung könnte sein, dass die Stadt spezielle Parks und Grünflächen für Hunde einrichtet. Ohne Spielplätze, sondern nur für Bello und Co., wo diese ohne Einschränkungen unbeschwert toben können.