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Hund von Wildschweinen angegriffen

Im Dresdner Osten gibt es viel Schwarzwild. Hundebesitzer müssen besonders aufpassen. Ein Angriff kann tödlich enden.

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© Maximilian Helm

Von Kenny Langer und Annechristin Bonß

Diese Gassi-Runde wird Sabrina Krause so schnell nicht vergessen. Vor wenigen Wochen war sie mit ihrem Labrador Kyros in einem Leubener Waldgebiet unterwegs. Es ist ein entspannter, ruhiger Abend. Kyros pirscht in einigem Abstand auf dem matschigen, schmalen Weg hinter ihr her. Plötzlich verschwindet er in einem Gebüsch. Er bellt. Ruhe. Wieder bellt er, diesmal anders als sonst, lauter, irgendwie fremdartig. Dann bleibt es still.

Noch immer ist die 30-Jährige geschockt von dem Erlebnis. Sie findet den Labrador blutverschmiert in dem Gebüsch. Im Bauch hat das Tier eine tiefe Bisswunde. In der Ferne sieht die junge Frau fünf Wildschweine. Wahrscheinlich hat eins der Tiere Kyros verletzt. Beim Tierarzt zeigt sich das Ausmaß der Verletzungen. Die Bisswunde muss genäht werden. Kyros bekommt Antibiotika und Schmerzmittel.

So wie Sabrina Krause haben viele Dresdner in den vergangenen Wochen unliebsame Begegnung mit Wildschweinen gemacht. Die konnten sich in den vergangenen milden Wintern extrem vermehren. Teilweise haben die Bachen zwei Mal pro Winter Nachwuchs bekommen. Nun suchen die vielen Tiere aber nach Futter und finden dieses auch in den Wohngebieten. Gärten und Wiesen werden durchwühlt, Felder mit der Schnauze umgebuddelt. In diesem Winter gibt es wegen der strengen Temperaturen wieder weniger Frischlinge.

Besonders betroffen von der Plage sind die Ortschaften an der Autobahn im Dresdner Westen sowie Meußlitz (die SZ berichtete). Im Dresdner Osten ist das Schwarzwild bei Niedrigwasser der Elbe von Pillnitz nach Kleinzschachwitz gewechselt, teilt Stadtsprecherin Diana Petters mit. Dort finden die Tiere viele Verstecke, auch in Waldstücken so wie am Lockwitzbachweg, wo Sabrina Krause unterwegs war. Eine Fläche zwischen Wilhelm-Weidling-Straße und Struppener Straße ist ebenfalls betroffen. Hier wird derzeit aufgeforstet. Zwischen den Bäumchen wuchern Brombeerhecken. Dort verstecken sich die Schweine gern. An den Dornen kratzen sie ihr Fell.

Auf Entschädigung hoffen brauchen Betroffene nicht. Auch Sabrina Krause hat sich mit ihrer Tierarztrechnung an die Stadt und den örtlichen Jäger gewandt. Die sind jedoch nicht zuständig. Das Ordnungsamt teilte ihr mit, dass es sich bei dem Unfall um höhere Gewalt handelt, ähnlich einem Blitzeinschlag. Eine Entschädigung vom Jäger gibt es nur, wenn der Schaden auf einer Fläche passiert, auf der auch gejagt und geschossen werden darf. Das Wäldchen am Lockwitzbachweg befindet sich in einer Wohnsiedlung. Hier darf nur in Ausnahmefällen geschossen werden.

Leubens Ortsamtsleiter bestätigt, dass auch dieser Wald als Gebiet für Wildschweine bekannt ist. In einigen Abschnitten dürfe sogar gejagt werden, in anderen wiederum nicht. Und durchaus nicht alle Anwohner sind für die Jagd der Tiere. Wann es welche Genehmigungen zur Jagd dort gegeben hat, kann die Stadt derzeit nicht mitteilen. Jedoch läuft ein Jäger nun Patrouille durch Meußlitz. Er will erkennen, wo sich die Wildschweine aufhalten und welche Laufwege sie benutzen.

Dabei sind mitunter auch die Anwohner selbst Schuld an der zunehmenden Population. „Die Leute entsorgen am Stadtrand ihren Biomüll, und es liegen Kohlköpfe im Wald“, schreibt etwa Tini Anderssohn im sozialen Netzwerk Facebook. „Bei uns füttern viele am Waldspielplatz in Klotzsche, da liegen Äpfel, Möhren, Abfälle, es wird Vogelfutter aufgehangen aber nichts wird weggeräumt von den Resten. Rings um den Spielplatz ist es aufgewühlt, die Schweine sind hier quasi zu Hause“, ergänzt Leserin Jenny Hieke.

Der Tiertrainer Alex Reichert rät, die Hunde an der Leine zu führen, besonders wenn die einen ausgeprägten Jagdtrieb haben. In einem Kurs für die Volkshochschule lehrt er, wie Erste Hilfe bei Haustieren funktioniert. Reichert kennt das Problem mit den Wildschweinen, auch vom Zugang zur Dresdner Heide am Weißen Hirsch. Der Experte sieht die Hundebesitzer in der Pflicht. „Wenn man einen Jagdhund hat, muss man halt jagdhundentsprechend arbeiten“, sagt der Experte. Dazu gehört auch das Training, dass der Hund zurückkommt, wenn er gerufen wird. Auch wenn die Verlockung gerade groß ist. „Hunde erkennen die Gefahr meist nicht“, sagt Reichert. Zudem sollten Hundebesitzer auf den Wegen bleiben sowie aufmerksam auf die Umgebung und das eigene Tier achten.

Sabrina Krause ist nun vorsichtiger, wenn sie mit Kyros unterwegs ist. „Die Bürger sollten besser über das Wild im Wohngebiet aufgeklärt werden“, sagt sie. Zudem wünscht sie sich Hinweisschilder „Achtung Wildschweine“. Kyros hat Glück gehabt. „Hätten die Wildschweine die Lunge durchbohrt, wäre ich mit ihm nicht mehr beim Tierarzt angekommen“, sagt sie.