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Hotel mit Vogel-Faktor

Das ehemalige Vorwerk an der Nassau ist heute ein beliebtes Ausflugshotel. Seit 25 Jahren trotzt der Familienbetrieb jeder Krise.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Wer Gast im Hotel Landhaus Nassau ist, sollte sich nicht wundern, wenn vor dem Eingang ein deutlich zu vernehmendes „Na du“ oder „Hallo“ durch die Luft tönt. In der Regel stammt es nicht von einem Spaßvogel, der sich aus einem Versteck einen Schabernack erlaubt, sondern von einem echten Vogel. Denn Graupapagei Rudi begrüßt die Gäste am liebsten auf diese Weise. Er ist einer von mehreren gefiederten Unikaten, die die Voliere vor dem Landhotel bewohnen. „In einem dahinter liegenden Zwinger haben wir auch noch Fasane und Wildenten. Das ist unser kleiner Vogel-Spielplatz“, sagt der 51-jährige Gerhard Langner, Chef des Hotels und Restaurants am Nassauweg 1 sowie des unweit gelegenen Hotels Deutsches Haus. Um das Wohlergehen der Vögel kümmert sich sein ein Jahr älterer Bruder.

Gerhard Langner ist für den Internetauftritt der beiden Hotels zuständig, betreibt außerdem die Website „Fair-Preis-Hotels“, auf der knapp 30 familiengeführte Landhotels in ganz Deutschland vorgestellt werden. „Ich habe 2000 eine Schulung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik gemacht, komme seit dem im Internet ganz gut zurecht und betreibe mehrere Seiten hobbymäßig“, sagt der gelernte Kfz-Schlosser, der auch ein Studium in Gesellschaftswissenschaften absolviert hat. Kurz nach der Wende hatte er im Landschaftsschutzgebiet an der Nassau das erste neu gebaute Hotel mit Gaststätte in der Region eröffnet. In dem historischen Anwesen am Stadtrand lebten Langners Eltern, zwei Geschwister und er ab 1970.

20 Stellplätze für Wohnmobile

Das ehemalige Vorwerk in der Nassau hatte sich bis zum Kriegsende im Besitz der Familie des Prinzen zur Lippe befunden, in den Jahren bis 1947 wurde es im Rahmen der Bodenreform auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration enteignet. 1970 übernahm Langners Vater Otto mit seiner Frau das Anwesen in einem katastrophalen baulichen und technischen Zustand. „Meine Eltern, mein Bruder, mein Schwager und ich haben nach der Wende eine Terrasse, einen großzügigen Parkplatz, Wohnwagen-Stellplatz, einen Kinderspielplatz, die Exotenvolieren und eine eigene Zubringer-Straße in Eigeninitiative errichtet und den Familienbetrieb fortgeführt“, erzählt der dreifache Familienvater, der mit seiner Frau und dem elf Jahre alten Sohn im Wohnbereich des Hotelkomplexes zu Hause ist. 2007 ist er auch rechtlich Besitzer des Landhauses, bis dahin gehörte es seiner Mutter.

Heute hat sich sein Hotel zu einem beliebten Startpunkt für Wochenendausflügler nach Meißen und in die Umgebung entwickelt. Außerdem kommen regelmäßig Wohnmobilfahrer, nutzen einen der 20 Stellplätze und essen im gemütlichen Restaurant des Landhotels. Das Drei-Sterne-Haus mit insgesamt 29 Betten, das in diesem Jahr schon 25 Jahre existiert, wartet mit einer Vielzahl an Angeboten zu saisonalen Tourismus- und Feiertagsarrangements, Eventgestaltung und Tagungsmöglichkeiten auf. Um den reibungslosen Ablauf kümmern sich neben Langner, seinem Bruder und Schwager, noch zwei Köchinnen und je nach Saison einige Teilzeitangestellte.

„Wir sind stolz, dass wir den ganzen Betrieb mehr oder weniger zu fünft stemmen“, sagt Gerhard Langner. Anders könnte das Hotel kaum überleben. „Auch wenn unsere Auslastung nicht schlechter als der Durchschnitt im Raum Meißen ist, könnten wir uns mehr Personal nicht leisten. Wir leben größtenteils von Kurzaufenthalten. Was uns fehlt, sind Handwerker oder Monteure, die in der Woche Hotelzimmer benötigen. Das hat es vielleicht früher gegeben, heute leider nicht mehr“, gibt Langner zu.

Trotzdem will er zum 25-Jährigen klotzen, anstatt zu kleckern. So wird es ab sofort im mit bis zu 80 Plätzen ausgestatteten Restaurant ein spezielles Jubiläums-Menü bestehend aus drei Gängen zum kleinen Preis geben. Außerdem will sich Langner für mehr und bessere Wegweiser zu seinem Hotel stark machen – gerade jetzt während der Bauarbeiten an der S 80 in Niederau. „Dafür wünsche ich mir ein bisschen mehr Entgegenkommen von der Stadtverwaltung“, so Langner, der um ein deutliches Wort nie verlegen ist.

Manchmal, sagt er, würde er mit seiner geradlinigen Art auch anecken. Aber das störe ihn nicht. Und seine Gäste ebenso wenig. Schließlich sind Fleiß, Ehrgeiz und Ehrlichkeit die wichtigsten Zutaten dafür, dass sich seine Hotels so lange gehalten haben. „Und vielleicht die Vögel“, sagt Langner augenzwinkernd, während im Hof der nächste „Na du“-Ruf von Rudi zu hören ist.