Merken

Hotel im Dornröschenschlaf

Im März wurde der Reichenbacher Hof samt Anwesen versteigert. Seitdem wächst er zu. Doch hinter den Kulissen scheint sich etwas zu rühren.

Teilen
Folgen
© Constanze Junghanß

Von Constanze Junghanß

Reichenbach. Beim ehemaligen Ringhotel steht die Zeit still. Wie ein „Lost Place“ – also ein vergessener Ort – sieht es aus. Gäste übernachten hier schon lange nicht mehr. In den letzten Jahren gab es jede Menge Hick-hack um das imposante Gebäude neben dem Freibad unweit der Bundesstraße 6. Mehrere Zwangsversteigerungen scheiterten an der Höhe der Gebote, obwohl es Kaufinteressenten gab. Interesse zeigte unter anderem der Görlitzer Hotelier Burkhard Kämmerer, der im Jahr 2015 ein Angebot abgab und auch 2016 beim Versteigerungstermin mit dabei war. Den Zuschlag erhielt er nicht. Das wurde in Reichenbach bedauert, da mit Kämmerer ein Mann vom Fach erhofft worden war.

Die BAG Bankaktiengesellschaft hatte bei den zurückliegenden Versteigerungsterminen mit mindestens 100000 Euro für das ehemalige Ringhotel in Reichenbach gerechnet. Die Summe wurde nicht erreicht. Im März dieses Jahres fiel dann der Hammer. Für 120000 Euro wurde der Reichenbacher Hof samt Zubehör und Nebengebäuden am Amtsgericht Görlitz versteigert. Der Käufer und neue Eigentümer ist der Ungar Ferenc Ivancsik, der in Niedersachsen im Dezember 2015 die „Ivancsik Verwaltungs UG“ gegründet hatte. Das Stammkapital der UG wird bei Internet-Handelsregistern und Firmenplattformen mit 250 Euro angegeben und ist beim Amtsgericht Göttingen eingetragen.

Seitdem befürchten die Reichenbacher, dass eines der ehemaligen Aushängeschilder der Stadt langsam, aber sicher zur Investitionsruine verkommt. Bereits der Voreigentümer konnte das Hotel nicht halten. Der Geschäftsbetrieb wurde eingestellt, es folgte eine Zwangsversteigerungs-Odyssee, bei der immer wieder kein Zuschlag erteilt werden konnte. Bevor im Frühjahr der Eigentümer wechselte, hatten bereits drei Bieter insgesamt zehn Angebote abgegeben. Vier wurden vom Gericht nicht zugelassen, da notwendige Nachweise fehlten.

Die Hoffnung, dass sich bald etwas ändert und wieder Leben in die Mauern einzieht, war kurz nach dem Verkauf noch groß. Doch sie wich die Skepsis. Denn nichts ist bisher passiert. Das Anwesen befindet sich weiterhin im Dornröschenschlaf. Selbst die Fauna spielt da mit. Aus der Eingangstreppe wachsen neben Brennnesseln mittlerweile sogar junge Bäume. Der kleine Park ist zu einem fast undurchdringlichen Dschungel geworden. Dazwischen fristet eine einsame Statue, die kaum noch zu sehen ist, ihr Dasein. Freitreppe und Terrasse bröckeln, ein verwaschenes Plakat bezeugt die vermutlich letzte Veranstaltung: ein Trödelmarkt. Im drastischen Gegensatz dazu die unbewegten Gardinen, Sessel hinter einem Fenster versteckt oder die ehemalige Speisekarte an der Fassade sind zu entdecken – so, als wären im Innenbereich vergangene Zeiten konserviert worden.

Kurzfristig erreichbar ist der neue Eigentümer für die SZ nicht. Eine Anfrage am Montag per E-Mail blieb bisher unbeantwortet. Auf eine Telefonnummer des erhofften Investors kann auch die Stadt nicht zurückgreifen. Eine Verständigung soll so oder so aufgrund der ungarischen Sprache schwierig sein, heißt es. Nichtsdestotrotz ist die Stadt mit Ferenc Ivancsik in Kontakt, wie Bürgermeisterin Carina Dittrich bestätigt. Der Käufer halte weiterhin am Objekt fest und habe gegenüber der Bürgermeisterin geäußert, es als Hotel betreiben zu wollen. Im Moment ginge es um die sogenannten „Leitungsrechte“. Das sind kommunale Medien wie Abwasser, Trinkwasser und Strom, die anliegen. Im Zuge der Zwangsversteigerung wurden diese Medien aus dem Grundbuch gelöscht. Es gebe zwischen Stadt und Eigentümer Gespräche, diese Rechte wieder ins Grundbuch aufzunehmen. Der Käufer vom Hotel habe das auch bereits zugesichert, sagt Carina Dittrich. Wichtig sei, eine gute Lösung für das ehemalige Vorzeigegebäude zu finden in der Hoffnung, dass wieder Leben ins Hotel einzieht. Wann es so weit sein könnte, weiß im Moment aber niemand.