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Hooligan-Match: Erste Videos im Prozess gezeigt

Ab wann sind verabredete und einvernehmliche Schlägereien strafbar? Diese Frage muss das Gericht in dem Verfahren klären.

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Von Alexander Schneider

Der aggressive Gitarrenriff kündigt an: Gleich fliegen die Fetzen. Die Kamera schwenkt über eine enge Asphaltstraße in einem Waldstück. Auf dem Video, das gestern im Landgericht Dresden gezeigt wurde, ist eine Hooligan-Schlägerei zu sehen. Etwa 30 Männer in gelben Shirts und schwarzen Hosen marschieren auf eine zweite Gruppe zu. Ausladende Schritte, Imponiergehabe. Die Hände bandagiert, manche tragen Gesichtsschutz. Die anderen tragen rot, sind genauso groß und ansonsten nicht von den Gelben zu unterscheiden.

Ungebremst laufen die Kampfformationen ineinander – und prügeln los. Blitzschnell schlagen die Männer auf jeden, der ein andersfarbiges Shirt trägt. Hemmungslos. Nach einer knappen Minute ist alles vorbei. Fast alle Roten liegen am Boden, helfen sich gegenseitig auf, humpeln aus dem Videobild. Die Gelben jubeln. Das sind die „Hooligans Elbflorenz“ aus Dresden. Wieder ein Sieg. Für den kurzen „Spaß“ reisten sie 300 Kilometer an. In dem abseitigen Waldstück bei Wildeck-Obersuhl lehrten sie den Frankfurter Hools „Brigade Nassau 96“ das Fürchten. Es war ein ungleiches „Match“, wie solche Auseinandersetzungen in der Szene heißen.

Die Verteidiger spotten

Fünf führende Köpfe der „Hooligans Elbflorenz“ – Männer zwischen 19 und 35 – stehen seit Mittwoch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Das sichergestellte Video ist Teil der Beweisaufnahme. Solche verabredeten Matches sind laut Anklage eine Straftat. Angeblich gibt es keine Regeln. Gäbe es welche, würde sich niemand daran halten.

Bei dem genannten Kampf Ende Oktober 2009 wurde ein 27-jähriger Frankfurter schwer verletzt. Es sei nicht auszuschließen, dass er sogar in Lebensgefahr geschwebt habe, sagte gestern ein Gerichtsmediziner aus Frankfurt als Sachverständiger. Genauer könne er nicht werden, da der Patient seine Ärzte aus Kliniken in Bad Salzungen, Erfurt und Frankfurt nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden habe. Fakt ist: Sein Gesicht wurde regelrecht zerdroschen, er war für Wochen ein Pflegefall.

Auch der 27-Jährige machte gestern keine Angaben. Schon um sich nicht selbst belasten zu müssen. Es war eine kurze Aussage des Zeugen. Die Anwälte der Angeklagten spotteten. „Solche Matches sollen strafbar sein?“, fragte etwa Verteidiger Endrik Wilhelm. Jeder Fernseh-Kampfsport sei brutaler. Die Anwälte werden es der Staatsschutzkammer in den geplanten 30 Sitzungstagen nicht leicht machen. Der Prozess wird heute fortgesetzt.