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Hohenhaus ist gerettet

Der Besitzer hat viel Geld hineingesteckt und überlegt gerade, die berühmte Villa in eine Stiftung zu führen.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Radebeul. Es blinkt und blitzt in der Nachmittagssonne. Dachrinnen und Bleche aus rotleuchtendem Kupfer spiegeln das Licht. Die große Spitze, auch aus Kupfer getrieben, krönt wieder den Turm der Villa Hohenhaus. Hier, wo schon vor über 600 Jahren die Bischöfe Rast machten, wo Gerhart Hauptmann seine erste Frau fand. In den nächsten Tagen werden die Gerüste ganz fallen, sagt René Slawick, Dachdeckermeister aus Radebeul.

So sah die Fassade der berühmten Villa noch vor einigen Jahren aus.
So sah die Fassade der berühmten Villa noch vor einigen Jahren aus. © privat
Die Fassade heute: Bauherr Torsten Schmidt (2. von links) mit Mario, René und Maik Slawick (von links).
Die Fassade heute: Bauherr Torsten Schmidt (2. von links) mit Mario, René und Maik Slawick (von links). © Arvid Müller

Die Gebrüder Slawick, neben René auch Mario und Maik, haben mit ihrer Firma und den Mitarbeitern in den letzten Monaten Ungewöhnliches mit dem berühmten Haus an der Barkengasse ganz im Westen der Stadt erlebt.

Hoch oben auf den Barkenbergen thront das imposante Gebäude, welches viele noch als den Ort der Dresdner Puppentheatersammlung kennen. Damals schon regnete es unterm Dach rein, wurde hier und da repariert. Vieles nur notdürftig in der Mangelwirtschaft geflickt. Die Heizung bestand aus 46 Nachtstromöfen. Elektrische Kabel waren recht und schlecht verlegt. Der Charme des hochherrschaftlichen Hauses verschwand hinter den Puppenspielkulissen, hinter denen es bröckelte.

Wie schlimm es um das Hohenhaus stand, wurde um 2000 so richtig deutlich, als die Sammlung wieder nach Dresden zog, das Gebäude leer stand und eine Erbengemeinschaft und ein Verein sich im Verkauf des Anwesens uneinig waren.

Torsten Schmidt heißt seit 2003 der neue Hausherr. Ein Hamburger Unternehmer und Kunstsammler. Schmidt nennt die Hohenhaus-Villa inzwischen seine Lebensaufgabe. Was er und seine Frau in den letzten 13 Jahren in das Haus und seinen zwölf Hektar großen Park nicht nur an Geld, auch an Nerven, Enthusiasmus und Liebe investiert haben, kann der Betrachter heute allenfalls anhand der Zustandsfotos von damals erahnen.

Der ehemalige Weinkeller ein schwarzes Kohlenloch. Die Fassade nass und bröckelnd, der Park verwildert. „Ich bin bei starkem Regen nachts auf den Dachboden gehastet, um die Zinkbadewannen zu leeren, weil es durchregnete“, sagt Schmidt. Das war noch im Frühjahr dieses Jahres so.

Dachklempner aus Bulgarien hatten zu DDR-Zeiten Blechfalze nach der falschen Seite umgebogen, sagt Meister René Slawick. Das Wasser lief frei ins Gebälk. Termiten hatten hier mit Holzfraß lange Zeit ein auskömmliches Dasein. Einer der zwei Anker, welche die große südliche Giebelwand halten sollen, fehlte. Zimmerleute entdeckten den kreuzgefährlichen Mangel beim Gang über die Dachbalken, weil die gesamte Giebelwand schwankte.

840 Quadratmeter Dachfläche, Balken mit Längen bis zu zwölf Metern, eine falsch konstruierte Turmecke – die Herausforderung, dies alles wieder so in Schuss zu bringen, dass es die nächsten 200 Jahre sicher ist, wie es der Hausherr angesagt hatte, war gewaltig. Über zwei Jahre sind Torsten Schmidt und die Handwerker immer wieder auf den Dachboden geklettert, haben überlegt und geplant, was wie gewechselt und erneuert werden kann.

Jetzt im November 2016 ist es so weit. Mario, Maik und René Slawick füllen gemeinsam mit Torsten Schmidt die kupferne Kugel der Turmspitze. Eine Chronologie über die Sanierung des Hohenhauses samt Wünschen an die Zukunft und ein Liebesgedicht legt der Hausherr mit rein. Eine Sächsische Zeitung vom Tage kommt hinzu. Dann verlötet Mario Slawick die Kugel. Die drei Brüder hieven sie gemeinsam aufs Dach.

Was in dieser Kugel steckt, ist für den inzwischen 73-jährigen Hausherrn ein Sinnbild für das Hohenhaus. In der Mappe liegt auch ein Liebesgedicht von Adelbert von Chamisso. Einen Satz des im 18. und 19. Jahrhundert lebenden Franzosen mag Torsten Schmidt besonders: „Das Glück ist nur die Liebe. Die Liebe ist das Glück.“ Schmidt möchte damit seiner Frau danken, die die wilden Baujahre mit ihm gemeinsam durchgestanden hat, er möchte aber auch Neues für das Hohenhaus unter diese Überschrift stellen.

Die Villa mit seinen fortschrittlich gesinnten Besitzern, mit Gerhart Hauptmann und seiner Frau Marie, soll ein Haus für humanistisches Gedankengut sein. Hier sollen wieder Treffen von Leuten stattfinden, die sich gegen verrohende Sitten stellen, wie sie derzeit landauf, landab ausbrechen, sagt Schmidt. Er überlege deshalb, das Hohenhaus und seine Anlage in eine Stiftung zu führen. Schmidt: „Wir sollten uns darauf besinnen, was unsere Bestimmung ist. Die Liebesfähigkeit der Menschen muss wiedergewonnen werden. Nur das hat Bestand.“

Doch bevor es mit der Stiftung so weit sein kann, hat der Hausherr dafür gesorgt, dass die Villa Hohenhaus wieder sicheren Bestand hat. Im folgenden Jahr will er den Park angehen. „Wenn da Ordnung herrscht, können wir auch wieder Gäste einladen“, sagt er und nimmt im Eileschritt ganz und gar fit zwei Sandsteinstufen auf einmal vom Garten ins Haus.