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Hohe Strafen für alte Kläranlagen

Bis Jahresende müssen alle Hauseigentümer ihre Anlagen umgerüstet haben. Doch das ist kaum noch zu schaffen.

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© Egbert Kamprath

Von Matthias Weigel und Franz Herz

Dippoldiswalde. Heiko Schiebel kann dieses Jahr keinen Wintereinbruch gebrauchen. Der Installateur aus dem Glashütter Ortsteil Dittersdorf hat seine Bücher voll mit Aufträgen bis zum 24. Dezember. Schiebel hat zwei Angestellte, die nur damit beschäftigt sind, Kleinkläranlagen einzubauen. Er selbst kümmert sich um das sonstige Heizungs- und Sanitärgeschäft, das ja auch weiterlaufen muss.

Die Grafik zeigt, wo es im Landkreis noch Nachholbedarf bei der Kläranlagenumrüstung gibt.
Die Grafik zeigt, wo es im Landkreis noch Nachholbedarf bei der Kläranlagenumrüstung gibt. © Grafik: SZ/Gernot Grunwald

Beim Einbau von Kleinkläranlagen brummt das Geschäft. „Ich habe immer noch Anfragen. Das ist dieses Jahr aber nicht mehr zu schaffen“, sagt Schiebel. Der Einbau einer Kläranlage geht auch nicht von heute auf morgen. Das Vorhaben und die Förderung eines solchen Projekts müssen vor Baustart genehmigt sein. So etwas kann dauern. Jede Anlage sollte auch gut geplant und individuell angepasst sein. So hat Schiebel in Dittersdorf eine etwas größere Anlage eingebaut. Dort hängen mehrere Häuser mit insgesamt 24 Bewohnern dran. „Die Anwohner hatten schon eine solche aus DDR-Zeiten und haben die jetzt gemeinsam ersetzt. Das war die sinnvollste Lösung“, sagt der Installateur. Diese Anlage einzubauen, dauerte eine Woche. Kleinere Anlagen bauen Schiebels Mitarbeiter in einer halben Woche ein.

Im Schnitt kostet der Anlagenneubau für ein Haus rund 7 000 Euro. Die SZ hat die wichtigsten Fakten zur Umrüstung recherchiert.

Die wichtigsten Fakten zur Umrüstung

Warum müssen alte Anlagen bis Ende 2015 umgerüstet werden?

Hintergrund ist eine Richtlinie der EU, die den Zustand der Gewässer verbessern will. Dazu gehört, dass Abwässer mit modernen Mitteln geklärt werden. In Sachsen mündeten die Vorgaben in die Kleinkläranlagen-Verordnung. Und die setzt als Frist, dass alle Anlagen bis Ende 2015 an den aktuellen Stand der Technik angepasst sein müssen. Dazu zählen neu gebaute vollbiologische Kleinkläranlagen oder auch sanierte und absolut dichte abflusslose Gruben. Die Entsorgung aus den Gruben erscheint zuerst billiger, ist aber mittelfristig teurer. Viele Kommunen und Zweckverbände haben in letzten Jahren Preise dafür saftig erhöht.

Wie ist der aktuelle Stand im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge?

Im Landkreis sind mit 9000 Grundstücken in 70 Ortsteilen relativ viele betroffen. Aktuell blieben noch 3000 Fälle ungeklärt (siehe Grafik). Die meisten davon bekommen nun Post vom Landratsamt. In anderen Fällen liegt eine Verpflichtung der Kommunen vor, dass die betreffenden Grundstücke noch ans zentrale Netz angeschlossen werden. Dazu haben die Städte und Gemeinden bis 2018 Zeit. Diese Grundstücke müssen für die maximal drei Jahre dann auch nicht erst umgerüstet werden.

Ist der Zeitraum zur Umsetzung zu knapp kalkuliert worden?

Die Dinge sind seit mindestens zehn Jahren bekannt. Aber es lief zäh an, auch bei den Kommunen. Erst 2012 waren die letzten Abwasserbeseitigungskonzepte durch. Dort ist festgelegt worden, welche Grundstücke ans zentrale Netz kommen und wer sich selbst kümmern muss. „Seit 2013 gab es einen deutlichen Anstieg der Anträge“, sagt Birgit Hertzog, Abteilungsleiterin Umwelt im Landratsamt. 2014 gab es bereits doppelt so viele. 2015 ist schon der Stand von 2014 erreicht. Die Antragsflut auf den letzten Drücker stellt auch Hertzogs Behörde vor Herausforderungen. Längere Bearbeitungszeiten sind die Folge.

Was passiert mit den noch nicht umgerüsteten Anlagen ab 2016?

Die Frist ist hart. Verzögerungen wegen Lieferschwierigkeiten, vollen Auftragsbüchern oder langen Antragsfristen zählen nicht als Ausrede. Mit Ablauf des 31. Dezembers 2015 dürfen Abwässer aus alten Gruben und Anlagen nicht mehr eingeleitet werden. Es erlöschen auch die bisherigen Erlaubnisse. Wer dann noch unzureichend gereinigtes Abwasser einleitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeldern zwischen 50 und 50000 Euro geahndet werden kann. Auch die Androhung von Zwangsgeldern ist möglich.

Welche Folgen hat es, wenn man die Frist einfach verstreichen lässt?

Grundstückseigentümer haben die Möglichkeit, nachzubessern. Die Wasserbehörde im Landratsamt erteilt daher natürlich weiterhin Genehmigungen für die Umrüstung. In jedem Einzelfall wird aber geprüft, warum die Umstellung nicht geklappt hat – und inwiefern man sich bemüht, das zu ändern. Daher auch die Anschreiben jetzt. Danach richtet sich dann, ob es Strafen gibt. Als letztes Mittel kann das Landratsamt einen Sofortvollzug anordnen sowie die Anlage kostenpflichtig verschließen. Dann gilt sie als abflusslose Grube. Die Dichtheit muss der Besitzer nachweisen, das ist teuer und zieht oft eine (Teil-)Sanierung nach sich. Wer denkt, er könne das Ganze aussitzen oder sich das Geld sparen, sei an der falschen Adresse. Man konzentriere sich zuerst auf die Fälle, wo dringend Handlungsbedarf besteht, Gewässer stark belastet sind, dann um den Rest. In Härtefällen versuche man aber, mit jedem Eigentümer Lösungen zu finden.

Werden die Förderung und die Frist wirklich nicht noch einmal verlängert?

Für alle Anlagen, die bis Jahresende in Betrieb gehen, fließen die beantragten Fördermittel noch. In der Regel sind 1000 bis 1500 Euro, in Einzelfällen auch mehr. Viele haben die Hoffnung, dass es nochmals verlängert wird. Birgit Hertzog sieht das aber als illusorisch an. Auch aus dem Sächsischen Umweltministerium heißt es klar: An der Frist ist nicht zu rütteln.

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