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Hohe Geldstrafe im Pirnaer Kinderporno-Prozess

Ein Mann soll illegale Aufnahmen im Internet getauscht haben. Er sieht sich als Hacker-Opfer. Nicht nur er geht gegen das Urteil des Amtsgerichts Pirna vor.

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Von Stephan Klingbeil

Es ist ein kniffliger Fall, und belastendes Beweismaterial ist rar. Dennoch ist der 48-jährige Maik B. nun am Amtsgericht Pirna zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Der bisher nicht vorbestrafte Pirnaer soll 7 800 Euro (195 Tagessätze à 40 Euro) zahlen, weil er im Februar 2011 über das Internet Kinderpornos getauscht haben soll.

Auf den Aufnahmen sind Jungen im Alter von zwölf und zehn Jahren während sexueller Praktiken zu sehen. Der Angeklagte aus Pirna – selbst Vater eines 18-jährigen Sohns aus einer früheren Beziehung – soll die Dateien über das Internet-Nachrichtenprogramm ICQ erhalten haben. Doch er weist die Vorwürfe von sich. Er sieht sich vielmehr als Opfer eines unbekannten Hackers. Die Verteidigung geht davon aus, dass dieser ominöse Dritte persönliche Daten des Angeklagten gestohlen und die Kinderpornos über dessen ICQ-Konto getauscht hätte. Obendrein fanden Ermittler auf dem im Mai 2012 und dann noch mal ein Jahr später in der Wohnung des Pirnaers beschlagnahmten Computer und einer Festplatte keine Kinderpornos. Genauer gesagt fanden die Beamten überhaupt nichts.

Ein Experte des Landeskriminalamts, der die Geräte 2013 durchforstet hatte, erklärte, dass B. die Daten entweder aufwendig entfernt oder nie Kinderpornos darauf gespeichert hat. Ein Gutachten hatte aber ergeben, dass Programme auf dem beschlagnahmten Rechner erst im April 2012 installiert wurden, also ein Monat vor der ersten Wohnungsdurchsuchung. Der Computer sei kaum benutzt gewesen. Das Gericht geht davon aus, dass B. den Rechner vor der Durchsuchung neu gekauft hatte.

Womöglich sei der Angeklagte von dem Berliner Thomas Z. vorab gewarnt worden. Polizeibeamte hatten im Februar 2012 die Wohnung des Pädophilen in Berlin durchsucht, fanden dann nicht nur Kinderpornos, sondern auch Protokolldaten einer Unterhaltung mit Maik B. bei ICQ. Die Daten wurden dem Pirnaer nun zum Verhängnis.

Hinweise auf Hacker fehlen

Der Angeklagte hatte bei der Eröffnung seines ICQ-Kontos eine E-Mail-Adresse hinterlegt, die B. vor Gericht auch eindeutig als seine bestätigt. Diese Adresse ähnelt auch seinem Profilnamen bei ICQ, sie beinhaltet „Vid friend“ für „Videofreund“. „Ich habe Videos gesammelt“, sagte der Pirnaer dazu.

Diese E-Mail-Adresse führte die Beamten im Jahr 2012 zum Internet-Anbieter des Angeklagten. Dort fragten sie nach, unter welcher sogenannten IP-Adresse der Inhaber jenes ICQ-Kontos zur Tatzeit im Februar 2011 im Internet surfte. Als die Beamten die IP-Nummer, über die man Internet-Aktivitäten exakt einem Rechner zuordnen kann, schließlich ermittelt hatten, führte sie die Spur genau zu Maik B. nach Pirna.

Für das Gericht stand fest, dass es keinen unbekannten Dritten gab. Dafür würden auch die Einschätzungen den LKA-Spezialisten sprechen. Der hatte erklärt, dass es zwar möglich wäre, ein ICQ-Konto zu hacken, und dass es zeitgleich von verschiedenen Personen genutzt werden könne. Jedoch würde ein Hacker dabei ein großes Risiko ein, enttarnt zu werden. Denn der echte Kontoinhaber würde die Aktivitäten des Hackers mitbekommen. Für jemanden, der einem Böses wolle, wäre es ungefährlicher, selbst ein gefälschtes Konto zu eröffnen.

Obwohl die Indizien ein anderes Licht auf den Fall werfen, sieht der Anwalt von B. die Schuld seines Mandaten keineswegs als erwiesen an. Aus juristischer Sicht könne man „die Ausmaße des Mediums Internet noch lange nicht einschätzen“, betont er. Die Aufklärung von Online-Straftaten sei schwierig. Er forderte einen Freispruch für Maik B. Die Staatsanwaltschaft plädierte auf eine Geldstrafe in Höhe von 9 030 Euro.

Beide Seiten haben nun Berufung gegen das Pirnaer Urteil eingelegt, denn beide Seiten sind unzufrieden damit. So wird der Fall am Landgericht Dresden neu verhandelt. Ein Termin steht noch nicht fest.