Merken

Hoffmann sagt Tschüss

Der Lampertswalder Bürgermeister geht zum Ende des Jahres – jetzt beginnt das Gerangel.

Teilen
Folgen
© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Lampertswalde. Die Gemeinde hatte in 50 Jahren zwei Bürgermeister. Nun geht der dienstälteste Amtschef im Großenhainer Land überraschend zum Ende des Jahres. Wolfgang Hoffmann winkt von seinem Kramer-Traktor und tuckert davon. Das Gefährt ist einer der Oldtimer, für die er dann mehr Zeit beim Schrauben und Basteln hat. Dass es ein Kramer ist, hat natürlich bei dem bodenständigen Hoffmann seine Bewandtnis. Es ist der zweite Kramer-Traktor im Familienbesitz. Den Ersten haben damals die Russen vom Hof der Bauernfamilie geholt. Hoffmanns waren schon immer in der Landwirtschaft, und seit Wolfgang Hoffmann am 8. Januar 1953 im Großenhainer Krankenhaus geboren wurde, ist er mit Leib und Seele Lampertswalder geblieben.

Schon damals hat er es übrigens eilig gehabt. Die Mutter wurde in den Wehen gerade noch in die Bahn nach Großenhain gehievt, der Vater rannte später den ganzen Weg in die Stadt – als er ankam, war Sohn Wolfgang schon da. Der Mann für schnelle Entschlüsse ist er geblieben, aber auch einer, der immer draußen vor Ort ist, der jeden Baum, jeden Hofhund kennt und sich allein von der Lebenspraxis leiten lässt. Das hat nicht jedem gepasst, denn Hoffmann gilt durchaus als eigensinnig. Sein Satz, er habe nie in einem VEB gearbeitet und sich schon mit 23 Jahren mit einer Werkstatt für Landmaschinen selbstständig gemacht, dürfte da beredt genug sein, dass in Wolfgang Hoffmanns Büro nie der Amtsschimmel gewiehert hat.

Außerdem ist er sowieso meistens draußen unterwegs. Wer den Bürgermeister telefonisch im Amt erreichen will, muss früh anrufen. Bis 8 Uhr könnte es gerade noch so klappen, dann ist er fort und im Gemeindegebiet unterwegs.

„Meine Nummer kennst Du ja“

Am 22. Mai 1990 hat Bürgermeister Johannes Krause dem jungen Hoffmann den Schlüssel vom Gemeindeamt auf den Tisch gelegt und gesagt: „So, ich geh jetzt, wenn Du Fragen hast, meine Telefonnummer kennst Du ja.“ So kam Wolfgang Hoffmann zu seinem neuen Leben als Bürgermeister. Dass die Leute den Macher vorn dran stellten, ergab sich einfach. Bis zum Sommer 1990 wurde das Chaos immer größer. Hoffmann hat seinen Vorgänger nicht angerufen. Aber nicht, weil sie sich nicht verstanden, es hat sich sowieso niemand Rat gewusst in der neuen Zeit.

Dabei hatte Lampertswalde keine schlechten Startbedingungen. Die Gemeinde war die mit den meisten Eigenheimen im Kreis, 70 an der Zahl. Dank des Modrow-Beschlusses und dem vorherigen, umtriebigen Bürgermeister Johannes Krause. Letzterer war es auch, der Lampertswalde schon in den 1970er Jahren eine zentrale Abwasserentsorgung bescherte. Das verblüffte sogar später Großunternehmen wie Lidl, dass es so was im tiefen Osten schon gab. Ein Macher ist Hoffmann geblieben, heute werfen ihm junge Leute schon mal vor, ein einsamer Entscheider zu sein. Mit der Kronospan-Ansiedlung hat er unwiderruflich einen historischen Pflock in die Lampertswalder Flur eingeschlagen – und für neidische Blicke genauso gesorgt wie für kritische Debatten.

Geld hat er gehabt – bei allem Ärger über die Reichensteuer und trotz Zusammengehens mit dem armen Nachbarn Weißig am Raschütz. Da hatte Hoffmann geliebäugelt, dass er die Reichensteuer loswird. Hat aber nicht geklappt. Lampertswalde zahlt das 18. Jahr durchweg. Über Hans-Joachim Weigel sagt er unumwunden, dessen Job hätte er nicht haben wollen – immer betteln und barmen müssen. Dabei hantieren beide Männer gut in der Verwaltungsgemeinschaft Schönfeld/Lampertswalde. Weigel ist deren Chef und Schönfeld der Sitz. Und dennoch hat ein Witzbold am 1. April alle Schönfelder Ortschilder mit dem Schriftzug „Gemeinde Lampertswalde“ überklebt. Das Gerangel im Osten ist längst entbrannt.

Werden Schönfeld und Lampertswalde jetzt fusionieren? Kommt gar das Supergebilde mit Thiendorf wieder auf die Tagesordnung, wie es Landrat Arndt Steinbach erneut ins Gespräch gebracht hat?

Thiendorfs Bürgermeister Armin Freund hatte sich daran bereits vor Jahren verhoben, und inzwischen sieht es noch weniger danach aus, als ob die Gemeindechefs Lust auf ein Gebilde mit 40 Ortsteilen von Adelsdorf bis Würschnitz haben. Dirk Mocker aus Thiendorf winkt jedenfalls ab, er habe auch so genug zu tun. Der Schönfelder Achim Weigel (66) will seine Amtszeit bis 2022 durchziehen, solange die Gesundheit mitspielt. Es sieht danach aus, als bekäme Lampertswalde zumindest für eine Amtszeit einen neuen Bürgermeister.

Finanziell ein undankbarer Fall: Erst ab zwei Amtsperioden bekommt ein Bürgermeister eine Pension. Diese bittere Erfahrung mussten bereits der Tauschaer Amtschef Christian Creutz und zuletzt die Priestewitzer Bürgermeisterin Susann Frentzen machen.