Merken

Höllische Strömung als große Unbekannte

Als erste Schwimmerin der Welt will Conny Prasser die doppelte Fehmarnbelt-Querung schaffen. Wenn das Wetter mitspielt.

Teilen
Folgen
© privat

Von Michaela Widder

Am liebsten würde Conny Prasser sofort in die 17 Grad kalte Ostsee springen und loskraulen. „Ich bin total nervös und fühle mich vollgetankt“, sagt die Dresdnerin. „Aber ich muss die Füße jetzt noch stillhalten.“ Die Extremschwimmerin steht sportlich vor ihrer größten Herausforderung – einem Marathon durch die Ostsee.

Der Fehmarnbelt ist eine der am stärksten befahrenen Wasserstraßen Europas. Jeden Sommer versuchen trotzdem ein paar Verrückte, die Strecke zwischen Puttgarden und dem dänischen Rødby zu schwimmen. Durch die Strömung kommen die Starter stets auf mehr als die 21 Kilometer, die Luftlinie angegeben werden. Prasser will die Strecke noch zurückschwimmen, also die doppelte Distanz bewältigen und damit etwas bisher Einmaliges in der Marathonschwimmszene schaffen. Sie wäre dann die erste Frau, die die doppelte Beltquerung erfolgreich beendet. Und nur einem Mann gelang 2011 das Kunststück. Bruno Dobbelmann hält mit 19 Stunden und 13 Minuten den Rekord.

Drei Schwimmerinnen scheiterten bisher an dem Vorhaben, darunter 2013 die Dresdnerin Kirsten Seidel. Gegen die heftige Strömung und den Wind kam sie nicht mehr an und gab nach 15 Stunden auf. „Es wird sehr schwierig. Ich hoffe einfach auf gute Bedingungen. Die Kälte und die Strömung sind die größte Herausforderung“, meinte Prasser: „Ich habe mich im Kopf auf maximal 20 Stunden eingestellt.“

Tatsächlich ist vieles von den Bedingungen abhängig, und die beginnen schon beim Start. In Absprache mit dem Kapitän des Begleitboots wird entschieden, ob und wann gestartet wird. Am Samstag reist Prasser an. „Ich habe eine Woche gebucht und muss auf einen guten Tag hoffen. Nach der Wettervorhersage würde ich gern schon am Sonntag starten, weil es 24 Stunden später nach Sturm aussieht“, erklärt die 41-Jährige. Die endgültige Entscheidung fällt erst kurzfristig, also einen Tag vorher. Nach der Hälfte der Strecke sind maximal fünf Minuten Pause an Land vorgesehen, so schreiben es die Regeln vor. Die Kälte dürfte für Prasser, die im Winter auch Wettkämpfe als Eisschwimmerin bestreitet, vermutlich weniger ein Problem sein als für andere. Die doppelte Breitenquerung durch den Bodensee war Ende Juni schon eine gute Vorbereitung. Für die 22  Kilometer benötigte sie knapp siebeneinhalb Stunden. Wenn mal wenig Zeit für Training ist, kann Prasser auch zu Hause in Moritzburg in ihrem Pool mit Gegenstromanlage kraulen.

Vor zwei Wochen fuhr die Ultraschwimmerin für ein Trainingslager an die Ostsee. „Mir ist jedes Mal in den Wellen übel geworden, ich musste mich übergeben. Dann war es wieder gut.“ Als Generalprobe begleitete sie zeitweise einen Freund aus Frankfurt, der allerdings beim Versuch der einfachen Beltquerung nach fünfeinhalb Stunden aufgab. „Er ist dem Ziel nicht näher gekommen. Es war glatte See, keine Wellen – solche Bedingungen würde ich mir wünschen“, meint sie. Es sei viel Kopfsache. „Ich habe ein gutes Team. Mein Trainer lässt mich nicht so schnell aus dem Wasser“, sagt Prasser und lacht.