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Höchstens ein bisschen Maut

Einkaufspendler aus Tschechien verfolgen die Maut-Diskussion in Deutschland genau. Einen kleinen Obolus würden sie für die Fahrt nach Bad Schandau beisteuern.

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© Steffen Neumann

Von Steffen Neumann und Gunnar Klehm

Es ist ein gewohntes Bild, das an diesem Wochentag auf dem Parkplatz vor dem Lidl-Supermarkt in Bad Schandau herrscht. Unter den Autos mit deutschen Kennzeichen ist auch ein halbes Dutzend aus Tschechien. Für viele ist der Einkauf zur regelmäßigen Routine geworden. Sie kommen überwiegend aus den grenznahen Orten wie Decin oder Jilove und nutzen für ihren Einkauf ausnahmslos die Bundesstraße über Schmilka nach Sachsen.

Deshalb verfolgen auch sie interessiert, ob die Bundesregierung mit ihren Plänen zur Pkw-Maut Ernst macht. Dass die Gebühr für Bundesstraßen jetzt vom Tisch sein soll, finden sie natürlich gut. Andernfalls würde sich ihr Einkauf in Deutschland verteuern. Für den Mann aus Decin, der gerade zehn Flaschen Rotwein in sein Auto lädt, würde sich die Fahrt dann nicht mehr lohnen. „Ich komme einmal im Monat her. Der Rotwein ist zum Beispiel fast einen Euro billiger als bei uns“, sagt er und zeigt in seinen Kofferraum. Die Ersparnis wäre durch eine Maut dahin. Er könne sich vorstellen, höchstens 50 Kronen Maut pro Monat zu zahlen. Das sind umgerechnet keine zwei Euro. „Ich bin schon Rentner, da muss ich sehr aufs Geld achten“, sagt er.

Er ist um diese Tageszeit nicht der einzige Einkaufspendler. Ein Pärchen steigt gerade aus seinem alten Skoda Felicia, auch sie Rentner und nicht begeistert von der Aussicht auf eine Maut. „Autobahngebühren könnt ihr aber ruhig erheben“, sagt die Frau. Das Paar kommt nur gelegentlich nach Sachsen, zwei- bis dreimal pro Jahr.

Doch es sind nicht nur Rentner, die froh sind, dass die angekündigte Straßenmaut nun doch nicht kommen soll. Martina Eliasova ist noch jung und mit ihrer Mutter zum Einkauf hier. In ihrem Einkaufswagen liegt so gut wie alles für den täglichen Bedarf: Fleisch, Eis, Mayonnaise, Brot, Obst, Gemüse. Sie kommt alle drei Wochen und kauft auch Kleidung. „Mein Mann kauft sogar aus Prinzip nicht mehr in Tschechien“, sagt sie, weil es in Sachsen billiger ist.

Kunden schauen aufs Geld

Nur die Maut für Bundesstraßen würde sie abschrecken. „Zwei bis vier Euro pro Monat bringen uns nicht um. Aber uns wäre lieber, es bliebe alles so, wie es ist“, sagt Martina Eliasova und hofft auf ein Einsehen der deutschen Politiker. Der Einkaufstourismus war früher sogar noch stärker. „Seit die Notenbank letzten Herbst die Krone abgewertet hat, sehe ich hier weniger Tschechen, als früher“, erzählt sie. Und mit der Maut würden noch mehr zu Hause bleiben. „Bei uns sind viele arbeitslos, die Leute schauen sehr aufs Geld.“

Doch nicht alle Tschechen lehnen die Maut ab. Für Vit Plemenik zum Beispiel würde sich nichts ändern. Denn für ihn ist es in Sachsen nicht nur günstiger, sondern die Waren sind auch besser und die Auswahl ist größer. In seinem Einkaufswagen liegen Brot und Aufbackbrötchen, Tomaten, Weintrauben, Getränke, Eier, Kaffee und Nudeln. Als Plemenik die Hecktür seines Autos öffnet, stehen noch drei große gefüllte Lidl-Tüten und weitere Lebensmittel im Kofferraum. „Wir kaufen gleich für vier Familien ein, für die Eltern, die Oma und die Familie meines Bruders“, sagt er lachend. Alle drei bis vier Wochen bricht eine der vier Familien im Wechsel von Decin nach Bad Schandau auf und besorgt den Einkauf für die nächsten Wochen. „Außer frisches Obst und Gemüse kaufen wir eigentlich nur noch in Sachsen ein“, sagt Plemenik, der mit seiner Frau je nach Bedarf außer Lidl auch Penny in Rathmannsdorf, Kaufland in Pirna oder Real in Heidenau ansteuert. Nicht nur Lebensmittel, auch Kosmetik und Kleidung wandern in den Einkaufswagen. Ab und zu geht es auch nach Dresden, vor allem auf den Weihnachtsmarkt. „Schön wäre so eine Maut natürlich nicht, aber wir kaufen monatlich für 300 bis 400 Euro ein, da verlieren sich 10 Euro für die Maut“, hat Vit Plemenik bereits scharf kalkuliert.