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Hochwasserschutz aus Glas

Die Stadt will für Altkö durchsichtige Elemente in der Schutzwand. Es gibt noch andere Forderungen der Verwaltung.

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© Visualisierungen/Stadt Radebeul

Von Nina Schirmer

Radebeul. Die Natur ist trügerisch. Jahrzehntelang kann alles ruhig sein. Der Schutz vor Naturgewalten wird vom Menschen dann leicht vergessen. So lange, bis es ihn plötzlich unvorbereitet trifft. „Zwischen 1845 und 2002 ist der Hochwasserschutz in Radebeul in Vergessenheit geraten“, sagt Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos). Dann kam die Flut. Seitdem sind schon wieder 15 Jahre vergangen und Altkötzschenbroda hat noch immer keine Hochwasserschutzwand.

Die Mauer soll hinter dem Kindergarten der Friedenskirche verlaufen. Auch hier schlägt die Stadt eine Glasscheibe vor, damit der Ausblick nicht komplett weg ist.
Die Mauer soll hinter dem Kindergarten der Friedenskirche verlaufen. Auch hier schlägt die Stadt eine Glasscheibe vor, damit der Ausblick nicht komplett weg ist. © Visualisierungen/Stadt Radebeul
Die Zufahrt mit Schutzwand: Dort könnte eine Glaswand eingesetzt werden.
Die Zufahrt mit Schutzwand: Dort könnte eine Glaswand eingesetzt werden. © Visualisierungen/Stadt Radebeul

Nun gilt es, das nachzuholen. Denn auf der gegenüberliegenden Elbseite ist der Hochwasserschutz fast fertig. „Wenn wir auf unserer Seite nicht nachziehen, haben wir im Erstfall große Probleme“, sagt der OB. Am Mittwoch hat Radebeuls Hochwasserbeauftragter Hans-Joachim Pilz den Stadträten die Stellungnahme der Stadt zu den Plänen für eine Schutzwand der Landestalsperrenverwaltung (LTV) vorgestellt.

Eine Idee der Stadt sind durchsichtige Elemente aus Glas in der Mauer. Dadurch soll der Eingriff ins Stadtbild abgeschwächt werden. Man sollte von der LTV fordern, die modernste Lösung zu finden, sagt Pilz. Schließlich wird die Hochwasserschutzmauer viele Jahre stehen. Glasscheiben sind inzwischen technisch möglich.

Eine könnte sich Pilz an der Stelle zwischen dem Hotel Goldener Anker und der Festhalle links vom Radweg vorstellen. So bliebe der Ausblick nach unten auf die Wiesen in Richtung Elbe gewahrt. Allerdings wäre diese Glasscheibe auch frei zugänglich. Deshalb stellt sich die Frage, ob das Glas wirklich lange schön aussähe. Oder ob schon nach kurzer Zeit Schmierereien und Kratzer den Blick in die Natur stören würden.

Geschützter wären die Glaselemente in Bereichen, die nichtöffentlich zugänglich sind. So gibt es die Überlegung, eine Scheibe am Grundstücksende des Kindergartens der Friedenskirche einzubauen. Anderenfalls würden die Kinder vom Garten aus nur noch auf die Mauer blicken, anstatt wie bisher auf die Wiesen.

Neben der freien Sicht an bestimmten Stellen ist der Stadt ein weiterer Punkt wichtig: Sie möchte so wenig mobile Elemente wie möglich. Denn die verursachen erhebliche Kosten. OB Wendsche: „Wir müssten die Teile selbst einlagern, unterhalten und einmal jährlich aufbauen.“ Solche Testläufe sind vorgeschrieben, kosten aber viel Geld.

Gar kein mobiles Element möchte die Stadt an der Pfarrgasse. „Die Stadt ist weiterhin der Auffassung, dass eine Abriegelung der Pfarrgasse nicht notwendig ist“, heißt es in der Stellungsnahme. Die Gasse verlaufe so steil, dass das Wasser dort nicht hochkommt, sagt Wendsche. Außerdem sei eine Schutzanlage an dieser Stelle ein massiver Eingriff in die denkmalgeschützte Mauer an der Kirche.

Was der Stadt außerdem wichtig ist: viel Grün an der Mauer. Indem die Böschung erhöht und bepflanzt wird, wäre aus Richtung Elbe weniger von der Mauer zu sehen. In der ersten Planfeststellung der LTV von 2011 war geplant, dass die Mauer in der Mitte des Verlaufs drei Meter hoch zu sehen ist. Inzwischen wurde die Höhe auf 2,65 Meter reduziert. Doch das reicht der Stadt noch nicht. Sie möchte, dass die Wand nur maximal zwei Meter hoch herausragt.

Schon 2011 hatte die Stadt eine Stellungnahme eingereicht. Genau wie viele private Grundstücksbesitzer. Damals gab es vor allem Einwände wegen der Linienführung der Schutzwand. So viele, dass die LTV ihre Planung unterbrechen und eine neue Untersuchung machen musste. „Dadurch haben wir sechs Jahre verloren“, sagt Wendsche. „Wir können nicht länger warten.“ In der Zwischenzeit ist der Hochwasserschutz in Naundorf bereits fertig und in Fürstenhain ist vor Kurzem der erste Spatenstich passiert.

Dieses Mal sei die Diskussion um die Planfeststellung der LTV relativ ruhig, sagt der OB. „Die Einwände sind sehr sachlich.“ Auch Hochwasserschutzbeauftragter Pilz hat den Eindruck, dass die LTV einen Draht zu den Grundstücksinhabern hat. „Sie haben eine Lösung gefunden, die von breiten Teilen als konsensfähig angesehen wird“, sagt er.

Eine Nachbesserung, die die Stadt fordert, teilen aber auch sicherlich die Grundstücksinhaber: Der Hochwasserschutz soll genauso dimensioniert sein, wie auf der gegenüberliegenden Elbseite. Ansonsten wird Altkötzschenbroda im schlimmsten Fall zum Poldergebiet. Im Moment ist der Stadtteil vor einem Hochwasser geschützt, wie es alle zehn bis 20 Jahre eintritt. Die neue Mauer würde Altkö vor einem Hochwasser schützen, wie es statistisch gesehen alle 100 Jahre vorkommt.