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Hochwasserposse an der Albertmühle

Balkonanlagen der Wohnhäuser sollen erneuert werden. Doch weil die Röder nahe ist, gib es nicht für alle eine Erlaubnis.

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© Montage/Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Die 20 Holz-Balkone an der Albertmühle sind eigentlich gesperrt. Sie müssen dringend erneuert werden. Nicht, dass ihnen die Fluten von 2002, 2010 und 2013 zu sehr zugesetzt hätten. Von oben her sind die 15 Jahre alten „Türme“ morsch und sollen deshalb widerstandsfähigerem Metall weichen. Denn die Instandhaltungskosten sind hoch. Doch mittlerweile ignorieren fast alle Bewohner die Baufälligkeit. Denn der Abrissbeschluss fiel schon zu Jahresbeginn, doch getan hat sich noch immer nichts.

Das liegt nicht an der Eigentümergemeinschaft. Die hatte sich nach einer Ausschreibung des Neubaus unter vier Anbietern für die Großenhainer Metallfirma T. Held entschieden. Mit einer sechsstelligen Summe als reine Baukosten. Doch zum einen bekam der Kreis ein erforderliches Brandschutzgutachten nicht fertig – es hieß, Asylplanungen haben Vorrang.

Wird keine Genehmigung erteilt?

Zum anderen sah es lange so aus, dass das Kreisbauamt gar keine Baugenehmigung erteilt, gibt Gebäudeverwalterin Anett Zalkow Auskunft. Denn fünf Einzelbalkone liegen innerhalb des Gewässerrandstreifens, der gesetzlich festgelegt zehn Meter gemessen ab Böschungsoberkante beträgt. Wie diese Balkone im Jahr 2000 vom damaligen Bauherren Dieter Tobollik überhaupt errichtet werden konnten, ist Anett Zalkow heute schleierhaft. Allerdings wären die Wohnungen ohne Balkon oder Terrasse fast nicht zu verkaufen bzw. zu vermieten, schränkt die Verwalterin ein.

Was wird nun aus den Balkonen und der schon vertraglich besiegelten Erneuerung? Von bürokratischem Unsinn ist inzwischen unter den Eigentümern und Mietern die Rede. Doch immerhin wurde festgestellt, dass sich sieben Balkonanlagen außerhalb des festgesetzten Überschwemmungsgebietes der Röder für ein Jahrhundertwasser HQ100 befinden. Diese Vorschrift ist erst seit 14. November 2006 gültig. „Die besonderen Schutzvorschriften gemäß Paragraf 78 Wasserhaushaltsgesetz – Bauverbot – finden daher hier keine Anwendung“, sagt Peter Jönsson von der Landkreisverwaltung.

Für diese Balkonanlagen gab es kürzlich eine Teilbaugenehmigung. Sie dürfen nun abgerissen und aus Metall neu aufgebaut werden. Die Firma T. Held sitzt dafür schon in den Startlöchern. Für die zwei problematischen Anlagen allerdings muss Planer Michael Preibisch einen Antrag bei der Unteren Wasserbehörde des Landkreises auf Ausnahme vom Bauverbot stellen: in zweifacher Ausführung. Viel Papierkram für eine Befreiung von den Vorschriften im Einzelfall. „Denn das Verbot würde zu einer unbilligen Härte führen“, sagt Anett Zalkow. Dass die bestehenden Balkone Bestandsschutz genießen, will sie erst gar nicht ins Feld führen.

Bauablauf muss geändert werden

So kommt der Bauablauf für die Balkonerneuerung etwas aus dem Fahrplan. Während die einen „Balkontürme“ über den Winter abgerissen und neu aufgebaut werden, müssen andere Mieter weiter auf eine Erneuerung warten. „Das lässt sich jetzt nicht ändern, wir haben uns darauf eingestellt“, sagt Metallbauer Timmy Held. Über den gesamten Vorgang kann auch er nur den Kopf schütteln, zumal es sich hier um einen Ersatzneubau handelt. „An dieser Stelle sind die Vorschriften völlig unsinnig“, so seine Meinung. Bleibt die Hoffnung, dass die Genehmigung der anderen Balkonanlagen rasch nachfolgen kann.