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Hochsaison am Kiessee

Die Forellenanlage sorgt in den Kühltheken von Edeka für frischen Fisch. Jetzt am Jahresende ist richtig viel zu tun.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Frank Jastram lässt die Muskeln spielen. Mit kräftigen Zügen holt er das grobe Netz Zentimeter für Zentimeter aus dem abgesteckten Becken im Zeithainer Kiessee und die Karpfen damit immer weiter an die Oberfläche. Dutzende der bräunlich-grauen Tiere tummeln sich hier drin. Jedes einzelne bringt eineinhalb bis zweieinhalb Kilogramm auf die Waage. Genau die richtige Größe, um Weihnachten oder Silvester aufgetischt zu werden, sagt der 59-Jährige. Für ihn ist jetzt Hochsaison.

Noch schwimmen die Karpfen im seichten Seewasser. Weihnachten und Silvester landen sie meist als Karpfen blau auf dem Festtagstisch.
Noch schwimmen die Karpfen im seichten Seewasser. Weihnachten und Silvester landen sie meist als Karpfen blau auf dem Festtagstisch. © Sebastian Schultz
Nach sechs Stunden im Ofen ist der Räucherfisch fertig für den Verkauf.
Nach sechs Stunden im Ofen ist der Räucherfisch fertig für den Verkauf. © Sebastian Schultz

„Wir sind umgedrehte Bauern“, scherzt der Geschäftsführer der Forellenanlage Zeithain. Denn während den Kunden im Sommer kaum der Sinn nach Fisch steht, geht es für ihn, seinen Geschäftspartner Jens Hofmann und die vier Mitarbeiter zwischen September und April heiß her. „Es hält sich immer noch der alte Spruch, dass nur in den Monaten mit einem R Fisch gegessen wird. Das kriegt man einfach nicht aus den Köpfen.“

Der einst bedeutendste Fisch, der Karpfen, den die Zeithainer nicht nur aus dem Kiessee, sondern auch aus dem Gondelteich in Diesbar-Seußlitz ziehen, ist allerdings nur noch etwas für Liebhaber. Die Zubereitung gilt als kompliziert. Und dann noch die vielen Gräten. Da greifen die Kunden oft lieber zu einem Seefisch-Filet. „Aber der Karpfen hat auf jeden Fall noch seine Daseinsberechtigung“, erklärt Frank Jastram. Denn ohne die Fischzucht würden die Teiche in der Region immer mehr zuwachsen und irgendwann kippen.

Auch im Kiessee nahe der S 88 schwimmen genug Karpfen. Das Fischen sei hier aber gar nicht so einfach, sagt Frank Jastram. Bis zu 35 Meter tief ist es an manchen Stellen, und vor allem die Welse tauchen gern ab. Karpfen, Forellen, Hechte und Zander machen es ihm und seinen Kollegen da einfacher und tummeln sich gern an den seichten Rändern. Das klare Wasser macht später ihren Geschmack aus, erklärt Frank Jastram. Denn weil es hier kaum Algen gibt, fehlt auch der oft für Teichfische typische schlammige Geschmack, so der 59-Jährige.

Räucherware ist gefragt

Vom See kommen die Tiere aber zunächst einmal in abgesteckte Netze und werden dann je nach Bedarf herausgeholt – und getötet. Gemäß Tierschutzgesetz bedeutet das für die Forellen einen Elektroschock. Die Karpfen hingegen werden mit dem Strom lediglich betäubt, bei ihnen braucht es zudem noch einen kräftigen Schlag auf den Kopf und einen Stich ins Herz. Jeder Mitarbeiter hat dafür einen extra Lehrgang besucht. Die notwendigen Schritte werden über der Edelstahl-Spüle schnell und sauber ausgeführt, danach bluten die Fische aus, die Innereien werden entnommen, das Fleisch zerteilt und gewaschen. Manches geht vom weiß gekachelten Schlachtraum direkt in die Kühltheke zum Verkauf. Vieles aber wird zunächst gesalzen, aufgespießt und in den Räucherofen gehängt.

Die Nachfrage nach Räucherware ist enorm, sagt Frank Jastram. Heilbutt, Forelle, Makrele und Lachs – gerade im Winter läuft der Ofen rund um die Uhr. Bei mindestens 64 Grad Celsius hängt der Fisch etwa sechs Stunden lang im Ofen. Wird erst getrocknet, dann mit zertifizierten Buchenholzspänen geräuchert. Experimente mit verschiedenen Holzsorten und Gewürzen sind in Zeithain die Ausnahme. „Ich muss den Fisch für Tausende Menschen zubereiten, da muss man klassisch räuchern“, ist Frank Jastram überzeugt, „aber man braucht auch Fingerspitzengefühl.“ Wird der Fisch zum Beispiel zu trocken, ist er zu blass – und keiner kauft ihn. Die Makrelen etwa müssten golden glänzen, da seien die Kunden sehr penibel.

Direkt neben den Öfen wird der Räucherfisch in große weiße Stiegen verpackt, etikettiert und später zusammen mit dem frischen Fisch in den firmeneigenen Autos zu den Geschäften gebracht. Zum Marktkauf nach Oschatz oder zu den Edeka-Märkten in der Region. Bedienware nennt das Frank Jastram, weil der Fisch aus Zeithain frisch in den Kühltheken landet. Aber auch Gaststätten werden von der Forellenanlage beliefert, zudem sind die zwei eigene Verkaufswagen auf Wochenmärkten oder in Einkaufszentren unterwegs. Alles im Radius von etwa 25 Kilometern, sagt Frank Jastram, der auch selbst oft genug im Verkaufswagen steht. Die Vorlieben seiner Kunden kennt er deshalb ganz genau.

Neben dem geräucherten Heilbutt ist das zum Beispiel der einmarinierte Hering. „Da sind die Leute total scharf drauf“, sagt der Fischereiingenieur. Etwa 120 Liter stellt die Anlage jede Woche her. Ähnlich begehrt ist die Fischsuppe oder auch die geräucherten Forellen. Beim Stopp vor einem Rochlitzer Einkaufszentrum zum Beispiel gehen schon mal bis zu 500 Stück über den Tisch.

Fischverarbeitung ist Handarbeit

Mit der eigenen Ernte wären solche Mengen aber gar nicht stemmbar. Insgesamt verarbeitet die Forellenanlage jedes Jahr etwa 100 Tonnen Fisch. Viel davon wird zugekauft. Frische Karpfen zum Beispiel von den regionalen Teichwirten. Seefische wie Heilbutt, Hering oder Makrele dagegen kommen tiefgekühlt aus dem Nordostatlantik. Verarbeitet wird aber alles in Zeithain, betont Frank Jastram. „Händisch, Maschinen gibt es dafür kaum.“ Das ist auch über die Feiertage nicht anders.

Und weil die großen Supermärkte am 27. Dezember wieder frische Ware haben wollen, wird in dem Betrieb am Kiessee quasi durchgearbeitet. „Heiligabend werden wir hier aber mit einem Bier anstoßen“, sagt Frank Jastram. Danach gibt es bei ihm daheim zwar ganz klassisch Kartoffelsalat mit Würstchen, an den Feiertagen aber auf jeden Fall auch Fisch. Keinen Karpfen, „da bin ich kein Fan von.“ Aber vielleicht einen schönen Saibling oder eine Forelle.