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Hitlerbart, blaue Fahrräder und veganes Essen

Von geschmacklos bis kurios – was den Wählern in Radebeul und Umgebung derzeit noch angeboten wird.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul/Großenhain. Was soll das denn?, ist noch die harmloseste Äußerung auf das Plakat von Die Partei in der Radebeuler Bahnhofstraße. Darauf ist ein Mensch mit Hitlerbart zu sehen. Die Satirepartei wirbt damit um Wähler. Genau zwischen dem Plakat der Grünen und Thomas de Maizière (CDU) aufgehängt. Diese Platzierung sei nicht absichtlich, sagt Max Aschenbach, der Kreisvorsitzende für Dresden. Er habe das Plakat selbst in der Bahnhofstraße aufgehängt.

Die AfD bindet blau gestrichene Fahrräder mit Plakaten an, um so noch mehr Aufmerksamkeit zu erreichen.
Die AfD bindet blau gestrichene Fahrräder mit Plakaten an, um so noch mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. © Kristin Richter

Radebeul gehöre noch zum Einzugsgebiet der drastischen Satiriker. In Dresden haben sie mit ihrem Plakat von einem toten Flüchtlingsjungen am Strand liegend den Protest hervorgerufen. Zumal angedeutet wird, dass dies die CDU mit zu verantworten hätte. Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretzschmar sagt dazu (Mopo): „Dieses Plakat ist an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten.“

Aschenbach rechtfertigt sich auf SZ-Nachfrage: „Aufgrund der zugespitzten Situation in Deutschland und der Diskussion zu den Grundwerten wollen wir damit zum Diskurs aufrufen, auch in Radebeul.“ In Dresden und Umgebung habe „Die Partei“ derzeit etwa 150 Mitglieder, im Alter von 16 bis Mitte 40 vor allem, auch im Kreis Meißen.

Weniger drastisch, aber dafür frech, nutzen die AfDler in Großenhain offenbar Gesetzeslücken. Sie stellen Fahrräder mit Wahlwerbung ab, weil ihnen die Zahl von genehmigten Plakaten in der Stadt nicht ausreicht. Der AfD-Landtagsabgeordnete und -Kreisverbandchef Mario Beger hat die blauen Fahrräder in der Stadt verteilt. Meist an vielbefahrenen Straßen, damit sie auch von vielen gesehen werden.

Er selbst hat für die Idee drei eigene Fahrräder ausgemustert und in einer befreundeten Schlosserei, deren Besitzer selbst AfD-Anhänger ist, komplett blau anspritzen und mit je einem Parteilogo versehen lassen.

„Das ist doch mal was anderes und völlig legitim, solange die Fahrräder niemanden behindern“, sagt Karla Thiel, Sachgebietsleiterin im Großenhainer Ordnungsamt. Sie ist seit 20 Jahren die Wahlausschussleiterin in der Stadtverwaltung und gesteht: „Ich bin kein Fan von Wahlplakaten.“ Sie selbst hält Werbezettel in Briefkästen und persönliche Gespräche für viel effektiver. Trotzdem muss sie sich jedes Mal mit der Verteilung der Wahlplakate auseinandersetzen. Maximal 400 Stück sind für eine Stadt wie Großenhain zulässig. Der AfD stehen in diesem Angebot 35 Plakate zu. Fahrrad abstellen sei schließlich nicht verboten. Zu Nichtwahlzeiten nutzen diesen Trick mitunter auch Gewerbetreibende, indem sie ebenfalls Räder oder einen Autoanhänger mit Werbung sichtgünstig platzieren.

Eher unauffällig aber für offenbar Gesundes will eine ganz neue Partei werben. Auch in Radebeul. Martina Hanke, eine Leipziger Aktivistin, hat, nach ihren Aussagen auch mit hiesigen Mitstreitern, im vorigen Jahr die V-Partei gegründet. Hinter dem V steckt das Eintreten für veganes Essen. Einige wenige unserer Plakate sind in Radebeul Ost zu sehen“, schreibt Hanke an die SZ. 2 000 Unterstützungsunterschriften seien gesammelt worden, um auf die Bundeswahlliste zu gelangen, wo Hanke jetzt auf der wenig aussichtsreichen Liste 17 aufgeführt wird.

Immerhin, die Streiterin für gesunde Nahrung wolle sich in der zerstrittenen Gesellschaft in Deutschland für mehr Miteinander einsetzen. Veganismus sei die Lösung für sehr viele Probleme, unter denen die Erde, Natur, Mensch und Tier leiden.