Merken

Himmlisches Blech

Pfarrer Wolfram Albert aus Lauterbach bei Stolpen sammelt alte Autos. Angefangen hat alles mit Hilfstransporten nach Rumänien.

Teilen
Folgen
© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Stolpen. Geht der Lauterbacher Pfarrer Wolfram Albert einmal in den Ruhestand, hat er viel zu tun. Er will den ganzen Fuhrpark, der auf dem weitläufigen Areal und in der Scheune steht, restaurieren. Und da hat er sich viel vorgenommen. Denn er hat dort viele Autos stehen, vom Traktor über den Kübelwagen bis zur Feuerwehr. Angefangen hat alles mit der Rumänienhilfe kurz nach der Wende. Die Kirchgemeinde organisierte Hilfstransporte in das osteuropäische Land. „Wir hatten keine Fahrzeuge, und es war aussichtslos an welche heranzukommen. Also haben wir es über alte NVA-Bestände versucht“, erzählt er. Und so rollten die ersten Fahrzeuge vollgepackt mit Hilfsgütern nach Rumänien. Die meisten davon wurden dann gleich vor Ort gelassen. Und er weiß noch genau, dass es auch viele Havarien während der Reisen gegeben hat. Doch die Technik war robust, und repariert wurde gleich vor Ort. Mit den heutigen Fahrzeugen wäre das gar nicht möglich gewesen, ist sich Wolfram Albert sicher.

Dieser W 50 verfügt über eine Hubbühne. Das Fahrzeug wurde zu DDR-Zeiten von der Straßenmeisterei gefahren.
Dieser W 50 verfügt über eine Hubbühne. Das Fahrzeug wurde zu DDR-Zeiten von der Straßenmeisterei gefahren. © Dirk Zschiedrich
Dieser russische Lkw Ural gehörte einst zum Maschinenpark der NVA. Er wurde als Werkzeugwagen genutzt.
Dieser russische Lkw Ural gehörte einst zum Maschinenpark der NVA. Er wurde als Werkzeugwagen genutzt. © Dirk Zschiedrich
Mit solchen Allrad-W-50 war der Pfarrer mit der Rumänienhilfe unterwegs. Einige der Laster blieben gleich vor Ort.
Mit solchen Allrad-W-50 war der Pfarrer mit der Rumänienhilfe unterwegs. Einige der Laster blieben gleich vor Ort. © Dirk Zschiedrich

Neben den Hilfstransporten nutzt er einige der Fahrzeuge für die Bewirtschaftung der Waldflächen der Kirchgemeinde oder auch für Veranstaltungen. So ist zum Beispiel einer der alten Robur für den Holztransport und auch zur Vorbereitung des Waldgottesdienstes im Einsatz. Zuvor ist eben dieses Auto 28 Jahre lang nach Rumänien und wieder zurück gefahren. Und die Technik hält. „Es ist das Ursprüngliche, was mich an der alten Technik fasziniert. Ganz ohne Schnickschnack fahren die Autos“, sagt Pfarrer Albert. Er brauche keine automatisierten Fahrzeuge. Da könne er sich in ein Flugzeug setzen. Auch mit den Ersatzteilen sei es kein Problem. Die könne man im Internet bestellen.

Nach und nach kamen immer mehr Autos hinzu. Viele ehemalige NVA-Fahrzeuge sind darunter, doch es gibt noch mehr in seiner Sammlung. So kann Pfarrer Albert heute auf eine ganze VW-Bus-Sammlung verweisen vom T1 bis zum T5. Die allererste Ausgabe, einen T1 mit Baujahr 1964, vermietet er sogar. Das Auto stammt aus der Flower-Power-Ära, der Hippie-Bewegung. Das Besondere daran sei die noch getrennte Frontscheibe, erläutert der Pfarrer. Genutzt wird das Auto von Hochzeitsgesellschaften oder auch zu Geburtstagen. Natürlich müssen die Fahrer mit der einfachen Technik klar kommen. Viele junge Leute wüssten heute gar nicht mehr, wie diese bedient werde. Wolfram Albert beherrscht sie. Und so staunen manche Gemeindemitglieder nicht schlecht, wenn er nicht im VW-Bus, sondern mit seinem VW-Käfer zum Termin angerauscht kommt. „Ein richtig gutes Fahrgefühl ist das.“ Und für ihn ist es sicherlich auch so etwas wie Entspannung vom Alltag. Er sei kein Fan von hoch komplizierten Fahrzeugen. Ihn interessiere die einfache Technik.

Und zu jedem Fahrzeug kann er auch noch eine kleine Geschichte erzählen. Den VW-Käfer hat er zum Beispiel jemandem aus Bühlau abgekauft, der damit sogar bis Neuseeland gereist ist. Heute ist das Auto in den Kirchgemeinden Lauterbach, Oberottendorf und Bühlau immer noch unterwegs.

Bald ist der Ural dran

Viele andere Fahrzeuge warten noch darauf, restauriert zu werden. Damit sie bis dahin nicht ganz verrosten, hat Pfarrer Albert einige in die Halle auf dem Grundstück gefahren. Als er den Ural-Lkw aus russischer Produktion bewegte, sorgte das für ganz schöne Aufregung im Dorf, erinnert er sich. Nicht nur dass der Laster ziemlich laut war. Nein, es stieg auch ziemlich viel Rauch aus dem Auspuff nach oben. Doch schon beim zweiten Mal anlassen sei der Motor angesprungen. Und das, nachdem das Auto zwölf Jahre nicht bewegt wurde. Der Karosse ist das anzusehen, die hat inzwischen schon Moos angesetzt. Doch Wolfram Albert wird sich den Ural bald vornehmen. „Das ist echte russische Technik, die funktioniert ewig“, sagt er. Allerdings ist der Ural auch ein echtes Schluckwunder. Er benötigt im Durchschnitt einen Liter Sprit – pro Kilometer. Deshalb ist der russische Ural mehr Liebhaberstück denn echtes Fahr-Zeug. So wie viele andere Auto-Schätze, die Pfarrer Wolfram Albert hütet.