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Hightech aus der Weberei

Firmen aus der Region präsentierten sich in Frankfurt/Main – mit intelligenten Textilien und anderen Spitzenprodukten.

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© Wolfgang Schmidt

Von Reiner Hanke

Ohorn. Selbst in einer stockfinsteren Nacht ist es in Bereichen der Ohorner Bandweberei F. J. Rammer nicht völlig dunkel. Dafür sorgt Hightechgewebe, das die Mitarbeiter hier herstellen. Es sind selbstleuchtende Bänder. Mancher kennt den Effekt vielleicht von seiner Armbanduhr oder von den Schultaschen der Kinder. Die Ranzen werden mit leuchtfähigen Textilien ausgerüstet, damit die Kinder im Dunkeln gesehen werden und sicher zur Schule kommen. Warnwesten, Schutz- und Sportbekleidung sind weitere Einsatzgebiete. Die Ohorner Firma ist ein Spezialist in diesem Bereich und hat ihn perfektioniert.

Mit Etiketten ist die Firma Franz Schäfer aus Bretnig auf der Messe vertreten
Mit Etiketten ist die Firma Franz Schäfer aus Bretnig auf der Messe vertreten © Wolfgang Schmidt

Die für das Gewebe verwendeten phosphoreszierenden Garne nehmen natürliche oder künstliche Lichtenergie auf und geben diese bei Dunkelheit bis zu fünf Stunden in Form eines deutlich wahrnehmbaren Leuchtens wieder. Ein zusätzliches Speichermedium, wie ein Akku, wird dafür nicht gebraucht.

Das ist nur ein Hightechprodukt, das die Ohorner jetzt auf der Messe „Techtextil“ in Frankfurt (Main) zeigten. Es ist die Leitmesse der Branche und durchaus vergleichbar mit der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Wenn dort die neuste Elektronik präsentiert wird, schaut die Welt nach Deutschland. Was die Firmen aus dem Röder- und Pulsnitztal jetzt in Frankfurt zu bieten hatten, das ist ebenfalls Weltklasse. Auch, wenn die Branche nicht ganz so im Fokus steht. So war die Firma Rammer nicht das einzige Unternehmen aus der Region. Mit innovativen Produkten mischten sich die Pulsnitzer Firma Hauffe Bänder und Franz Schäfer Etiketten (FSE) unter die 1 477 Aussteller aus 55 Ländern.

Rammer präsentierte außerdem Smart Textiles – Textilien mit sensorischen Fähigkeiten. Geschäftsführerin Annekathrin Schwarze erklärt: „Dank der darin verarbeiteten leitfähigen Garne können wir mit diesen Bändern vergleichsweise kostengünstig Temperaturen auch auf größeren Flächen zuverlässig messen.“ Entwicklungspartner der Ohorner für diese Textilien war die Gesellschaft für „Intelligente textile Produkte“ in Chemnitz. Die Bänder eignen sich zum Beispiel auch zur Bestimmung des Feuchtegehalts in ihrer unmittelbaren Umgebung. Das sei insbesondere im Fahrzeug-, Flugzeug- und Schiffbau interessant. Ebenso für beheizbare Outdoor-Bekleidung oder für Medizin- und Gesundheitstextilien. Gerade bei solchen Spezialbändern sei der Bedarf steigend, sie werden gebraucht, schätzt Annekathrin Schwarze. Ein wichtiger Markt. Für den produziert die Weberei mit 55 Beschäftigten in Ohorn und Großröhrsdorf. Die Weberei sei durch ihre Bänder mit vielen anderen Branchen quasi verwoben, die mit ihren Produkten auf den Ohorner Bändern aufbauen oder sie integrieren. Im medizinischen Bereich zum Beispiel in der Patientenüberwachung. In Kraftfahrzeugen kann unerwünschte Feuchtigkeit festgestellt werden. Elektrisch leitfähige Garne werden für Textilien in der Steuerungstechnik verwendet.

Mit „klein aber oho“ lassen sich die Produkte von Franz Schäfer Etiketten aus Bretnig beschreiben. Die Firma war erstmals auf dem Branchentreffen. Das Unternehmen gehöre zu den größten deutschen Anbietern von gewebten und bedruckten Etiketten, Haftetiketten sowie Kartonanhängeetiketten und produziert mit 130 Beschäftigten. Geschäftsführer Dr. Thomas Born: „Die Anforderungen an das textile Einnähetikett haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die klassische Funktion der Etikettierung allein reicht nicht mehr aus.“ Und das Etikett darf natürlich auch nicht hinter den Eigenschaften des Hauptprodukts zurückstehen. Im Fokus stehe zunehmend die flammhemmende Ausrüstung. Es geht um Textilien, die schwer entzündbar sind bzw. selbst verlöschen. Die Gewebe sollen nicht brennen. Im speziellen Fall die Etiketten. Ein Nischenprodukt. Die Messe habe aber die wachsende Nachfrage bestätigt. Sie sei eine hervorragende Möglichkeit, festzustellen, wo der Bedarf bei den Kunden liegt. So produzieren die Bretniger für Luftfahrtunternehmen Etiketten mit dem Firmenlogo oder Etiketten für die Autobezüge. Polstermöbel seien ein wichtiger Bereich. Da könnten Etiketten dort wie ein Docht wirken und schlimme Brände auslösen. Das soll eben nicht passieren.

Seit vielen Jahren habe die Firma die Herstellungsverfahren weiterentwickelt und das Sortiment ausgebaut. Und sei weiter dabei. Die so entstandene „flammhemmende Kollektion“, wie es fachlich heißt, wurde jetzt auf der Messe präsentiert. Um noch höhere Anforderungen wie bei der Arbeitsschutz- und Berufsbekleidung zu erfüllen, wurde das Sortiment noch um jene Etiketten/Bänder erweitert, die selbst verlöschen. Zu den Kunden gehören unter anderem Unternehmen aus der Automobil- und der Bekleidungsindustrie und dem medizinischen Bereich, aber auch Hersteller von Sportartikeln oder Heimtextilien.

Für Rammer-Chefin Annekathrin Schwarze ist die Messe Beleg für die Leistungsfähigkeit von Firmen aus der Oberlausitz, die in der Lage seien, Hightech-Gewebe von Weltniveau zu entwickeln. Die Messe richte den Focus auf die Branche und sei eine Chance, zu zeigen, was hier geleistet wird und natürlich Kontakte zu knüpfen. (mit vti)