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Hightech aus dem Rödertal

Kohlenstoff ist das Metier von Produktionschef Manuel Schmitt. Er und seine Kollegen bei Skeleton haben ein besonderes Markenzeichen.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Schwarze Hände gehören bei den Mitarbeitern der Firma Skeleton Technologies in Großröhrsdorf mit dazu. Auch bei Produktionsmanager Manuel Schmidt. Denn hier dreht sich alles um einen Stoff, den Kohlenstoff. Nicht irgendwelchen, sondern „Graphen“ in einer speziellen Ausprägung, erklärt er. Das wird für Energiespeicher einer neuen Bauart gebraucht. Bausteine dafür kommen jetzt aus Großröhrsdorf von einem Standort mit wechselvoller Geschichte. Hier wollten einst Sunfilm und der Bielefelder Schücokonzern Solarmodule bauen. Das wurde zur Pleite. Im Frühjahr weihte die estnische Firma Skeleton ihre Anlage in einer der Hallen ein. Dazu kamen Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und die estnische Ministerin Urve Palo, um den Start zu begleiten.

So sehen die verkaufsfertigen Ultrakondensatoren der Firma aus.
So sehen die verkaufsfertigen Ultrakondensatoren der Firma aus. © Skeleton

Nun fällt das Baugeschehen an der Skeleton-Halle auf, direkt hinter dem Nettomarkt an der Pulsnitzer Straße. Zuerst wuchs ein helles Stahlgerüst empor. Das haben Monteure inzwischen verkleidet. Manuel Schmidt weiß natürlich als Produktionsmanager, was sich hinter der Verkleidung und jeder Menge Dämmwolle versteckt. Es ist eine Misch-Anlage. Die erstreckt sich über drei Ebenen. Oben wird Rohmaterial eingefüllt. Dann folgt der Mischprozess. Die fertige Masse landet dann unten in Transportbehältern. Vergleichbar mit der Konsistenz von Joghurt, aber eben pechrabenschwarz, sagt der Produktionsleiter und nicht genießbar.

Mitarbeiter der ersten Stunde

Manuel Schmidt ist auch Mitarbeiter der ersten Stunde. Im Oktober 2016 begann er mit zwei Leuten die Halle im Untergeschoss des Werksgebäudes auszuräumen und für Skeleton vorzubereiten und die Anlagen dann auch zu montieren. „Das ist ja eine riesige Infrastruktur hier, die brach liegt und schön, dass sie nach und nach wieder einen Nutzen findet, dass für die Region etwas entsteht.“ Außen sind zwar noch die Sunfilmfarben an der Fassade zu sehen, rot und orange.

Innen dominieren jetzt aber die Skeletonfarben blau und weiß in dem Bereich des Standorts. Der bietet jetzt auch dem staatlich geprüften Techniker Manuel Schmidt einen neuen Job. Der 32-Jährige war bisher eher im Maschinenbau und der Halbleiterfertigung tätig, oft weit entfernt von seiner Heimat. Für den neuen Job bei Skeleton ist er nun umgezogen, hat sich bei Königsbrück mit seiner Familie niedergelassen und ein Haus gekauft. Das will etwas heißen: Er habe großes Vertrauen in die Zukunft des Newcomers aus Estland: „Solche Energiespeicher sind ein Zukunftsmarkt. Da führt kein Weg vorbei, und wir sind in Europa die Einzigen mit der Technologie.

Konsistenz wie Jughurt

Ein spezieller Kohlenstoff mit einer skelettartigen Gitterstruktur ist das Geheimnis der Energiespeicher. Skeleton heißt deshalb auch die Firma. Sekundenschnell soll ein solcher Energiespeicher aufgeladen sein und das bis zu eine Million Mal vertragen. Anwendungsgebiete sind u. a. in der Auto- und Luftfahrtindustrie. Der Grundstoff wird nun in Großröhrsdorf hergestellt. Mit der neuen Anlage kann die doppelte Menge davon in einem Zug gemischt werden als bisher.

„Slurry“ nennen die Mitarbeiter diesen „Joghurt“, was so viel heißt wie Schlemme oder Stoffgemisch mit Kohlenstoff und Wasser. In diesem Fall noch etliche andere Zutaten. Details der Mischung sind geheim. Der dünne Brei kommt in eine Beschichtungsanlage. Auf dem Weg durch die Anlage wird der „Slurry“ dann das Wasser entzogen. Die erinnert ein bisschen an eine Backstraße. Ein Blick hinter die Kulissen ist erlaubt, aber der Rest gehört auch hier zu den Betriebsgeheimnissen der Hightech. Auf jeden Fall muss die Temperatur je nach der Stärke der Schicht genau abgestimmt sein, damit sich keine Risse oder Wellen bilden. Auch das erinnert ans Kuchenbacken.

Firma soll weiter wachsen

Weiterverarbeitet wird die Folie in Estland: geschnitten, gewickelt und in einer Hülse verschweißt. So entstehen die fertigen Energiespeicher, die sogenannten Ultrakondensatoren. Inzwischen arbeiten hier 26 Leute, derzeit noch im Einschichtbetrieb. Der soll aber in absehbarer Zeit auf zwei Schichten ausgedehnt werden. Auf 58 Beschäftigte soll der Betrieb in Großröhrsdorf bis Ende 2019 wachsen, kündigt Firmenchef Taavi Madiberk an. Gut sechs Millionen Euro investieren die Esten in Sachsen, so die Aussage zur Einweihung des Großröhrsdorfer Standortes, dem Hauptstandort der Firma in Deutschland, der weiter wachsen soll. In Berlin habe Skeleton jetzt seinen Verkauf aufgebaut.

Manuel Schmidt habe den Schritt zu Skeleton nicht bereut: Einem grünen und jungen Unternehmen, wie er sagt, erst vor acht Jahren gegründet. Und mit einem ebenso jungen Team in Großröhrsdorf: „Ich fühle mich wohl hier.“ Auf etwa 2 000 Quadratmetern Fläche läuft derzeit die Produktion. 500 Quadratmeter hat Skeleton noch in Reserve in diesem Bereich des Standortes. Platz ist aber allein in der früheren Fabrik  II noch genug – rund 17 000 Quadratmeter. Vielleicht auch Platz für die Entwicklung der Esten in Großröhrsdorf. Einem Unternehmen, in dem schwarze Hände zum Markenzeichen gehören.