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Hier gibt’s lebende Rasenmäher

Schäferei Drutschmann veranstaltet einen Lämmermarkt in Berreuth. Ehe es raus geht, müssen die Kleinen an Gras gewöhnt werden.

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© Egbert Kamprath

Von Anja Ehrhartsmann

Berreuth. Erwartungsvolles Blöken und dichtes Gedränge im Schafstall von Familie Drutschmann in Berreuth: „Die wissen, dass es raus geht“, sagt Bernhard Drutschmann und lacht. Der Schäfer öffnet eines der Holzgatter, und die Tiere stürmen hinaus auf die Wiese. Mit dabei sind auch die Lämmchen, die seit mehreren Wochen an das frische Grün gewöhnt werden. Auf dem Lämmermarkt der Schäferei und Spinnerei Drutschmann am kommenden Sonnabend gibt es die lebenden Rasenmäher dann zu kaufen.

Schneeweiß, mit braunem Kopf oder gesprenkelt – emsig knabbern die Lämmer an den Halmen. Das Gras ist sehr eiweißreich, weshalb sich ihr Magen erst daran gewöhnen muss, erklärt der Schäfer. „Die würden sonst Durchfall bekommen, wenn sie zu viel Gras fressen würden.“ Die Futterumstellung werde deshalb langsam vorgenommen, damit es für die Kleinen bekömmlich ist. „Am ersten Tag dürfen sie nur zehn Minuten raus. Das wird dann langsam gesteigert.“

Überhaupt müssen sie das Grasen erst einmal lernen, deshalb sind auch die Mutterschafe mit auf der Weide, die es den Kleinen vormachen. Doch während diese ohne Pause fressen, springen die Lämmer immer wieder übermütig auf der Wiese umher. „Die Kleinen toben sich erst einmal aus.“ Besonders ein kleiner Erdhügel hat es ihnen angetan, auf dem sie ausgelassen herumklettern und herunterspringen. „Sie sind wie Kinder“, sagt Bernhard Drutschmann. „Die Alten wissen schon ganz genau, bald geht’s wieder rein.“

Neben Merinolandschafen und Suffolks züchten die Drutschmanns auch Skudden, die kleinste deutsche Schafrasse. „Die Zuchtsaison beginnt im September, dann kommen die Böcke in die Herden“, erklärt Karin Drutschmann, die den Familienbetrieb leitet. Nach fünf Monaten Tragzeit werden die Lämmer schließlich geboren – in diesem Jahr sind es mehr als hundert. Anfangs werden sie gesäugt, anschließend bekommen sie spezielles Futter und zartes Heu, bis es über die Sommermonate auf die Weide geht. Der Zeitpunkt richtet sich nach der Vegetation, erklärt Drutschmann. Vermutlich Anfang Mai wird es dieses Jahr so weit sein. An den Berghängen des Müglitztals und in der Umgebung um Reichstädt weiden die Schafherden in der Regel bis Dezember, dann geht es wieder zurück in den Stall.

„Wir verkaufen einen Großteil der Lämmer als lebende Rasenmäher“, sagt die diplomierte Agraringenieurin. „Viele Leute haben hier noch große Wiesen.“ Die Tiere halten das Gras kurz.

Vliese aus der Wolle

Der Lämmerverkauf ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für den Familienbetrieb. Außerdem bietet die Familie die Wolle der Schafe an. Aus dieser werden unter anderem Vliese gemacht, die dann etwa als Innenleben von Steppdecken weiterverwendet werden. Und nicht nur das.

„Wir lassen fünf verschiedene Stärken an Strickwolle herstellen, die ich mit Naturfarbe einfärbe.“ Aus sogenannten Teppichschnüren werden außerdem Läufer oder Sitzkissen gewebt. Als Direktvermarkter verkaufen die Drutschmanns sämtliche in ihrer Schäferei erzeugten Produkte selbst, unter anderem im hauseigenen Hofladen.

Die Schäferei gibt es seit 1998. „Damals haben wir komplett neu angefangen“, erklärt Karin Drutschmann, die lange in der Umweltbildung tätig war. „Durch meine Arbeit in Schulen kamen die Schulklassen hierher.“ Das Bewusstsein für die Umwelt sei wieder stärker ausgeprägt, weshalb mittlerweile sogar Kindergärten aus Dresden nach Reichstädt kommen, um Wissenswertes rund um Schafe, Landschaftspflege und den Biobetrieb zu erfahren. In der Spinnstube entstand über die Jahre ein Kreativbereich mit eigenem Kursprogramm. „Ich habe Weben und Spinnen gelernt, das Filzen kam jetzt zum Schluss.“ Gemeinsam mit ihrer Tochter Manja, die als ausgebildete Schäferin und Technikerin für Landbau im Familienbetrieb mitarbeitet, und ihrem Mann Bernhard stemmt sie das Programm: Gefäße und Hüte filzen, Sitzkissen flechten oder mit dem Schäfer auf die Weide gehen – das Angebot ist vielseitig. In diesem Jahr seien besonders die Spinnkurse gefragt. Auch der Schäferplausch, der über das Jahr verteilt in regelmäßigen Abständen zu verschiedenen Themen stattfindet, werde gut angenommen.

Bernhard Drutschmann blickt derweil auf die bevorstehenden Monate auf der Sommerweide. Seine Schafe freuen sich ebenfalls schon darauf, draußen zu sein und natürlich auf das frische Gras. Bis dahin geht es für sie aber erst einmal zurück in den Stall. „Hopp hopp, geht rein“, ruft der erfahrene Schäfer, und mit einem lauten „Mäh“ laufen die Tiere zurück in ihr Gatter. Dann ist die nächste Gruppe an der Reihe.

Lämmermarkt, 29. April, 9-12 Uhr, Schafstall Berreuth; mehr Infos über die Schäferei und Spinnerei Drutschmann, anstehende Termine und das Kursprogramm gibt es im Internet.