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Herzschrittmacher für den Strom

Ein neuartiger Batteriespeicher in Dresden gleicht Energieschwankungen aus. Das bringt mehr Sicherheit für die Nutzer.

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© Sven Ellger

Von Bettina Klemm

Wenn sich am Freitagvormittag der Mond vor die Sonne schiebt, könnte das gravierende Auswirkungen auf die Arbeit von Solaranlagen und damit auf die Stromversorgung haben. In Dresden soll ein neuartiger Batteriespeicher in Reick Schwankungen verhindern.

Stadtwerke-Chef Reiner Zieschank hat ihn gestern gemeinsam mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Dresdens Erstem Bürgermeister Dirk Hilbert (FDP) in Betrieb genommen. Der Drewag-Chef ist nun gespannt, was die Sonnenfinsternis bewirkt.

Die Technik: 2,7 Millionen Euro kostet die neue Anlage.

Was so feierlich als erster großer Energiespeicher in Sachsen angekündigt wird, sieht unspektakulär aus. Die neue Technik befindet sich in zwei Hochseecontainern, jeweils rund 14 Meter lang und 2,50 Meter breit. Sie stehen auf einer Wiese im Kraftwerk Reick. Drewag-Abteilungsleiter Tilman Werner erklärt die Wirkungsweise: Eine stabile Stromversorgung setzt voraus, dass sich Erzeugung und Nachfrage die Waage halten. Das Netz arbeitet dann mit einer Frequenz von 50 Hertz. Kommt dieser Herzschlag jedoch ins Stottern, dann muss ähnlich wie in der Medizin schnell gehandelt werden, sagt Werner. So wirken die Lithium-Ionen-Zellen im Inneren wie ein Herzschrittmacher, der für gleichmäßigen Stromfluss sorgt. Der Speicher hat eine Leistung von zwei Megawatt und kann innerhalb von 30 Sekunden Stromschwankungen ausgleichen und eine Viertelstunde lang einen Netzausfall überbrücken.

Der Batteriespeicher hat 2,7 Millionen Euro gekostet. Mit 800 000 Euro hat der Freistaat aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung die Technik gefördert.

Die Aufgabe: Eine Brücke entsteht zwischen alter und neuer Energiewelt.

Die Drewag rüstet sich mit der Anlage für die Energiewende. Mit der wachsenden Bedeutung von Solar- und Windenergie wird es immer wichtiger, schnell reagieren zu können. „Wir nehmen die Herausforderung der Kombination von erneuerbarer mit konventioneller Energie an“, sagt Drewag-Chef Zieschank. So werde eine Brücke zwischen der starken Schwankungen unterliegenden erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne und der konventionellen Erzeugung geschlagen. „Der Batteriespeicher ist ein Baustein zum Gelingen der Energiewende“, sagt Zieschank.

Die Grundlage: Das Dresdner Energiekonzept wird umgesetzt.

Die Anlage arbeitet vollautomatisch. Sie ist zugleich ein gutes Beispiel für das Miteinander von Stadt und kommunalem Energieversorger. Grundlage bildet das Energiekonzept der Stadt. Die Energieversorgung in Dresden soll sicher und bezahlbar bleiben. Es gibt Zeiten, da wird beispielsweise sehr viel Windenergie produziert. „Diese ist dann zu sehr geringen Preisen erhältlich“, erklärt Umweltamtsleiter Christian Korndörfer. Um sie aber nutzen zu können, wenn sie benötigt wird, muss sie gespeichert werden, wie in der neuen Anlage.

„Der Dresdner merkt durch den Batteriespeicher nicht, wenn es kurzzeitige Ausfälle und Schwankungen gibt. So werden beispielsweise auch sehr teure elektronische Geräte vor Schäden geschützt“, sagt Korndörfer.

Die Forschung: Drewag setzt auf Innovationen im Kraftwerk

Reiner Zieschank spricht gern vom Innovationskraftwerk Reick. Die Drewag habe frühzeitig auf die ressourcen- und umweltschonende Kraft-Wärme-Kopplung bei der Erzeugung von Strom und Fernwärme gesetzt. Im vergangenen Jahr hat sie auf dem Kraftwerksgelände eine große Photovoltaikanlage geschaffen. „Diese ist nach Osten und Westen ausgerichtet, um möglichst gleichmäßig Solarstrom zu gewinnen“, sagt Zieschank. Daneben gibt es bereits große Wärmespeicher.

Die Zukunft: Weitere Unternehmen siedeln sich in der Umgebung an

Dresdens Osten soll zum wichtigen Industriestandort werden. „Wir wollen neue Unternehmen an dem Standort ansiedeln, vorwiegend aus der Energietechnologie“, kündigt Dresdens Erster Bürgermeister Dirk Hilbert an. An der Entwicklung des Batteriespeichers waren mehrere sächsische Unternehmen und die Technische Universität beteiligt. Ein 100 Hektar großes Gebiet an der Liebstädter Straße soll zum Wissenschaftsstandort entwickelt werden. 45 Hektar sind für Hightech-Unternehmen vorgesehen. Hilbert hofft in Kürze auf Zustimmung des Stadtrates. Ein Netzwerk Energy Saxony sei in Gründung. Die Drewag, so Zieschank, könnte auch Flächen um den Speicher anbieten.