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Helmut Poppes letzte Chance

Der Weißiger ist gegen die Umbenennung von Straßen. Der Gemeinderat fasste extra wegen ihm einen Beschluss.

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© Archivfoto/Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Lampertswalde. Die Gemeinderatsitzung im Gerätehaus in Weißig am Raschütz hätte so friedlich ablaufen können. Wenn nicht wieder Helmut Poppe in den Zuschauerreihen gesessen hätte. Der Rentner setzt sich vehement gegen die Umbenennung von doppelten Straßennamen im Lampertswalder Gemeindegebiet zur Wehr. Für ihn ist das ein bürokratischer Akt, der überflüssig ist und nur unnötig Kosten verschlingt – sowohl für die eh schon klamme Gemeindekasse als auch für die betroffenen Einwohner.

„Mir geht es nicht darum, für Unruhe zu sorgen. Aber das ist eine Entscheidung, die weit in die Zukunft reicht“, sagt Poppe. Wie schon in mehreren Sitzungen zuvor versuchte er den Gemeinderat auch diesmal mit vielen Argumenten, die er sich gleich auf mehreren Zetteln notiert hatte, davon zu überzeugen, dass die Umbenennungen ein Fehler sind.

Zabeltitz sei selbstständiges Dorf

Er argumentiert, dass Straßenname, Hausnummer, Postleitzahl und Ortsname doch eigentlich ausreichen, um eine Adresse zweifelsfrei zu beschreiben. Mehr brauche es nicht. Dass von Amtswegen jedes Mal erst Lampertswalde und dahinter der entsprechende Ortsteil geschrieben wird, sei grundverkehrt.

Den Ur-Weißiger stört vor allem der Begriff „Ortsteil“. Poppe argumentiert weiter: Wenn von Großraschütz oder Kleinraschütz als Großenhainer Ortsteile gesprochen wird, sei das korrekt. Denn beides sind tatsächlich Stadtteile Großenhains. Das eingemeindete Zabeltitz sei dagegen nach wie vor ein selbstständiges Dorf, auch wenn es nun verwaltungstechnisch zur ehemaligen Kreisstadt zählt. – Folglich sei Zabeltitz genauso wenig ein Großenhainer Ortsteil, wie Weißig am Raschütz kein Ortsteil von Lampertswalde sei. Der richtige Begriff müsse „Gemeindeteil“ heißen, so Poppe. Er pocht darauf – und damit steht er offensichtlich in Weißig nicht allein da – dass Sachsens Behörden die Dorfnamen akzeptieren, wie sie seit jeher heißen. Damit würden auch Verwechslungen bei den Straßennamen ausgeschlossen und deren Umbenennung überflüssig.

Das „Totschlagargument“

Die Gemeinderäte, die sich seit ungefähr einem Jahr damit beschäftigen, zeigten sich von Poppes erneutem Einwand spürbar genervt. So auch Landarzt Dierk Bade. „Sie haben ja recht, aber die Gesetze sind nun mal so“, versuchte es der Mediziner diplomatisch. Er ist für die Straßenumbenennung, damit es im Notfall für Rettungsdienste keine Verwechslungen gibt. Er hat selbst schlechte Erfahrungen gemacht. „Ich bin schon zweimal in meinem Dienst von der Leitstelle ins falsche Dorf geschickt worden“, erzählt er. Jedes Mal war ein Straßenname, der in mehreren Ortsteilen vorkommt, der Grund dafür. Bade: „Wir müssen jetzt handeln, bevor jemand zu Schaden kommt!“

„Das ist ein Totschlagargument“, kontert Poppe. Er werde alles daran setzen, dass dieser „Murks“ aufhört. Neben einer Petition, die allen Gemeinderäten vorliegt, habe er auch schon an das sächsische Innenministerium geschrieben, damit das Ortsteil-Chaos beendet wird.

Der Gemeinderat will späteren Beschwerden aus dem Wege gehen und hat am Dienstagabend beschlossen, die Liste der zu ändernden Straßennamen vom 30. September bis 30. Oktober in den Gemeindeteilen Adelsdorf, Blochwitz, Brößnitz, Lampertswalde, Mühlbach, Niegeroda, Oelsnitz und Weißig am Raschütz auszulegen. Die Einwohner sollen sich informieren können und gegebenenfalls einen Gegenvorschlag machen. Darüber will der Gemeinderat in seiner Novembersitzung endgültig beraten. Dass die Straßennamenänderungen kommen, daran gibt es aber keinen Zweifel.

Einigen Gemeinderäten dauert das Prozedere schon zu lange. Ein wütender Jürgen Kummer sagt es deutlich: „Wir sind ein demokratisch gewähltes Gremium und haben nicht den Hintern in der Hose, diese Namensänderung zu beschließen.“

„Dass wir die Liste der neuen Straßennamen noch einmal auslegen, machen wir eigentlich nur wegen Herrn Poppe“, gibt der Lampertswalde Bürgermeister Wolfgang Hoffmann zu. Nur zwölf Straßen im gesamten Gemeindegebiet kommen doppelt oder mehrfach vor. Am Häufigsten die „Dorfstraße“. Sie gibt es gleich in fünf Ortsteilen. Die Schönborner dürfen voraussichtlich ihre „Dorfstraße“ behalten, weil es dort die meisten Anwohner (149) gibt.