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Helferin für viele Lebenslagen

In Bischofswerda Süd geht ein neues Beratungszentrum an den Start – nicht nur für Leute aus dem Wohngebiet.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Eine Familie konnte jetzt schon den zweiten Monat hintereinander die Energierechnung nicht bezahlen. Ehe ihr der Versorger den Strom abschaltet, lohnt es sich, in einer neuen Beratungsstelle vorzusprechen. Dort hat Irina Regel garantiert einen Tipp, wo es in Bischofswerda Hilfe gibt. Die 40-Jährige kann zum Beispiel auch helfen, wenn jemand einen seitenlangen Antrag ausfüllen muss und damit nicht klar kommt. Auch wer neu in Bischofswerda ist und Kontakt zu einem Verein sucht, kann sich an sie wenden. Irina Regel hilft – und das kostenlos.

Die Bischofswerdaerin, die im Stadtteil Süd zu Hause ist, arbeitet im neuen Beratungs- und Begegnungszentrum, das die städtische Wohnungswirtschaft und Bau GmbH (WuB) in einem früheren Geschäft an der Ecke Putzkauer Straße/Thälmannstraße eingerichtet hat. Offizielle Eröffnung ist am kommenden Montag. An fünf Tagen in der Woche ist Irina Regel stundenweise für Leute da, die Unterstützung brauchen, nicht nur aus dem Wohngebiet.

Das neue Angebot, das zunächst auf zwei Jahre befristet ist, steht allen Bewohnern der Stadt offen, betont WuB-Geschäftsführer Andreas Wendler. Finanziert wird das Beratungszentrum zu 95 Prozent aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), Fünf Prozent trägt die WuB. Das sei es ihm wert, sagt Andreas Wendler. Auch, weil das kostenlose Beratungsangebot – natürlich nicht nur für Mieter des städtischen Unternehmens – Bischofswerda als Wohnstadt attraktiver macht und zur Zufriedenheit der Bewohner beitragen kann.

Von Kasachstan nach Bischofswerda

Irina Regel ist in den nächsten zwei Jahren für 20 Stunden in der Woche bei der WuB angestellt. Sie und Andreas Wendler kennen sich seit rund zehn Jahren. Damals arbeitete Irina Regel im Rahmen ihrer Ausbildung zur Informatikkauffrau bei Bischofswerdas größtem Vermieter. Und sie hinterließ Eindruck. „Sie ist offen, freundlich, geht auf Menschen zu“, sagt Andreas Wendler. „Und sie spricht zwei Sprachen, Deutsch und Russisch.“ Das soll vor allem bei Spätaussiedlern und in der Stadt lebenden Flüchtlingen die Barriere senken, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch dieser integrative Aspekt spielt eine Rolle bei dem neuen Angebot, das sich natürlich gleichermaßen auch an Ur-Schiebocker richtet.

Irina Regel freut sich auf ihre neue Aufgabe. Sie kam vor 20 Jahren von Kasachstan nach Bischofswerda. Zwei ihrer drei Kinder wurden in Bischofswerda geboren. Mittlerweile sind ihre beiden Jungen 21 und fünf Jahre alt, ihre Tochter 17 Jahre. An Bischofswerda schätzt sie, dass es eine ruhige Stadt ist. Sie wünscht sich allerdings mehr Arbeitsmöglichkeiten hier.

Großes inhaltliches Spektrum

Das inhaltliche Spektrum der Beratungsstelle ist groß. Es reicht von sozialrechtlichen Fragen bis zum Umgang mit Behörden und Institutionen, von der Hilfe bei familiären bis zu individuellen Problemen, von den Sorgen Alleinerziehender bis zur Vermittlung zu Fachberatungsstellen. Auf Wunsch begleitet Irina Regel auch Leute, die bei ihr vorsprechen, in eine Beratungsstelle. „In der Beratung soll es insbesondere um die Stärkung der Selbsthilfe und Mitverantwortung gehen“, sagt Andreas Wendler. Nachbarschaftliches Zusammenleben solle gefördert, freiwilliges Engagement Menschen aller Generationen nahegelegt werden. In der Zukunft soll es auch Informationsveranstaltungen geben, zum Beispiel zu Fragen wie dem Einbruchs- und Diebstahlsschutz oder zum Schutz vor Trickbetrügern.

Das neue Beratungs- und Begegnungszentrum ist eins von sechs Projekten, die im Rahmen des Programmes „Nachhaltige soziale Stadtentwicklung“ in Bischofswerdas Innenstadt und im Stadtteil Süd realisiert werden. Dass die WuB ihr Beratungszentrum in Bischofswerda Süd ansiedelt, ist dabei kein Zufall. Hier sind die meisten ihrer Mieter zu Hause. Fast 800 der insgesamt 1 400 WuB-Wohnungen befinden sich in diesem Teil der Stadt. Jeder zweite Bischofswerdaer lebt südlich der Bahnlinie.

Geöffnet ist das Beratungs- und Begegnungszentrum an der Ecke Putzkauer Straße/Thälmannstraße ab dem 16. April montags, mittwochs und freitags jeweils von 9 bis 12 Uhr und dienstags und donnerstags jeweils von 15 bis 18 Uhr.