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Helfen Rödertal-Pendler Dresdens Luft?

Um Grenzwerte einzuhalten, soll zum Beispiel der Nahverkehr gestärkt werden. Der Diesel-Skandal hat Auswirkungen.

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© Thorsten Eckert

Von Ralf Hübner und Jens Fritzsche

Radeberg. Mehr Rad fahren, zu Fuß gehen oder statt des Autos die Straßenbahn nehmen: Um die zulässigen Grenzwerte etwa beim schädlichen Stickstoffdioxid in der Stadt Dresden künftig einzuhalten und ein Diesel-Fahrverbot dennoch abzuwenden, will Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) vor allem den Autoverkehr weiter zurückdrängen: „Wir sind aus den roten Zahlen bei den Luftwerten noch nicht heraus.“ Im Herbst will Jähnigen einen neuen Luftreinhalteplan vorlegen. Die Klageandrohung der Deutschen Umwelthilfe nehme sie zwar ernst. Die Landesdirektion als Aufsichtsbehörde habe aber bestätigt, dass Dresden auf dem richtigen Weg sei und mit den beabsichtigten Maßnahmen Fahrverbote vermieden werden könnten. Spätestens bis 2020 solle es mit der Luft in Dresden spürbar besser sein.

Brennpunkte Blaues Wunder und Bautzner Straße

Der Verzicht auf Fahrverbote dürfte dabei auch die zahlreichen Berufspendler aus dem Rödertal aufatmen lassen, die allmorgendlich zur Arbeit nach Dresden fahren. Denn nicht jeder kann aufs Auto verzichten. Dennoch, nicht zuletzt auf den „Einflugschneisen“ der Rödertal-Pendler werden die Grenzwerte in Sachen Feinstaub nicht immer eingehalten. Bürgermeisterin Jähnigen zufolge trifft das neben dem Nürberger Ei im Westen der Stadt eben unter anderem auch auf die fürs Rödertal wichtigen Straßen rund ums Blaue Wunder und die Bautzner Straße zu. Da keine technischen Verbesserungen an den Autos zu erwarten seien, müssten dort künftig weniger Fahrzeuge fahren, so die Bürgermeisterin. Denkbar seien eine veränderte Verkehrsführung, Vorrang für Bus, Bahn und Rad, Parkgebühren und der Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel.

Der öffentliche Nahverkehr soll gestärkt, das Liniennetz ausgebaut werden. Vor allem bei der Straßenbahn seien noch Lücken zu schließen, sagte Jähnigen. Beispielsweise die Sanierung der Königsbrücker Straße mache die Straßenbahn attraktiver. Zudem sollten Parken und der Nahverkehr besser verknüpft und noch mehr Parkuhren aufgestellt werden.

Rödertal besser anschließen

Auch eine noch bessere Anbindung des Umlandes in Sachen Nahverkehr könnte dabei sicher eine Option sein, um die Belastungen des Berufsverkehrs durch die vielen Pendler einzudämmen. Wobei sich hier schon eine Menge getan hat, wie Christian Schlemper sagt, der Sprecher des Verkehrsverbunds Oberelbe (VVO). Dennoch sei Luft nach oben: „Wir sind zufrieden, aber wir geben uns nicht zufrieden“, macht er klar. So sei beispielsweise die Anbindung Arnsdorfs und Radebergs per Zug nahezu perfekt, findet er.

„Tagsüber gibt es hier einen wirklich dichten Takt, und auch bis spät abends fahren Züge.“ Am Tag rollen die Züge etwa alle Viertelstunden zwischen Dresden und Radeberg. Dennoch gebe es noch etliche Schrauben, an denen gedreht werden könne, so der VVO-Sprecher.

Das Thema Ausbau des Pendlerparkplatzes am Radeberger Bahnhof ist eine solche Schraube; die vorhandenen Stellplätze sind wochentags zu nahezu hundert Prozent ausgelastet. „Und wir sollten auch über Zukunftsmodelle für die Erschließung der Orte ringsum Radeberg nachdenken –  oder auch für diejenigen, die zwar in Radeberg, aber ein Stück entfernt vom Bahnhof wohnen“, sagt er. Und verweist auf den aktuellen Test des selbstfahrenden Busses, der derzeit auf dem Gelände des Straßenbahnhofs Trachenberge in Dresden läuft. „Das ist natürlich noch Zukunftsmusik, aber die Zukunft kommt ja oft schneller, als wir es ahnen“, ist Christian Schlemper überzeugt.

Mehr Züge nach Ottendorf-Okrilla?

Eine weitere VVO-Stellschraube könnte zudem in Ottendorf-Okrilla gedreht werden. Aktuell rollen hier die Züge im Stundentakt nach und von Dresden. „Die Zugstrecke könnte ausgebaut und letztlich der Takt auf eine halbe Stunde verkürzt werden“, nennt der VVO-Sprecher eine der in jüngster Zeit geprüften Optionen für die Zukunft der Anbindung von Ottendorf und letztlich auch Königsbrück an Dresden. Hier ist immer wieder auch von einer Straßenbahn die Rede. „Die Entscheidung liegt aktuell bei den Kommunen, die sich für eine Variante aussprechen müssen“, so Christian Schlemper.

Aber egal, wie die Entscheidung aussieht, eine bessere Anbindung des Raums Ottendorf wird das Ganze mit Sicherheit bringen. Es könnte sich also eine Menge tun für die Berufspendler. Und damit letztlich auch für die Straßen und vor allem die Anwohner in Dresden.

Vor allem an der Bergstraße in der Südvorstadt ist die Luft beispielsweise noch immer ziemlich dick, auch wenn das Umwelt-Landesamt in den vergangenen drei Jahren beim Stickstoffdioxid stetig bessere Werte gemessen hat. 2016 lag der Mittelwert bei 45 Mikrogramm je Kubikmeter, vier weniger als im Jahr zuvor, aber noch immer mehr als die zulässigen 40 Mikrogramm.

Der Schlesische Platz am Neustädter Bahnhof, ein weiterer stark befahrener Verkehrsknoten, ist mit rund 30 Mikrogramm im Jahresmittel unter dem Grenzwert geblieben. Bei Feinstaub blieb die Station an der Bergstraße mit einem Mittelwert von 24 Mikrogramm je Kubikmeter zwar deutlich unter dem zulässigen Grenzwert von 40 Mikrogramm, zusätzlich gilt jedoch: Die Marke von 50 Mikrogramm darf nicht öfter als 35-mal überschritten werden. Das war in diesem Jahr bisher an 18 Tagen der Fall. Im gesamten vergangenen Jahr passierte es nur an zehn und 2015 an 21 Tagen.

Pauschale Fahrverbote helfen nicht

Pauschale Fahrverbote könnten bei der Luftreinhaltung jedenfalls kaum eine Lösung sein, sagt Dresdens OB Dirk Hilbert (FDP), der Montag auch mit einem Elektroauto zum Dieseltreffen ins Bundeskanzleramt nach Berlin gefahren war. Diese träfen nicht unerheblich Handwerksbetriebe, die kaum Alternativen hätten. Auch Menschen mit kleinem und mittleren Einkommen, die nicht die neuesten Autos hätten, würden durch Fahrverbote benachteiligt.

Handwerkskammer-Präsident Jörg Dittrich bekräftigt dann auch die Forderung nach Klarheit beim Diesel. Das Handwerk erwartet ein für alle Mal Planungssicherheit, sagt er. Die Handwerksunternehmen seien vor allem mit Dieselfahrzeugen unterwegs. Diese Debatte treffe die Betriebe ins Mark. Der absehbare Wertverlust ihrer Wagen, drohende Fahrverbote und eventuelle Nachrüstungspflichten erschwerten die Arbeit der Handwerker ungemein.