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Heimweh nach Siebenbürgen

Neun Monate hat Kinga Szöcs aus Rumänien das Leben in Deutschland kennengelernt. Bald fährt sie zurück in die Heimat.

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Constanze Junghanß

Fast perfekt spricht Kinga Szöcs inzwischen Deutsch. Lediglich ein dreiviertel Jahr hat die Ungarin dafür benötigt. Die zierliche 20-Jährige aus Nagygalambfalva (Großtaubendorf) absolvierte in Deutschland ein Freiwilliges Europäisches Jahr (FEJ). Sie gehört zur ungarischen Minderheit in Rumänien. „Durch das Lernen der Sprache in verschiedenen Kursen und bei meiner Arbeit hier bin ich viel offener geworden“, freut sich Kinga Szöcs.

Sprache sei das Wichtigste in der Fremde, um Verständigung im Miteinander aufzubauen, sagt Szöcs.. Auch in ihrer Unterkunft in Kodersdorf, die sie mit einem Mädchen aus Frankreich teilte, war das wichtig. Beide übten gemeinsam fleißig die Sprache ihres Gastgeberlandes.

Hergeholt hat die junge Frau die evangelische Jugendscheune Melaune. Hier arbeitete die Christin vor allem mit Kindern in deren Freizeit. Kinga Szöcs möchte Lehrerin werden. In Rumänien wird das Pädagogik-Studium auch in ungarischer Sprache angeboten, erzählt sie. Denn bleiben möchte sie trotz der Gastfreundschaft nicht. Deutschland sei ein schönes Land. „Doch Heimat bleibt Heimat und ich habe Sehnsucht nach Freunden und Familie“, sagt sie. Um das Heimweh in Grenzen zu halten, hat sie das Internet genutzt. Per Skype, also mit Videoanrufen, bei denen sich die Gesprächspartner hören und sehen können, hielt sie die Kontakte täglich. Insbesondere zu den Freunden aus der reformierten ungarischen Gemeinde in Großtaubendorf.

Zu dieser hat die Jugendscheune Melaune seit einigen Jahren enge Kontakte und fährt zu Besuchen nach Rumänien. Während dieser Rüstzeiten stehen Besuche bei den „Zigeunerkindern“ auf dem Plan. In einer Woche des insgesamt 14-tägigen Aufenthalts in Siebenbürgen wird bei den Mädchen und Jungen die zur Tradition gewordene „Kinderwoche“ gestaltet. Auch in diesem Jahr führt die Fahrt wieder nach Rumänien. Am 1. August starten die Teilnehmer. Kinga Szöcs fährt mit ihnen nach Hause. Und sie nimmt jede Menge Erfahrungen mit. „Ich habe viele Dinge probieren dürfen, die ich noch nie im Leben gemacht habe“, sagt sie. Klettern und Skifahren gehören dazu, aber auch wie das Erlernen der Selbstständigkeit in einem ihr völlig fremdem Land. „Bei uns daheim leben sehr viele von ihrer kleinen Landwirtschaft“, erzählt sie. Dass Menschen ihren Lebensunterhalt im Büro verdienen, ist in ihrem Ort eher ungewöhnlich. Kinga schmunzelt: „Es gibt eben doch einige Unterschiede, die mir hier in Deutschland aber erst bewusst geworden sind.“

Die Gemeinsamkeiten allerdings überwiegen. Gerade die Arbeit mit den Kindern, mit denen sie spielte, bastelte und über das christliche Glaubensleben sprach, zeigt, dass es bei den Kindern und deren Interessen kaum Unterschiede gibt. Wie sehr die Ungarin den Kindern ans Herz gewachsen ist, ist auf der Abschiedsfeier in Melaune zu erleben: Beim Abschiedsfoto gibt es viele Umarmungen. Ob sie einmal besuchsweise wiederkommen wird? Das möchte Kinga Szöcs auf jeden Fall. Im September kommt erst einmal ihre Nachfolgerin. Den Platz für das kommende Freiwillige Europäische Jahr konnte die Jugendscheune wieder mit einer Angehörigen der ungarische Minderheit aus Rumänien besetzen.