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Heimlich das Konto abgeräumt

Um ihrem Mann eins auszuwischen, missbraucht eine Frau die Vorsorgevollmacht. Lässt sich das verhindern?

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© dpa

Von Anja Beutler

Oberlausitz. Wenn Manfred Kreisler das geahnt hätte – seine Unterschrift wäre nie unter der Vorsorgevollmacht getrocknet. Der Mann, der im südlichen Landkreis Görlitz lebt und in Wahrheit anders heißt, handelte vor drei Jahren freilich im guten Glauben. „Ich bin viel unterwegs, da kann einem ja mal was passieren“, erinnert er sich an seine Gedanken, als er 2012 mit seiner Ehefrau zum Notar gegangen ist. Seit vorigem Jahr ist das Paar, das über 30 Jahre verheiratet ist, heillos zerstritten. Wie ein Schlag traf es Kreisler, als er bemerkte, dass seine Frau seine Vorsorgevollmacht ausgenutzt hat: „Sie hat unter anderem ein Konto von mir einfach aufgelöst“, empört sich der beruflich Selbstständige. Geschehen sei das, nachdem sie ihn ausgesperrt habe, und er an die Vorsorgevollmacht im heimischen Safe nicht mehr herangekommen sei. „Ich habe gedacht, das geht nicht einfach so, da braucht man noch eine Bestätigung vom Arzt oder vom Gericht, dass der Vorsorgefall tatsächlich eingetreten ist.“

Bank reicht das vorgelegte Original

Das ist allerdings keineswegs so. In der Tat reicht es, das entsprechende Original der Vorsorgevollmacht mitzubringen. Die Volksbank Löbau-Zittau akzeptiert allerdings nur notariell beglaubigte Vorsorgevollmachten. Auch der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien ist es lieber, wenn ein Notar oder die Betreuungsbehörde beglaubigt, dass der Unterzeichner zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsfähig war. Und generell hat jede Vollmacht, die im Original vorliegt, laut Gesetz Geltung.“

Die Bankangestellten im Falle Kreisler haben demnach nichts falsch gemacht. Denn – so heißt es vonseiten der Geldinstitute – man könne ja nicht in jedem Fall einen Hausbesuch machen oder ein ärztliches Attest verlangen, wenn jemand beispielsweise für Mutter oder Ehepartner Bankgeschäfte mit einer Vorsorgevollmacht tätigen will. „Mit einer Vorsorgevollmacht begibt man sich voll in die Hand eines anderen, das ist so“, sagt Andrea Gasse mit Nachdruck. „Das sagen wir unseren Kunden auch immer.“ Bei anderen Ämtern in den Kommunen – wie Gewerbeämtern – wird das ebenso gehandhabt. Eine Vorsorgevollmacht sei bindend – dafür sei sie gemacht. Im Einzelfall, heißt es von der Stadt Zittau, versuche man sich zu vergewissern.

Dass eine Vorsorgevollmacht Risiken birgt – gerade, wenn das Vertrauen zerbricht – darauf weisen auch die hiesigen Notare hin. Und diese Gefahr besteht immer, egal auf welche Weise man eine Vorsorgevollmacht abgeschlossen hat. Neben einer selbst verfassten gibt es auch diverse Vordrucke, die man ausfüllen kann, ohne, dass eine amtliche Person dazu nötig ist. Notare bieten von ihnen erstellte Versionen an. Dabei bürgt der Notar sowohl für Inhalt als auch für die Korrektheit der Unterschrift. Was aber tun, wenn eine Vollmacht missbraucht wird? Sofort widerrufen, auch dann, wenn man nicht sofort an die Originalvollmacht herankommt, heißt es von Notarbüros rund um Zittau. Widerrufen werden muss man vor allem gegenüber der bisherigen Vertrauensperson und gegebenenfalls dem Notar. Die Rennerei, wenn schon ein Missbrauch passiert ist, nimmt einem aber freilich niemand ab.

Was tun ohne die Vollmacht?

Wie aber ohne Vollmacht im Ernstfall hantieren? Ein Zittauer Notarbüro sieht generell keinen Grund, Angst vor einer amtlichen Betreuung zu haben, die im Ernstfall angeordnet werden könnte. Per se sei das keine schlimme Sache, denn dann werde ausschließlich zugunsten des Betreuten entschieden – und das kontrollieren auch die Behörden. Allerdings haben gerichtlich bestellte Betreuer oft viel zu tun. Allein in der Löbauer Außenstelle des Amtsgerichtes Zittau werden pro Jahr rund 4 000 Betreuungsverfahren behandelt, wenngleich nicht alle in eine Betreuung münden. Gegen Manfred Kreisler war im Übrigen auch ein Betreuungsverfahren in Gang gesetzt worden. Vor Gericht sah man allerdings keinen Grund, an seiner Geschäftsfähigkeit zu zweifeln – zur großen Erleichterung des Oberlausitzers. Eines aber, ist ihm gänzlich gründlich abhandengekommen: das Vertrauen in eine Vorsorgevollmacht.

Infos zur Vorsorgevollmacht unter anderem bei der Unabhängigen Patientenberatung unter 0800 0117722