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Heimischer Spargel hat’s nicht leicht

Auf dem Spargelhof in Nauwalde ist Hochsaison. Die Qualität der Stangen ist gut. Doch nicht nur die Marktlage macht Sorgen.

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Von Eric Weser

Gröditz. Erntehelfer Jonel Cobzaru nimmt die Spargelspitze zwischen zwei Finger der linken Hand, setzt mit der rechten kurz den Spargelstecher an und stößt zielgerichtet zu. Zack, wieder eine gut 25 Zentimeter lange Stange geerntet. Ab damit in die Ablage an der Spargelspinne. So nennt sich die Maschine mit dem blauen Metallrahmen und den vier Rädern. Durch Anheben der Folie erleichtert sie den Leuten hier die Arbeit. Ein kurzes Antippen reicht und der surrende Elektromotor lässt das Gefährt ein Stück auf dem 500 Meter langen Feld rollen, wo die nächsten Stangen warten.

Die für den Pflanzenwuchs wichtige Temperatur im Spargeldamm wird per Handy überwacht.
Die für den Pflanzenwuchs wichtige Temperatur im Spargeldamm wird per Handy überwacht.
Betriebsleiter Julius von der Decken zeigt derweil die Wurzel, aus der die Spargelpflanze ihre Kraft holt.
Betriebsleiter Julius von der Decken zeigt derweil die Wurzel, aus der die Spargelpflanze ihre Kraft holt.

Die Ernte auf den Flächen des Nauwalder Spargelhofs ist dieser Tage in vollem Gange. 15 Helfer aus Rumänien holen hier das Edelgemüse aus dem Boden. Die Spargelqualität ist gut, sagt Betriebsleiter Julius von der Decken. Um das zu demonstrieren, greift er eine Stange heraus und beißt kräftig zu. „Knackig frisch.“ Dann schaut der 30-Jährige auf sein Smartphone. Aber nicht, um zu telefonieren. Eine Anwendung auf dem Gerät lässt den studierten Landwirt quasi ins Innere der Spargeldämme schauen: Zwei Thermometer funken von dort regelmäßig Messwerte. „Zwischen 16 und 20 Grad in 20 Zentimetern Tiefe sind ideal“, sagt von der Decken. Sei es kühler, wachse das Gemüse nicht. Ist es wärmer, könne der Spargel Blüten treiben.

Abnehmer mit hohen Ansprüchen

Das wiederum sehen die Abnehmer, zu denen zum Beispiel Restaurants der Gegend zählen, nicht gern. Schneeweiß, dick, gerade, ohne Blütenansatz – so wollen viele Kunden den Bleichspargel haben. Schon ein bisschen rötliche Farbe an der Spitze katapultiert das Stangengemüse aus der höchsten Handelsklasse. Auch deshalb muss täglich die Temperatur im Feld ständig überwacht und wenn nötig geregelt werden. Das passiert mit den schwarz-weißen Kunststofffolien. Gerade zeigt deren weiße Seite nach oben. Mit der schwarzen würde Wärme absorbiert und in den Damm geleitet. Das ist aber gerade nicht gewollt, sagt Julius von der Decken. Er deutet wieder auf sein Handy, auf dem er jetzt eine Wetterprognose für den nächsten Tag anzeigt: 14 Sonnenstunden und bis zu 24 Grad Lufttemperatur.

Nach knapp der Hälfte der Spargelsaison zieht Hof-Chef Dr. Hartwig Kübler eine gemischte Zwischenbilanz. Die Spargelqualität sei gut, sagt auch er. Was dem Landwirt Sorgen macht, sind die Preise. Der Markt sei überschwemmt. Was für die Verbraucher gut sei, ärgert die Produzenten. Discounter bieten das Edelgemüse für vier Euro das Kilo. Kostendeckend zu arbeiten, sei dieses Jahr nicht möglich, so Hartwig Kübler. Machen könne man gegen die Marktlage wenig. Ein Drittel der 15 Hektar Anbaufläche werde nicht mehr beerntet, so Kübler, um Menge aus dem Markt zu nehmen. Mit den Preisen runtergehen kann und will der Landwirt aus Raitzen bei Oschatz nicht. Er setzt auf die Stammkundschaft, die den Nauwalder Spargel schätzt und auch zu den Preisen von bis zu 8 Euro das Kilo zu kaufen bereit ist.

Allerdings haben es auch treue Käufer gerade schwer – zumindest, wenn sie direkt im Nauwalder Hofladen kaufen wollen. Wegen Bauarbeiten ist die Zufahrt nicht mit dem Auto passierbar. 50 Prozent Umsatzeinbußen verzeichne das Hofladen-Geschäft im Vergleich zu normalen Jahren. Hartwig Kübler hofft, dass die Kunden an den Verkaufsstellen in Riesa und Gröditz fündig werden – und dass sein Betrieb in Nauwalde bis zum traditionellen Hoffest kommende Woche wieder besser erreichbar sein wird.

Die Kraft kommt aus der Wurzel

Bei dem Fest werden die Besucher Spargelanbau aus der Nähe zu sehen bekommen. Betriebsleiter Julius von der Decken will den Gästen dann zeigen, was in und unter den Spargeldämmen los ist. „Da gibt es großes Interesse, aber auch viel Unwissen“, hat der aus Niedersachsen stammende Landwirt den Eindruck. Im Damm steckt die Knospe, aus der momentan die Stangen derzeit täglich bis zu fünf Zentimeter emporwachsen, erklärt Julius von der Decken. Sobald der Spargel aus dem Damm herauslugt, wird er von den Erntehelfern gestochen. Über die Saison treiben zig Stangen aus jeder Knospe. Die Kraft dafür holt der Spargel aus dem weit ins Erdreich greifende Wurzelwerk. – Damit auch nächstes Jahr die Erträge stimmen, wird auf den Feldern in Nauwalde bereits jetzt einiges getan. Eine Kultur hat zum Beispiel ihre Erträge für dieses Jahr schon abgeliefert. „Die gehen dann zurück, das merkt man“, sagt Julius von der Decken. Wenn dieser Zeitpunkt da sei, müsse man die Pflanzen in Ruhe lassen und ihnen Zeit zum Kraft tanken geben. Damit die Knospe in der nächsten Saison wieder ordentlich Spargelstangen treibt, muss die Folie runter, sodass die Pflanzen in die Höhe sprießen können. Der oberirdisch grünende Spargel bildet dann Baustoffe für das Wachstum und schickt sie dann in den Boden zur Wurzel. Ein knappes Jahrzehnt können die Pflanzen Erträge liefern.

Etwas fünf Wochen sind es noch bis zum Ende der Spargelsaison am 24. Juni, dem Johannistag. Der Höhepunkt der Saison sei jetzt, sagt Hartwig Kübler. Rund 4 000 Kilogramm Edelgemüse sollen allein jetzt Pfingstwochenende geerntet werden.

Das Hoffest auf dem Nauwalder Spargelhof findet am Sonntag, 27. Mai, ab 10 Uhr auf dem Betriebsgelände, am Mühlweg in Gröditz, OT Nauwalde, statt.